Polizeiruf 110 - Wölfe

Krimi | Deutschland 2016 | 89 Minuten

Regie: Christian Petzold

In der bayerischen Provinz wird eine Frauenleiche gefunden, die grausame Verstümmelungen von Tierbissen aufweist. Der Münchner Kommissar Hanns von Meuffels nimmt gemeinsam mit seiner alkoholabhängigen Kollegin die Ermittlungen auf und stößt auf einen Hundebesitzer, der Mitglied einer rechtsextremen türkischen Organisation war und zudem ein Verhältnis mit der Toten hatte. Damit ist er zusehends der Feindseligkeit der Dorfbewohner ausgesetzt. Herausragend inszenierter (Fernsehserien-)krimi, der subtile horrorartige Szenen einsetzt, um die Grausamkeit der Menschenwelt zu akzentuieren. Die Liebesgeschichte der beiden Ermittler bildet dazu mit außergewöhnlich zarten und innigen Wendungen einen außergewöhlichen Kontrapunkt. - Sehenswert ab 16.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Claussen+Putz Filmprod.
Regie
Christian Petzold
Buch
Christian Petzold
Kamera
Hans Fromm
Musik
Stefan Will
Schnitt
Bettina Böhler
Darsteller
Matthias Brandt (Hanns von Meuffels) · Barbara Auer (Constanze Herrmann) · Sebastian Hülk (Dr. Wiesinger) · Michael Witte (Einsatzleiter Schrader) · Anna Unterberger (Kristina)
Länge
89 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Krimi
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Diskussion
In einer vom Mond fahl beleuchteten Nacht am Waldesrand die Erscheinung einer Werwolf-Gestalt mit rotglühenden Augen. Dann eine Frauenleiche mit entsetzlichen, offenbar von Tierbissen herrührenden Verstümmelungen im Gesicht. Dass es in Christian Petzolds Filmen gespenstische und phantomhafte Momente geben kann, ist bekannt, aber solch expliziter Horror ist neu bei ihm und verleiht seinem nach „Kreise“ zweiten BR-Polizeiruf die besondere Aura: eine Atmosphäre der Unheimlichkeit, die scharf kontrastiert zur ländlich-oberbayrischen Idylle, in der sich das fatale Geschehen abspielt. Aus „Kreise“ wissen wir, dass Kommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) sich in seine Hamburger Kollegin Constanze Herrmann (Barbara Auer) verliebt hat, und dass Constanze schwer mit dem Dämon Alkohol ringt. Hier knüpft die „Wölfe“-Story an: Constanze will im Kurhotel am Rande eines bayrischen Dorfes etwas gegen ihre Sucht tun, wird aber rückfällig, kippt neun Gin-Tonics im Landgasthof, und als sie nachts betrunken heimwankt, erscheint ihr die Werwolf-Gestalt, die sie für ein Alkoholphantom hält. Am nächsten Morgen wird der verstümmelte Frauenleichnam gefunden, von Meuffels nimmt zusammen mit Constanze die Ermittlungen auf, und die erste Spur führt zu dem Türken Mehmet Özhan, der auf einem Einödhof Hunde züchtet und einst Mitglied der rechtsextremen türkischen Organisation „Graue Wölfe“ war. Er hatte auch ein Verhältnis mit der Ermordeten, und die Dorfbevölkerung begegnet ihm mit einer Feindseligkeit, die sich zu pogromhaften Stimmungen steigern kann. Einige der Krimi-Standards, die in „Kreise“ umgangen wurden, etwa Szenen in der Gerichtsmedizin, sind hier breit ausgemalt, akzentuieren Horror und Grausamkeit. Grausamkeit der Natur und der Menschwelt. In Szene gesetzt mit dem besonderen Petzold-Touch: klar komponierte Bilder, verhaltener Erzählrhythmus, Augenblicke atmosphärischen Zaubers, der Song aus der Musicbox, der die Leere einer Gaststube in sogartige Melancholie verwandelt. Petzold ist ein Meister darin, seine Motive, hier also vor allem das Wolfs-Thema, raffiniert durchzuspielen. Er lockt damit auf falsche Fährten und gelangt doch ins Herz der Geschichte, denn der Verdächtige ist ein sehr einsamer Wolf, eine besonders bizarre Ausgabe des für Petzold-Krimis typischen Außenseiters. Die Liebesgeschichte zwischen Constanze und von Meuffels darf sich als Kontrapunkt zu den Schockmomenten der Story in außergewöhnlich zarten und innigen Wendungen entfalten.
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