Dokumentarfilm | Deutschland/Argentinien 2015 | 81 Minuten

Regie: German Kral

Sie liebten sich, sich stritten sich, konnten sich gegenseitig nicht mehr ertragen und tanzten doch mehr als 50 Jahre lang gemeinsam: María Nieves (81) und Juan Carlos Copes (84) zählen zu den berühmtesten Tanzpaaren weltweit. Anhand ihrer Liebes- und Lebensgeschichte erzählt der Dokumentarfilm, wie der argentinische Tango den Weg auf die Weltbühne fand, wobei er weniger als gefühlvoller Tanz denn als getanztes Gefühl präsentiert wird. Junge Tänzer erarbeiten musicalartige Tango-Szenen zu Schlüsselmomenten aus Nieves’ und Copes’ Vergangenheit, die sich harmonisch-erhellend in das Porträt zweier einnehmender Persönlichkeiten einfügen. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
UN TANGO MÁS
Produktionsland
Deutschland/Argentinien
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Lailaps Pic./Horres Film & TV/German Kral Filmprod./Monogatari Films/Schubert Int./Mateína Prod./WDR
Regie
German Kral
Buch
German Kral
Kamera
Jo Heim · Félix Monti
Musik
Luis Borda · Sexteto Mayor · Gerd Baumann
Schnitt
Ulrike Tortora
Darsteller
Pablo Verón (Juan Carlos Copes) · Alejandra Gutty (Maria Nieves) · Ayelen Álvarez Miño (María Nieves als Jugendliche) · Juan Malizia (Juan Carlos Copes als Jugendlicher) · Pancho Martínez Pey (Turco José)
Länge
81 Minuten
Kinostart
07.04.2016
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Dokumentarfilm | Tanzfilm
Externe Links
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Animierender Dokumentarfilm über das argentinische Tango-Paar Maria Nieves und Juan Carlos Copes. Regie: German Kral.

Diskussion
Als sie ihn kennenlernte, tanzte er wie eine Schubkarre. Als er sie traf, hatte er seine Stradivari gefunden. Sie war 14 und er 17 Jahre alt, als sie sich ineinander verliebten. Nach dieser ersten Begegnung Ende der 1940er-Jahre in einem Tanzclub in Buenos Aires tanzten María Nieves und Juan Carlos Copes über 50 Jahre lang zusammen Tango. Sie tourten um die Welt, traten am Broadway, in Las Vegas, in Paris auf und wurden weltberühmt. Heute sind sie 81 und 84 Jahre alt und reden schon eine ganze Weile kein Wort mehr miteinander. German Kral, ein argentinischer Filmemacher, der an der Münchener Hochschule für Fernsehen und Film studierte und seither in Deutschland und Argentinien zuhause ist, widmet sich in seiner Dokumentation neuerlich einem der größten Exportschlager seiner Heimat: dem Tango. Schon mit „Der letzte Applaus“ (fd 39 299) drehte Kral eine Hommage an diesen Musikstil und begleitete eine Handvoll Tangosänger, die lange Jahre in einer der besten Tango-Bars von Buenos Aires auftraten, nach dem Tod des Besitzers aber in Vergessenheit gerieten. Auch in „Ein letzter Tango“ lässt er die Erinnerung an vergangene Zeiten hochleben und macht deutlich, dass Tango für die Protagonisten weitaus mehr als eine Ausdrucksform ist. Es ist ihr Schicksal. Obwohl die Liebesbeziehung von María Nieves und Juan Carlos Copes bald schwierig wurde und sie sich privat irgendwann nicht mehr ertragen konnten, blieben sie um der Kunst des Tangos willen als Tanzpartner unzertrennlich, selbst dann noch, als sich Copes in den 1970er-Jahren endgültig für eine andere Frau entschied. Bezeichnenderweise können die beiden auch im Film nur getrennt voneinander interviewt werden. Während María Nieves noch heute die widerstreitenden Gefühle ins Gesicht geschrieben stehen, die sie mit Copes verbindet, erinnert sich dieser mit sichtbar größerer Coolness an die gemeinsame Zeit. Drei Jahre lang besuchte Kral die beiden abwechselnd, sprach mit ihnen zu Hause, im Café, im Tanzsaal, an Orten des gemeinsamen Wirkens und ging Schritt für Schritt die einzelnen Etappen ihres Lebens durch. Mit Großaufnahmen rückt er so nah wie möglich an sie heran, wobei der redseligeren, emotionaleren Nieves mehr Platz eingeräumt wird. Mal zärtlich, mal wütend, mit Tränen in den Augen oder belustigt scheint sie die Vergangenheit noch einmal zu durchleben. Sie nimmt als tragische Heldin für sich ein, die, trotz einer Heidenangst, für den geliebten Mann waghalsige Tanzfiguren auf winzigen Tischen auszuführen bereit war (eine ihrer berühmtesten Figuren). Copes hingegen äußert sich distanzierter. Durch dieses Nebeneinander von divergierenden Erzählweisen sowie voneinander abweichenden Erzählinhalten wird nicht nur von der Vergangenheit berichtet, sondern außerdem deutlich, wie unterschiedlich Erlebtes verarbeitet und erinnert werden kann. Überhaupt erforscht „Ein letzter Tango“ mehr, was die beiden bewegt, als ihre Taten. Tango als getanztes Gefühl, nicht als gefühlvoller Tanz. Entsprechend diskutieren die jungen Tangotänzer, die für den Film Schlüsselmomente aus Nieves’ und Copes’ Leben nachstellen, deren Beziehung, nicht deren Technik. Quasi als ein Alter Ego des Filmemachers sieht man sie im Gespräch mit den Protagonisten oder im Gespräch untereinander auftreten. Freilich bekommt man auch das Ergebnis ihrer Anstrengungen zu sehen: Tanzszenen, beispielsweise von Nieves’ und Copes’ erster Begegnung oder später über die zerbrechende Beziehung, erweitern die dokumentarische Ebene. Der Glanz und die großen Gefühle vergangener Zeiten werden in Sepia-Farben und musicalartigen Dekors in Form eines Tangos ausgemalt. Auch die Kamera setzt sich im Verlauf des Films immer wieder in Bewegung und umkreist ihr Sujet, als ob sie sich den Tanzenden anschlösse. Als dann alles erzählt ist, treffen sich Nieves und Copes nach langer Überzeugungsarbeit auf der Bühne für einen letzten Tango. Der Film fügt ihrem Leben ein weiteres Kapitel hinzu. Über das Porträt zweier einnehmender Persönlichkeiten hinaus beglückt die Transparenz, mit der hier gezeigt wird, wie Geschichte und Gegenwart in einer kinoreifen Narration zusammenfinden.
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