Filmtitel haben mitunter die penetrante Eigenschaft, Inhalt und Philosophie in einem Satz zusammenzufügen, und so erschien den Verleihern „Truman“, der Originaltitel von „Freunde fürs Leben – Alles was zählt, ist jetzt“, vielleicht zu irreführend. Immerhin hieß der 33. Präsident der USA Harry S. Truman, und Truman Capote war ein amerikanischer Schriftsteller. Der Titelheld des neuesten Films des katalanischen Regisseurs Cesc Gay hat freilich weder mit dem einen noch mit dem anderen etwas zu tun: Truman ist ein großer schwerer Hund in Madrid, seit Jahren untrennbarer Begleiter des argentinischen Theaterschauspielers Julián (Ricardo Darín).
Der Hund sei der beste Freund des Menschen, sagt das Sprichwort, und tatsächlich sind Julián nur noch wenige andere Freunde geblieben: Seine Cousine Paula und Tomás (Javier Cámara), ein Freund aus Kindheitstagen, der mit seiner Frau und seinen Kindern im fernen Toronto lebt. Von seiner eigenen Frau ist Julián getrennt, mit seinem Sohn, der in Amsterdam studiert, hat er wenig Kontakt.
Tomás und Julián sind beide über 50, beste Freunde, aber grundverscheiden: Der Informatiker Tomás hat sein Leben bin in die letzten Winkel hinein perfekt durchorganisiert, bei Julián hingegen ist alles improvisiert und chaotisch. So kommt Tomás mit einem exakt limitierten Zeitplan nach Madrid, da Julián seine Hilfe braucht. Der Schauspieler hat Krebs im Endstadium und möchte mit Tomás’ Hilfe eine neue Bleibe für Truman finden, denn das Wohl des Hundes ist scheinbar das einzige, was den ebenso sarkastischen wie einsamen Argentinier noch interessiert.
Tomás begleitet Julián auf seinen letzten Besorgungen: zu seinem Hausarzt, dem er mitteilt, dass er keine weiteren Chemotherapien mehr wünscht, zum Tierarzt, bei dem sich Julián besorgt nach eventuellen psychischen Folgeschäden durch den Verlust des Herrchens erkundigt, und zu möglichen Pflegefamilien für das Tier. Und er erlebt Juliáns zornigem Kampf gegen die Heuchelei mit, denn Bekannte und alte Freunde meiden den Todkranken. Darauf fasst Tomás den Beschluss, Julían zu einer letzten Reise zu überreden, damit dieser die Funkstille mit seinem Sohn überwindet. Trotz aller Gegensätze verbringen die beiden intensive Tage, da sie um den baldigen Abschied wissen, der nicht alleine von Tomás’ rigorosem Zeitplan vorgegeben ist.
„Truman“ erzählt von Freundschaft und vom Tod, auch davon, wie jemand sich auch in seinen letzten Tagen treu bleiben kann. Das könnte eine ganz traurige, fast rührselige Geschichte sein, doch Regisseur Cesc Gay vollzieht mit seinen zwei wunderbaren Hauptdarstellern eine brillante Gratwanderung zwischen Lachen und Weinen, zwischen dem unabwendbaren Tod und einer nicht zu bremsenden Lebenslust, zwischen der Angst vor dem Sterben und trotzigem Galgenhumor. Wie schon in seinen früheren Filmen „En la Ciudad – In der Stadt“ (2003) oder „Ein Freitag in Barcelona“
(fd 41 788) erweist sich der Katalane einmal mehr als Meister der Alltagsgeschichten, der urbanen Neurosen und ihrer Verwicklungen. Der Argentinier Ricardo Darín und der Spanier Javier Cámara gehören zu den allerbesten Schauspielern des aktuellen spanischsprachigen Kinos. Gemeinsam entwickeln sie eine unglaubliche Dynamik, eine Situationskomik und existenzielle Tiefe, die verhindert, dass der Film in einfache Stereotypen und sentimentale Klischees fällt. „Truman“ bleibt bis zum Schluss mitreißend und unvorhersehbar.