Es klingt fast wie die etwas andere Casting-Show – Deutschland sucht den nächsten Super-Dirigenten! Doch alle zwei Jahre konkurrieren tatsächlich 24 junge, talentierte Dirigenten aus aller Welt in der Alten Oper in Frankfurt um den ebenso begehrten wie renommierten und mit 15000 Euro dotierten Georg-Solti-Preis. Von einer hochkarätig besetzten Jury aus mehreren hundert Bewerbern ausgewählt, müssen sich die Finalisten in der Arbeit mit einem Orchester bewähren.
Der Filmemacher Götz Schauder hat im November 2008 fünf sehr unterschiedliche Finalkandidaten mit der Kamera auf ihrem Weg begleitet. Von Sir Georg Solti stammt auch die Einschätzung, die sich in diesem Wettbewerb einmal mehr bewahrheiten wird: „Letztlich bleibt es ein Geheimnis, warum der eine dirigieren kann und der andere nicht.“ Wie sich zeigt, wird dieses Geheimnis allerdings von drei Seiten unterschiedlich eingeschätzt. Denn die Kandidaten müssen nicht nur vor der Jury und sich selbst bestehen, sondern auch vor dem Orchester. Einer der Protagonisten merkt einmal an, dass ein Orchester sich 30 Sekunden bis eine Minute Zeit nimmt, um zu entscheiden, ob der Kandidat für eine fruchtbare Zusammenarbeit taugt. Letztlich gehe es aber gar nicht um widerstreitende Egos, sondern eher darum, gemeinsam der Musik zu dienen.
Das allerdings kann durchaus nicht bei allen Kandidaten als ausgemacht gelten. Schauders Film sammelt Impressionen, belauscht die Jury, zeigt auch einmal ein Gespräch zwischen einem Kandidaten und einem Orchestermusiker, der offene Kritik an dessen kommunikativen Fähigkeiten im Umgang mit dem Orchester anmeldet. Insgesamt verzettelt sich der Film allerdings etwas, weil er eine Art Gesamtbild vermitteln will und darüber zu häufig oberflächlich und unkonzentriert wirkt.
Mit der Auswahl der Protagonisten hat Schauder zudem wenig Glück: Zwei Kandidaten, eine umtriebige, bereits etablierte Mexikanerin und ein freundlicher, in sich ruhender Brite scheitern bereits in der ersten Runde. Der deutsche Kandidat mit Heimvorteil neigt dazu, intellektuell über die Materie zu dozieren, was bei den Orchestermusikern, aber auch bei der Jury auf deutliche Reserven stößt. Der Japaner, der bereits über eine ausgeprägte eigene Handschrift verfügt, dirigiert ohne Taktstock, um die Musik besser formen zu können.
Im Zentrum aber steht fraglos der jüngste Kandidat: Aziz Shokhakimov aus Taschkent in Usbekistan. Ausgestattet mit sehr viel Talent und einem noch viel größeren Selbstbewusstsein wird Shokhakimov schließlich mit einem Sonderpreis vor dem Finale aus dem Wettbewerb genommen, um ihn vor dem vorschnellen Zugriff der Musikindustrie zu schützen. Dieser pädagogische Impuls ist dem jungen Mann nur sehr schwierig zu vermitteln, weshalb er vor laufender Kamera die Qualitäten der Mitbewerber in Frage zu stellen beginnt. Auch als ihm von einem Orchestermusiker der Kopf gewaschen wird, entpuppt sich der erklärte Fußballfan als ausgesprochen kritikresistent, was wiederum die Jury-Entscheidung ehrt.
Im Abspann erfährt man dann, dass alle Kandidaten mittlerweile ihren Weg gemacht haben. Mit Ausnahme von Shokhakimov, der sich als hochtalentierter Gastdirigent durchschlagen muss, bis sein Ego marktgängig zugerichtet ist.
Zu fragen wäre, warum sich der Film nicht auf weniger Protagonisten beschränkt hat und damit konzentrierter und pointierter ausgefallen wäre.