Ein erfolgreiches System ändert man nicht. Das gilt auch und ganz besonders für den Kinderfilm. Denn Wiedererkennungswert und Identifikationsmöglichkeiten geben dem Nachwuchs das Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Verlässlichkeit. Deshalb hat sich das Team um das animationserfahrene Regie-Duo Ute von Münchow-Pohl („Kleiner Dodo“) und Sandor Jesse („Der kleine König Macius“) nach drei Jahren erneut zusammengetan, um die Abenteuer des kleinen Raben Socke, die auf der enorm populären Buchreihe von Nele Moost und Annet Rudolph basieren, weiterzuspinnen.
Auch inhaltlich halten sich die Veränderungen in „Das große Rennen“ in Grenzen. Wieder haben sich im idyllischen Wäldchen die angestammten Bewohner um Mutter Dachs versammelt, darunter der freche, vorlaute und reichlich selbstbewusste Rabe mit dem unverkennbaren rot-weiß gestreiften Ringelsocken. Und auch dieses Mal bringt der schwarze Vogel mit der krächzenden Stimme – Jan Delay scheint seine Rolle als Synchronsprecher erneut regelrecht zu genießen – die Geschichte durch ein Malheur ins Laufen: Sockes Ungeschick sorgt dafür, dass die gesamten Wintervorräte, die die Waldtiere den Sommer über emsig zusammengesammelt haben, allesamt in den reißenden Bach plumpsen und auf Nimmerwiedersehen davon schwimmen.
In der Folge versucht der kleine gefiederte Protagonist, seinen Fehler wiedergutzumachen. Dabei nutzt er seine Begeisterung für schnelle Autos und nimmt an einem Rennen teil, mit dessen Siegprämie er die verloren gegangene Nahrung ersetzen will. Den Formel-1-Aspekt nutzen die Regisseure auf vielfältige Weise. So bringen sie zum einen ihre überbordende Fantasie bei der Konstruktion der diversen Seifenkisten-Boliden ein, ratternder Rasenmäher-Antrieb inklusive, zum anderen bieten sich durch die diversen Rennrunden wunderbare Möglichkeiten für Tempi-Wechsel.
Bei der Animation hätte man sich allerdings etwas mehr Sorgfalt gewünscht. So kommen die Hintergründe zumeist flach und eindimensional daher, während die Bilder bei der Zeitlupe des Zieleinlaufs doch sehr abgehackt wirken. Das aber sind Kleinigkeiten, die das Zielpublikum, Vorschulkinder und Erstklässler, wenig stören werden: Sie erfreuen sich an der Buntheit der Figuren (darunter Papageien aus Lateinamerika und ein witziger Maulwurf) und der Farbenpracht der Natur, haben Spaß an Tollpatschigkeiten und Wortverdrehern („Egolist“) und fiebern beim spannenden Rennverlauf im Stil des Klassikers „Ein toller Käfer“ mit. Und wenn Delay seinen Song „Ich bin wie ich bin, und das ist gut so“ krächzt, dann will man nicht nur mitgrooven, sondern bekommt auch gleich das Motto des Films mit auf den Weg, stimmt er doch ein Hohelied auf Individualität und Eigenständigkeit an, aber auch auf Gemeinschaftsgefühl und Zusammenhalt. Während Anna und Katharina Thalbach erneut Mutter und Tochter Dachs auf akustischer Ebene Konturen verleihen, gelingt dies einem Neuzugang im Rabenteam nur bedingt: Die Stimme von Sportmoderator Gerhard Delling als Rennleiter bleibt erstaunlich blass. Ganz im Gegensatz zum Schlusslied, wo noch einmal jedes Tier seinen eigenen Vers zum großen Freundschaftsfinale selbst singen darf.