Im Rückblick schwebte der Tod schon über ihnen, als Milo und Maggie Dean noch Kinder waren: Ein Skelett-Autoaufhänger ihres Vaters ist eine der letzten Erinnerungen an die Zeit, kurz bevor dieser sich von einer Brücke stürzte. Fast 30 Jahre später haben die Zwillinge den Kontakt zueinander verloren und sind auf ihre je eigene Weise todunglücklich. Milo ist als Autor wie auch als Schauspieler gescheitert; nachdem ihn auch noch sein Partner verlässt, will er sich das Leben nehmen – wobei er allerdings schon mit dem Abschiedsbrief Probleme hat und obendrein vorzeitig gefunden wird, weil er die Begleitmusik für seinen Tod viel zu laut aufgedreht hat. Maggie erhält die Nachricht vom Suizidversuch ihres Bruders, als sie gerade eine Überdosis Tabletten nehmen will; bei ihr rührt der Lebensüberdruss von den Ansprüchen ihres grenzenlos positiv gestimmten Mannes, vor denen sie sich fürchtet. Beim Wiedersehen sind die Geschwister erwartbar befangen, doch jene kleinen beruhigenden Merkmale der Vertrautheit, wie es sie nur unter engen Verwandten gibt, brechen sich trotz der langen Trennung wieder Bahn. So nimmt Maggie ihren Bruder bei sich auf – beiden ist klar, dass sie sich nur aus dem Sumpf der Depression befreien können, indem sie sich gegenseitig helfen.
Der Amerikaner Craig Johnson erzählt in seinem zweiten Spielfilm »The Skeleton Twins« eine Geschichte unter im Grunde zutiefst traurigen Vorzeichen. Melancholisch untermalen Geigen- und Glockenspielklänge den Weg zweier Menschen, die permanent vom Pech verfolgt scheinen: Milo sucht den Kontakt zu seiner ersten Liebe, seinem früheren High-School-Lehrer, der ihn jedoch als unangenehme Erinnerung an die Vergangenheit empfindet; Maggies Versuche, ihrem Mann zuliebe Sport- oder Kunstkurse zu besuchen, laufen regelmäßig auf unglückliche Affären hinaus. Johnson beschönigt das Unglück seiner Figuren nicht, doch sein Film versinkt zu keiner Zeit in Tristesse. Ganz im Gegenteil wird die Melancholie von einem meist leisen, mitunter auch mal derberen Humor unterwandert, was so geschickt miteinander verflochten ist, dass sich der Film trotz allem Ernst eindeutig als Komödie erweist: bittersüß gestimmt, aber immer wieder auch urkomisch.
Diese Gratwanderung gelingt Johnson durch sein außergewöhnlich sensibles Drehbuch, vor allem jedoch durch seine beiden Hauptdarsteller. Die Rollen der suizidalen Zwillinge mit zwei früheren »Saturday Night Live«-Komikern zu besetzen, erweist sich als unerwarteter Besetzungscoup. Kristen Wiig zeigt erstmals seit »Brautalarm« wieder Talent für einen Humor voller Zwischentöne, die Offenbarung des Films aber ist der im Kino bislang auf Nebenrollen wie den Freizeitpark-Manager in »Adventureland« oder Andy Warhol in »Men in Black 3« beschränkte Bill Hader. Meisterhaft glückt es ihm, seine Figur in Sekunden von schriller Exzentrik zu sarkastischem Weltschmerz zu anrührender Verletzlichkeit springen zu lassen – ohne dabei seine Qualitäten als Entertainer zu verbergen. Herausragende Momente der Komik hat der Film vor allem, wenn er sein Darsteller-Team von der Leine lässt: Das improvisierte Herumalbern der beiden fügt sich punktgenau in das komplexe Charakterbild ihrer Figuren ein, die sich dadurch eine Zuflucht vor den Zumutungen der Welt schaffen.