Drama | Kuba/Frankreich/Panama 2012 | 80 Minuten

Regie: Carlos Lechuga

In einem kubanischen Dorf steht das Leben still, seitdem die dort ansässige Zuckerfabrik ihre Arbeit eingestellt hat. Ein junges Ehepaar will sich damit nicht abfinden und motiviert sich und andere, die funktionslosen Anlagen und Bauwerke mit neuem Leben zu füllen. Ein mit melancholischem Sarkasmus erzähltes Drama über Stagnation und Perspektivlosigkeit, das mit viel Sinn für die Fotografie und feinem Gespür für Rhythmus zwischen revolutionärem Pathos und schlichter Mangelwirtschaft changiert. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
MELAZA
Produktionsland
Kuba/Frankreich/Panama
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Producciones de la 5ta Avenida/13 Prod./Jaguar Films/Promenade Films/arte France Cinéma
Regie
Carlos Lechuga
Buch
Carlos Lechuga
Kamera
Ernesto Calzado · Luis Franco Brantley
Musik
Jesús Cruz
Schnitt
Luis Ernesto Doñas
Darsteller
Yuliet Cruz (Mónica) · Armando Miguel Gómez (Aldo) · Luis Antonio Gotti (Márquez) · Ana Gloria Buduén (Großmutter) · Carolina Márquez (Tochter)
Länge
80 Minuten
Kinostart
04.12.2014
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Cine Global/Lighthouse & Cinespañol (16:9, 1.78:1, DD5.1 span.)
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Diskussion
Zucker war früher die Essenz des karibischen Sozialismus. Heute aber sind die meisten Zuckerfabriken stillgelegt. In Carlos Lechugas stillem Drama heißt das fiktive Dorf irgendwo in der kubanischen Provinz nach der braunen, zähflüssigen Zuckermasse: Melaza. Doch die Fabrikhallen sind leer und öde. Ein altes Metallbett quietscht zwischen den halboffenen Betonpfeilern der Halle. Ein junges Paar hat Sex miteinander. Aldo und Mónica haben keinen Platz zuhause, sie leben in sehr beengten Verhältnissen, mit seiner übergewichtigen Tochter und Mónicas querschnittsgelähmter Mutter in einer Wellblechhütte. Erschwert wird ihre prekäre Situation durch bürokratische Schikanen. Aldo ist Dorfschullehrer, dessen Lerninhalte längst obsolet geworden sind; Mónica arbeitet offiziell noch immer in der Zuckerfabrik, obwohl sie nichts mehr zu tun hat; für den spärlichen Lohn kann sie sich wenig kaufen. Die Nachbarn halten sich mit mehr oder minder legalen Nebentätigkeiten über Wasser. Auch die Ehepartner haben keine Perspektive außer dem täglichen Durchwursteln, sie sind gezwungen, alles zu riskieren, und gefährden dadurch sogar ihre Beziehung. Nur die Schulkinder singen noch brav, wenn auch etwas schief, die kubanische Nationalhymne. Mit melancholischem Sarkasmus erzählt Lechuga vom absurden Alltag im tropischen Sozialismus, zwischen revolutionärem Pathos und schlichter Mangelwirtschaft. Der Film ist eine Metapher auf die Trostlosigkeit der jungen Generation. Unabhängige Produzenten auf Kuba haben es schwer; doch angesichts der Stagnation der staatlichen Filmproduktion sind auch hier die Freiräume größer geworden. Allerdings wurde der kubanische Film immer weniger kontrolliert als Fernsehen und Radio. Den einzigen drastischen Zensurfall provozierte 1991 Regisseur Daniel Diaz Torres mit seinem Film „Alicia im Ort der Wunder“. Diese bittere Satire auf das Land spielte ebenfalls in einem fiktiven Provinzdorf und wurde bereits wenige Tage nach der Premiere verboten. Es gab aber immer wieder Komödien, die sich mit schwarzem Humor über Mangelwirtschaft und die alltäglichen Beschränkungen lustig machten, ohne dass die Zensoren daran Anstoß genommen hätten. Doch Lechuga sucht kein komplizenhaftes Lachen. Er erzählt seine Geschichte bewusst auf dem Land, wo die Revolution einst ihre eigentlichen Erfolge feierte und wo es heute gar nichts mehr gibt, nicht einmal mehr den Selfmade-Kapitalismus der touristischen Ballungsgebiete. Die Inszenierung vermeidet dabei sehr bewusst den lauten, volkstümlichen Humor, sondern zeichnet sich durch subtilen, trockenen Witz aus. Der Film wirkt auch durch seine brillante Kamera und die bleierne Atmosphäre so stark, mit einem dunklen, fast schwarzen Ton, der sich zur Stagnation und Perspektivlosigkeit verdichtet. Ob das die kubanische Zensur gar nicht stört? Wahrscheinlich gehen auch die Zensoren längst einträglichen Nebenbeschäftigungen nach.
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