Es liegt eine feine Ironie darin, dass ausgerechnet ein dänischer Regisseur mit europäischen Schauspielern in Südafrika einen Western dreht und sich dabei vor einem Italiener, nämlich Sergio Leone, verneigt. Das zeugt von ganz viel Chuzpe. Was Kristian Levring allerdings nicht hindert, hier die Versatzstücke des Genres, von der Bewegung nach Westen bis zum Rachemotiv, äußerst ernst zu nehmen und sie wie ein gelehriger Schüler genau zu befolgen.
„The Salvation“ erzählt die Geschichte des Dänen Jon, der in den 1870er-Jahren mit seinem Bruder nach Amerika auswandert, um ein neues Leben aufzubauen. Sieben Jahre später lässt er Frau und Kind nachkommen. Doch schon beim Wiedersehen platzt der amerikanische Traum wie eine Seifenblase. In der Kutsche, die sie vom Bahnhof zum neuen Heim bringen soll, sitzt auch ein aus dem Gefängnis entlassener Verbrecher, der es auf Jons Frau Marie abgesehen hat. Kurzerhand wirft er Jon aus der fahrenden Kutsche. Als der verzweifelte Familienvater sie später zu Fuß einholt, sind Ehefrau und Sohn tot. Jon macht kurzen Prozess mit den Mördern. Doch auch der tote Gangster hat einen Bruder, Delarue, der die ganze Stadt unter Druck setzt, um den Schuldigen auszumachen. Die Bewohner sind von Delarues kaltblütig zelebrierter Grausamkeit derart eingeschüchtert, dass sie Jon ohne viel Federlesen verraten. Doch der erhält unerwartet Hilfe von Princess, der schönen, allerdings stummen Geliebten des Toten, die keine Lust verspürt, sich Delarue und seiner ungebremsten Machtgier zu unterwerfen.
Bei der Wiederbelebung des Genres bedient sich Levring vor allem der Motive des Italo-Westerns, seiner Brutalität und Illusionslosigkeit sowie seines Zynismus, wobei der Regisseur die großen Vorbilder genau studiert hat. Maries Tod kommt, kaum hat der Film begonnen, ähnlich schockartig wie der Überfall auf eine friedliche Farm in „Spiel mir das Lied vom Tod“
(fd 16 296). Delarues Gnadenlosigkeit erinnert an Henry Fondas Revolverhelden, auch die Detailaufnahme von zusammengekniffenen Augen wird zitiert. Eva Green hingegen nimmt ihre Rolle aus „Sin City 2“
(fd 42 575) auf: schön, verführerisch und überlegen, vom Regisseur fast schon zur anbetungswürdigen Sirene überhöht, die die Männer mit ihrem stummen Lockruf ins Verderben treibt. Dass sie nicht sprechen kann, erinnert an „Leichen pflastern seinen Weg“
(fd 16 008).
Levring liebt diese Überzeichnungen, die Figuren tragen ihre Eigenschaften wie einen Bauchladen vor sich her, moralische Ambivalenz ist ihre Sache nicht. Auch die Passivität der Bürger, die lieber einen der ihren verraten, anstatt die Gewalt zu bekämpfen, dient als beispielhafte Parabel, die Fred Zinnemanns „Zwölf Uhr mittags“ (fd 2376) paraphrasiert.
Trotz aller Anspielungen und Querverstrebungen funktioniert „The Salvation“ als unterhaltsamer Western erstaunlich eigenständig. Das liegt auch am pointierten Stil: Die Nachtaufnahmen zu Beginn des Films sind in stahlblaue Dunkelheit getaucht, tagsüber flimmert die Sonne rotgelb. Mads Mikkelsen hingegen nimmt noch einmal seine Rolle aus „Michael Kohlhaas“
(fd 41 892) und „Die Jagd“
(fd 41 625) auf und kämpft stoisch, mit unbewegtem Gesicht, für sein Ziel der Rache. Die Erlösung, die der Filmtitel meint, erlangt er so allerdings nicht.