Das uniforme Gewand der Männer in der Volksrepublik Bubunne – im Film „Schleierei“ genannt – ist eine groteske Weiterspinnung des Tschadors. Die Kopfbedeckung umschließt das Haupt so eng wie eine Badekappe, das obligatorische Rot ist schreiend auffällig. Das bemerkenswerteste Detail aber befindet sich am Hals, in unvorteilhafter Nähe direkt unter dem Kinn: ein großer silberner Ring (bei den verheirateten Männern schließt sich dieser zum runden Emblem). Wenn die Männer um die Gunst einer Frau werben, findet sich an dem Ring eine Kette befestigt, die mit einer Schlaufe endet und einem Hundehalsband verblüffend ähnlich sieht. Das Balzritual sieht so aus, dass die Kette in rhythmisch-zitternden Bewegungen hin- und hergeschüttelt wird, während man sich der Auserwählten nähert. Eine gute Figur kann man dabei beim besten Willen nicht machen.
In Bubunne ist außerdem das Essen von Pflanzen verboten. Einziges – und staatlich reguliertes – Nahrungsmittel ist ein weißlicher Schleim, der direkt aus dem Wasserhahn kommt und vor dem Verzehr erst noch „geschlonzt“, d.h. verquirlt werden muss.
„Jacky im Königreich der Frauen“ ist auf seine Art ein geschlonzter Film: Sozialismus, islamischer Fundamentalismus, Militärdiktatur, aber auch Konzepte wie das Matriarchat werden zu einem fiktiven Militärstaat verarbeitet, in dem die Frauen an der Macht sind. Die absolut unmaskulinen, immer etwas aufgedreht kindisch auftretenden Männer besorgen dagegen den Haushalt und können sich trotz verhüllender Schleierei kaum den Nachstellungen des weiblichen Geschlechts erwehren. Pferde sind außerdem heilig und werden angebetet.
Der 20-jährige Jacky ist der liebenswerte Antiheld der Geschichte, durch einen tragischen Unfall seiner Mutter verwaist, von den gehässigen Cousins herumgeschubst und unsterblich in die Colonelle und zukünftige Diktatorin Bubunne XVII verliebt. Als sich alle Junggesellen des Landes bei einem großen Ball als Heiratskandidaten präsentieren, scheint er seinem Traum näher zu kommen, ihr „Dödel“ zu werden.
Der Filmemacher und Comiczeichner Riad Sattouf, ein Pariser mit syrischen Wurzeln, hat bis zum Oktober des letzten Jahres für die französische Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ gearbeitet – seine Serie „La vie secrete des jeunes“ erschien dort wöchentlich über einen Zeitraum von neun Jahren. Schon allein wegen der Nachbarschaft zu Hebdo fällt es schwer, Sattoufs Angriff auf Totalitarismus und Geschlechterungleichheit nach den Terroranschlägen in Paris noch ebenso „unschuldig“ komisch zu finden wie zuvor.
Der Film steht dem Geist der politischen Karikatur nah, allerdings verzichtet Sattouf auf konkrete realpolitische Anspielungen und beschreitet überdies nicht den kürzesten Weg der Satire, indem er die Machtordnung einfach nur auf den Kopf stellt und die naheliegenden Reflexe der Politischen Unkorrektheit mobilisiert.
Stattdessen werden die Verhältnisse ins Groteske, Alberne und Quatschige getrieben und mit der Fiktion Bubunne eine sehr einfache, aber um so effektivere originäre Ästhetik, Zeichen- und Sprachwelt kreiert. An zahlreiche Substantive wird einfach ein Suffix drangehängt – im französischen Original mag sich das mitunter sicherlich treffender und vor allem witziger anhören – , zudem ziehen sich Pferdchene-Metaphern, Pferdchene-Gebete und Pferdchene-Poesie durch den gesamten Film.
Toll ist neben Typographie und Grafikdesign auch die Mischung aus schrabbeliger sozialistischer Tristesse – schmucklose Trabantenstädte, eiserne Parteiveranstaltungen – , monothematischer Medienwelt und religiösem Absurdismus.
Leider wird aber gerade im zweiten Teil des Films auf jedem Witz bis zum Ermüden herumgeritten und auch wenn das Finale zu interessanten Geschlechterverwirrungen führt – wie sieht Crossdressing in einer Ordnung aus, die ihrerseits auf Crossdressing basiert? – geht das finale Statement für Homophilie dann doch auf Kosten der Frauen, die allesamt recht monströs sind.
Riad Sattoufs Fabulierungen und Surrealismen haben sicherlich ihren Reiz; sie errichten gleichzeitig aber einen realitätsbefreiten Raum, in dem sich ein deutliches politisches Statement nicht recht konturieren mag.