Es ist eine Ironie des Schicksals: Eine junge Frau bricht in den 1970er-Jahren zu einer Wanderung durch die australische Wüste auf, um alle menschliche Gesellschaft hinter sich zu lassen und mit sich, ihrem Hund, vier Kamelen und der kargen Landschaft allein zu sein. Doch ausgerechnet die Flucht vor der Zivilisation befördert die Protagonistin in den Fokus des öffentlichen Interesses. Denn um den einsamen, 2700 Kilometer weiten Fußweg von Alice Springs zum indischen Ozean finanzieren zu können, lässt sie sich auf einen Deal mit der Zeitschrift National Geographic ein. Das Magazin sponsert ihre Reise, wofür sie im Gegenzug die Besuche eines Fotografen akzeptieren muss, der ihre Reise dokumentiert. Das führt nicht nur dazu, dass der Wunsch nach Einsamkeit, der die Motivation des Mädchens ist, durch die Treffen mit einem jungen Mann mit Kamera gestört wird, sondern macht sie durch die Publikation der Bilder auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt. In der Folge sieht sich die Wüstendurchquererin zunehmend mit der Presse und anderen neugierigen Menschen konfrontiert, die die mittlerweile prominente Abenteurerin wie eine Sehenswürdigkeit behandeln. Der von John Curran inszenierte Film beruht auf der wahren Geschichte von Robyn Davidson, die im National Geographic zunächst einen Artikel über ihre Reiseerfahrungen veröffentlichte; später hielt sie diese dann in dem Buch „Tracks“ fest, das zum Bestseller avancierte und Davidson auf ihren Berufsweg als Autorin von Reiseberichten führte. Curran macht aus ihrer Geschichte einen Film, der etwas unentschieden zwischen konventioneller Abenteuergeschichte und dem Porträt einer höchst eigenwilligen Frau schwankt. Dramaturgisch bemüht sich „Spuren“ etwas zu forciert, die lange Reise durch die eintönige Wüstenlandschaft durch Suspense-Momente aufzupeppen. Diese dramatisieren zwar das Geschehen, wenn Robyn beispielsweise ihre Herde gegen wilde Kamelbullen verteidigen muss, ihren Kompass verliert oder das Leben ihres geliebten Hundes auf dem Spiel steht. Sie torpedieren aber auch die „innere Reise“ des Films, bei der es um Robyns diffuse Flucht- und Suchbewegung geht – um die Impulse also, die sie von den Menschen weg in die lebensfeindliche Landschaft treiben. Nichtsdestotrotz ist diese „innere“ Ebene des Films stark genug, um „Spuren“ interessant zu machen: Die von Mia Wasikowska als ebenso anziehend willensstark wie irritierend eigenbrötlerisch dargestellte Heldin ist eine so ungewöhnliche Frauenfigur, dass sie den Film mühelos trägt. Äußerlich bewundernswert geradlinig und zielstrebig, offenbaren sich in Wasikowskas zurückgenommenem Spiel immer mehr die inneren Brüche der Figur, bei der die Sehnsucht nach Einsamkeit und Ruhe mit dem bedrohlichen Zurückgeworfensein auf sich selbst wechselt und der auf verdrängtem Schmerz beruhende Ekel vor menschlicher Gesellschaft von positiven Erfahrungen zwischenmenschlicher Nähe und Unterstützung konterkariert wird. Wenn diese wunderbar ambivalente Figur sich in der zunehmend paradoxen Situation zwischen Natureinsamkeit und Medienöffentlichkeit wiederfindet, entstehen Spannungen, die ihre Reise auch jenseits der existenziellen Gefahrensituationen zum Abenteuer machen.