Der schönste Satz, zugleich die Essenz des Films, fällt in der zweiten Hälfte: „Wir tragen einfach alle dasselbe Trikot mit der 42, dann kann uns niemand auseinanderhalten“, sagt ein Mitspieler zu Jackie Robinson, dem ersten Schwarzen, der ab 1947 in der Major League Baseball spielte und die 42 auf dem Rücken trug. 1997 sperrte die Liga sogar die Nummer für sämtliche Teams – bis auf den 15. April (dem Datum, an dem Robinson sein erstes Spiel als Brooklyn Dodger absolvierte), an dem alle Spieler die 42 tragen. Alle sind gleich – das ist natürlich eine Utopie, auch heute noch angesichts der aktuellen Demonstrationen gegen Rassismus in den USA und dem nachdenklichen Hinweis Obamas, dass er als junger Mann jener unbewaffnete Schwarze hätte sein können, der kürzlich von einem Weißen erschossen wurde.
Wenn der Zuschauer Jackie Robinson kennenlernt, spielt er noch für die American Negro League bei den Kansas City Monarchs. Ein temperamentvoller, stolzer und wortgewandter Dickkopf, der sich nichts gefallen lässt. Gerade diese Charaktereigenschaft macht ihn für Branch Rickey, Manager der Brooklyn Dodgers, interessant. Sein Kalkül: Um die schwarze US-Bevölkerung für Baseball zu interessieren und so die Zuschauerzahlen zu erhöhen, braucht er schwarze Spieler. Jackie Robinson soll der erste sein, und er weiß, was für ein Wind dem jungen Mann entgegen wehen wird: Trainer und Spieler schneiden ihn, das Teamhotel ist ihm verwehrt, ein alter Redneck droht unverhohlen mit Gewalt. Doch Robinson darf sich nicht wehren – auf Bitten Rickeys: „Ich hoffe, Sie haben genug Mumm, nicht zurückzuschlagen“. Seine sportlichen Fähigkeiten sollen für sich sprechen. Kein einfaches Unterfangen, zumal Mitspieler eine Petition gegen Robinson unterschrieben haben.
Regisseur und Drehbuchautor Brian Helgeland macht sein Anliegen in diesen Szenen überdeutlich. Ihm geht es vor allem darum zu zeigen, wie ein Mann trotz Rassismus seine Würde zu bewahren versucht. Höhepunkt ist sicherlich die mehrminütige Schimpfkanonade, mit der Ben Chapman, Manager der Philadelphia Phillies, Robinson vom Spielfeldrand traktiert. Traumata, die Helgeland immer wieder auffängt, sei es durch sportliche Erfolge, sei es durch zunehmende Unterstützung durch die Kollegen. Der Film ist immer auch vom amerikanischen Geist getragen, dass man es trotz aller Widerstände schaffen kann. Dabei kommt es durchaus zu komischen Szenen, etwa wenn ein Pitcher den scheuen schwarzen Freund bittet, doch gemeinsam mit ihm und den anderen zu duschen. Höhepunkt von „42“ ist jener 15. April 1947 auf dem Ebbets Field in Brooklyn. Gezwungen, auf einer ungewohnten Position zu spielen, löst Robinson eine ganze Spannbreite von Reaktionen aus: Begeisterung bei den schwarzen Fans, Skepsis bei den Reportern, Solidarität bei den Mitspielern und Gemeinheit bei den Gegnern, die mit Bällen absichtlich auf seinen Kopf zielen oder ihn an der Base mit Blutgrätschen traktieren.
„42“ ist in diesen Szenen, vor allem für Baseball-Kenner, am aufregendsten, weil Robinson äußerst aufmerksam, geschickt und schnell die Bases anläuft und kraftvolle Homeruns schlägt. Hauptdarsteller Chadwick Boseman überzeugt dabei sowohl als Athlet als auch als Mann, der seine Wut stets unterdrücken muss. Ihm steht mit Harrison Ford als Branch Rickey eine selbstironische, soignierte Mischung aus Vaterfigur und Ratgeber zur Seite, der sich der Bedeutung seines Tuns bewusst ist. Ausstattung und computergenerierte Bilder – einige der Stadien existieren schon lange nicht mehr – kreieren die 1940er-Jahre mit perfektem Look, der Score von Mark Isham ist ein wenig zu gefällig. Trotzdem: ein unterhaltsam-anspruchsvolles Filmdenkmal für eine in den USA noch immer verehrte Sportlegende.