Zwei ungleiche Männer verbringen Ende der 1980er-Jahre als Straßenarbeiter den Sommer in einem von schweren Bränden gezeichneten texanischen Waldgebiet, um die Farbmarkierungen der Landstraße zu erneuern und Reflektorenpfosten aufzustellen. Die Tätigkeit ist monoton und die Straße lang; ihr einziger Kontakt sind ein trinkfreudiger Lastwagenfahrer und eine Frau, die möglicherweise gar nicht existiert. Die unterschiedlichen Vorlieben der beiden Männer, ihre Empfindlichkeiten und Lebenskonzepte lassen das Zusammenleben zum Gegenstand ständiger Verhandlungen werden. In lakonischem Tonfall und abseits dramaturgisch ausgetretener Pfade erzählt der Film von Männer- und Naturbeziehungen und den Schwierigkeiten des Zusammenlebens an sich.
- Ab 16.
Prince Avalanche
- | USA 2013 | 94 (24 B./sec.)/90 (25 B./sec.) Minuten
Regie: David Gordon Green
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Filmdaten
- Originaltitel
- PRINCE AVALANCHE
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2013
- Produktionsfirma
- To Get To The Other Side/Rough House Pic./Dogfish Pic./Muskat Filmed Properties
- Regie
- David Gordon Green
- Buch
- David Gordon Green
- Kamera
- Tim Orr
- Musik
- Explosions in the Sky · David Wingo
- Schnitt
- Colin Patton
- Darsteller
- Paul Rudd (Alvin) · Emile Hirsch (Lance) · Lance LeGault (LKW-Fahrer) · Joyce Payne (Lady) · Gina Grande (Madison)
- Länge
- 94 (24 B.
sec.)
90 (25 B.
sec.) Minuten - Kinostart
- 26.09.2013
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Asphalt, gelbe Farbe und zwei antagonistische Typen in einem menschenleeren Wald. Das ist im Wesentlichen auch schon der Stoff, aus dem „Prince Avalanche" gemacht ist. Der amerikanische Filmemacher David Gordon Green, der mit diesem lakonischen Film zu den eher kleinformatigen Arbeiten seiner Anfangszeit zurückkehrt (etwa „Georg Washington“, 2000), hat glücklicherweise genug Vertrauen in die Tragfähigkeit dieser Ausgangssituation, um auf große Welterklärungsgesten zu verzichten. Seine Philosophie ist entspannt. Ohne Druck und Eile mäandert sein Film vor sich hin, erzählt weniger nach vorne, als sich horizontal auszubreiten, gleichsam im Rhythmus der Landschaft.
„Prince Avalanche“, ein loses Remake des isländischen Films „Either Way“ (2011) von Hafsteinn Gunnar Sigurðsson, spielt Ende der 1980er-Jahre im Sommer in einem von schweren Bränden gezeichneten texanischen Waldgebiet. Verkohltes und Verkokeltes, dazwischen Restidyllen (Greens Natur- und Tierbeobachtungen sind anscheinend kleine Hommagen an Terrence Malick). Alvin und Lance haben als Straßenarbeiter den Auftrag, die Farbmarkierungen der Landstraße zu erneuern und Reflektorenpfosten aufzustellen. Die Tätigkeit ist monoton und die Straße lang; ihr einziger Kontakt sind ein trinkfreudiger Lastwagenfahrer und eine Frau, die möglicherweise gar nicht existiert. Geradezu bodenständig nimmt Green die Arbeit der beiden in den Blick, zeigt ausführlich Werkzeuge, Materialien und das etwas wundersame Bauarbeitergefährt in Aktion – sowie die Textur der leicht dickflüssigen gelben Farbe auf dem Asphalt, die sich, je mehr die beiden Männer ihre Fassung verlieren, allmählich andere Auftragetechniken, Formen und Maluntergründe sucht, wie etwa Lances’ Schuhe.
Während der ältere, schnauzbärtige Alvin womöglich zu schnell erwachsen geworden ist – sein Habitus hat etwas zugeknöpft Altherrenmäßiges – wirkt der knubbelige Lance, der gerne „Cave Girl“-Comics liest, wie ein zu groß geratenes Kind (Emile Hirsch in mit Palmen, Blümchen und Sonnenuntergängen verzierten Hemden und Shorts). Alvin, der mit Lances Schwester liiert ist und ihr romantische Briefe schreibt, übernimmt die Rolle des älteren Bruders, patronisiert, wo er kann, hält Vorträge über die Schönheit der Natur und den Wert des Alleinseins. Lance aber leidet unter der Einsamkeit und den langen Abenden; er sehnt sich nach dem nächsten Stadtbesuch, nach Partys, Mädchen und Sex. Mit diesen unterschiedlichen Vorlieben, Empfindlichkeiten und Liebeskonzepten im Gepäck wird das Zusammensein zum Gegenstand ständiger, mitunter erbitterter Verhandlungen: Hört man beim Arbeiten Musik oder deutsche Sprachkassetten? Redet man oder „lauscht man der Stille“, wie es Alvin bedeutungsvoll nennt? Natürlich kommt es zu Spannungen und Streit – bis hin zu Handgreiflichkeiten in Kriegsbemalung – und natürlich ist am Ende jeder von beiden in seinem Selbstbild verunsichert, nimmt etwas vom anderen an. Aber nie ist die Inszenierung versucht, Alvin und Lance zu erziehen – ebenso wenig wie sie sie in ein dramaturgisches oder generisches Korsett, etwa des Buddy- oder Road Movies, hineinzwingt. David Gordon Green lässt sie einfach reden, umherstreifen, streiten, schmollen und toben. Ein großzügiger Film.
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