Familienfilm | Niederlande 2010 | 85 Minuten

Regie: Arne Toonen

Ein dicker Junge, der in einer Stadt voller dicker Menschen lebt, zieht mit seinen Eltern in eine Gegend, wo alle pausenlos Sport treiben und auf ihre Linie achten. Was Folgen hat, denn fortan ist die Leibesfülle nur noch Anlass für Spott und Gemeinheiten. Ein ausgelassener Kinderfilm in Gestalt einer bunt-fröhlichen Komödie voller Slapstick, die als süffige Satire den Fitness- und Schönheitswahn karikiert und in seiner aufmüpfigen, lustbetonten und sorglos-frechen Fabulierfreude durchaus mehrschichtig unterhält. - Ab 10.
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Filmdaten

Originaltitel
DIK TROM
Produktionsland
Niederlande
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Eyeworks Film & TV Drama
Regie
Arne Toonen
Buch
Mischa Alexander · Wijo Koek · Luuk van Bemmelen
Kamera
Jeroen de Bruin
Musik
Erik Jan Grob
Schnitt
Marc Bechtold · Brian Ent
Darsteller
Michael Nierse (Dik Trom) · Eva van der Gucht (Mutter) · Marcel Musters (Vater) · Fiona Livingston (Lieve) · Nils Verkooijen (Viktor)
Länge
85 Minuten
Kinostart
11.04.2013
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 10.
Genre
Familienfilm | Kinderfilm | Komödie
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Diskussion

Klar: Der fröhliche, stets gut aufgelegte Dik Trom aus dem schönen Pummelstadt, wo alle Menschen glücklich und zufrieden sind, gerne lachen und viel essen, ist tatsächlich recht pummelig. Und auf dem wohlgenährten Bauch des Zehnjährigen könnte man womöglich sogar trommeln. Gleichwohl ist der deutsche Filmtitel gänzlich unsinnig, weil die prosaische Übersetzung eines niederländischen Eigennamens ins Deutsche nun wirklich noch nichts aussagt. In seiner Heimat ist der Name Dik Trom (nahezu) jedermann bekannt, gehört er doch zum Kanon der höchst beliebten einheimischen Kinderliteratur: Cornelis Johannes Kieviet (1858-1931) erfand den dicken Jungen im Jahr 1891 und lotste ihn durch sechs Romane, die mehrfach verfilmt wurden; inzwischen gibt es sogar ein populäres “Dik Trom”-Musical. Arne Toonens kunterbunte Geschichte hat sich freilich nur Diks Namen sowie einige seiner grundlegenden Wesenszüge ausgeliehen, um eine gänzlich eigene, von der Buchvorlage unabhängige Fantasie auszuspinnen. Und in der geht es in der Tat „fett“ zur Sache. „Trommelbauch“ ist eine betont fröhliche Komödie in CinemaScope, erzählt mit einem aufwändigen Musik-Score, prächtig und detailfreudig ausgestattet – angereichert mit unbekümmertem Slapstick wie aus der Frühzeit des Kinos, grell, überzeichnet, lustvoll, ja auch durchaus platt, etwa in der „Arschbomben-Ouvertüre“, wenn es in einem Schwimmstadion um die Meisterschaft der fettesten Kinder geht, die mit einem satten Sprung vom Sprungbrett möglichst viel Wasser aus dem Becken verdrängen müssen, um zu siegen. Dik ist der amtierende Meister in dieser ausgefuchsten Disziplin, der das Publikum in wahren Wortsinn nass macht. Unerwartet erhält Diks Vater, ein passionierter Koch, die Chance, ein eigenes Restaurant zu eröffnen – freilich nicht in Pummelstadt, wo es gewiss viel Kundschaft gäbe, sondern ausgerechnet in Dünnhafen, einem für Esslokale extrem schwierigen Pflaster: Hier achten die Menschen mit nahezu militärischer Strenge auf ihr Körpergewicht, treiben pausenlos Sport, ernähren sich kalorienarm – und sind dabei ebenso verbissen wie arrogant und selbstgerecht. Dass die lustbetonte, sinnes- und lebensfrohe Familie Trom vor einer nahezu unlösbaren Aufgabe steht, das erkennt sie zwar allzu bald. Doch auch wenn sich die Konflikte zwischen Vater und Mutter häufen und die Rückschläge entmutigen: Dank Diks arglos-optimistischer Kreativität, seiner neuen Freundin, der hübschen Lieve, und der Entdeckung gut verborgener Geheimnisse der nur scheinbar so selbstherrschten Dünnhafener wird aus der vermeintlichen Skandal-Familie ein wahrer Segen für die (provinzielle) Menschheit. Wenn die ausgelassene Geschichte im Lauf der Ereignisse immer deutlicher zur süffigen Satire auf den Wellness-, Fitness- und Schönheitswahn in einem überschaubaren Kleinstadt-Ambiente heranwächst, dann bleibt das Ganze dabei zuallererst doch ein „Kinderfilm“, der sich also vor allem an Kinder richtet – wobei der Film zugleich nie kategorisch den (vermeintlichen) Normen des Genres genügt, sondern immer wieder so richtig über die Stränge schlägt. So biedert er sich auch nie den Ansprüchen und Bedürfnissen der kindlichen Zielgruppe an – und ob der lustvoll schlemmende, alles vom Burger bis zum Tortenberg in sich hineinstopfende Dik Trom, der so ganz und gar dem Lustprinzip frönt, eine ungebrochen alltagstaugliche Identifikationsfigur ist? Womöglich ist „Trommelbauch“ dann wohl doch eher ein „Familienfilm“, in dem die Identifikationsfigur mehr „nur“ eine Fantasiegestalt ist? Gleichwohl ist der dicke Dik mehr als „nur“ eine Fantasiegestalt, weil er sehr genau spezifisch kindliche Erfahrungen transportiert, etwa wenn er auf Grund seiner „Andersartigkeit“ ausgegrenzt und beleidigt wird und um Selbstbewusstsein und Anerkennung ringt, wobei ihm der vorbehaltlose familiäre Zusammenhalt Kraft und Vertrauen schenkt. Leicht ist es also gewiss nicht, wenn man „Trommelbauch“ (vorschnell) einordnen und qualifizieren will. Genau das aber macht ihn so sympathisch in seiner aufmüpfigen, lustbetonten und sorglos-frechen Fabulierfreude.

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