Adam hat gerade einen Preis für sein bisheriges Schaffen erhalten. Doch anders als seine Frau Mary erkennt der Londoner Architekt die Auszeichnung als Indiz für sein fortgeschrittenes Alter. Als sie nach der Feier neben Adam aufwacht, ohne genau zu wissen, was vorher geschehen ist, lässt sie sich untersuchen. Doch auch ohne medizinischen Hinweis auf eine Demenz stellt dieser Vorfall eine Zäsur in Marys Leben dar. Sie beginnt, ihr gemeinsames Dasein auf das Alter vorzubereiten; sie versieht die Badewanne mit Haltegriffen und kauft ein Telefon mit großen Tasten. Adam will sich dieser Entwicklung nicht beugen und sein Alter akzeptieren. Er soll, sehr zu seinem Verdruss, ein Altersheim konstruieren, und umgibt sich mit jungen Architekten, die freiwillig für ihn arbeiten.
Julie Gavras, die Tochter des griechischen Regisseur Costa-Gavras, inszeniert mit „Late Bloomers“ einen Film, der sich mit einem der letzten Lebensabschnitte auseinandersetzt, begleitet von einer Filmmusik, die immer etwas zu heiter wirkt. Die beiden Protagonisten sind bereits Großeltern, ihre drei Kinder sind erwachsen, und auch die Mutter von Mary lebt noch unter ihrem Dach. Früher unterrichtete die aus Italien stammende Mary italienisch; jetzt rät ihr eine Freundin dazu, ehrenamtliche Arbeiten anzunehmen, und so backt sie bald Kuchen. Eine junge Frau mit wippend-blondem Pferdeschwanz, die ihr mit aufgesetzter Freundlichkeit ihren Arbeitsplatz zuweist, löst Wut in ihr aus. Als sie Adam vor eine Gruppe der „Grauen Panther“ setzt, damit diese ihn für sein Projekt beraten, beginnt Adam zu verstummen; er stürzt sich in die Arbeit und hat eine Affäre mit einer jungen Architektin, die ihn anhimmelt.
In vielen kleinen Situationen schildert der Film Erfahrungen mit dem Altwerden: wenn sich Mary vor dem Spiegel eingehend betrachtet und ihre Gesichtshaut nach hinten zieht, damit sich die Falten glätten. Später sitzt sie in der Halle eines Schwimmbades und beobachtet, wie die Blicke der Männer einer jungen Frau folgen; sie schlägt die Beine übereinander und arrangiert eine reizvolle Pose – und wird tatsächlich von einem Mann wahrgenommen, mit dem sie ihrerseits Adam betrügt. Der wiederum kauft sich ein schickes Lederjackett und spült mit gezwungenem Vergnügen modische Erfrischungsgetränke hinunter, um sich der Generation, mit der er arbeitet, anzupassen.
Der Film unterschlägt sicherlich viele Abgründe, die das Alter birgt. Die Protagonisten sind in der Oberschicht angesiedelt, sie haben nicht mit Geldmangel zu kämpfen, nicht mit gefährlichen Krankheiten, sondern vor allem mit der Einsamkeit, die beide mehr und mehr empfinden, je weiter sie sich innerlich voneinander entfernen. Isabella Rossellini und William Hurt retten den Film zwar über manche dramaturgische Schwächen hinweg, doch der Blick auf das Alter stammt aus der Perspektive eines „jüngeren“ Menschen. Die nächstliegende Folgerung für Adam und Mary, dass sie das Gefühl des Altseins am besten dadurch bekämpfen, wenn sie sich gegenseitig haben und füreinander da sind, kommt den Figuren erst ganz am Schluss in den Sinn.