Kochen ist in. Präziser formuliert: Anderen Menschen beim Kochen oder beim Scheitern daran zuzusehen, ist in. Im Fernsehen wird quasi rund um die Uhr gekocht, mal von Profis, mal von Promis, und Gereon Wetzels Dokumentation über das (mittlerweile geschlossene) Kult-Restaurant „El Bulli“
(fd 40 642) und die Molekularküche des Ferran Adria lockte auch Publikum in die Arthaus-Kinos. Jetzt folgt – gewissermaßen nach dieser Vorspeise – als Hauptgang eine luftig-leichte Sommer-Koch-Komödie aus Frankreich, in der sich allerdings (auch) ein Lehrstück über Dogmatismus und über den Umgang mit der Tradition in der Moderne verbirgt. Jacky ist ein aufstrebender Koch mit einer Vision, die er auch gerne einmal offensiv gegen den Gast wendet, weshalb er – seine Freundin ist schwanger und ihre Geduld ist erschöpft – als Anstreicher auf dem Bau landet. Diesen Job wiederum nutzt er, um nebenher die Kantine eines Altenheims auf Zack zu bringen. Die alten Herrschaften danken es mit gutem Appetit, wovon durch einen Zufall der Sternekoch Alexandre Lagarde Wind bekommt, als ihm bei einem Besuch im Altenheim ein eigener Klassiker, leicht modernisiert, kredenzt wird. Kurzerhand stellt Lagarde Jacky in seinem Nobel-Restaurant „Le Cargo Lagarde“ ein, vorerst allerdings auf Probe. Damit die Komödie etwas Tempo aufnehmen kann, braucht es jetzt noch ein paar entscheidende Zutaten: ein Verschweigen, eine Intrige und eine Krise. Aus Furcht vor ihrem Zorn und ihrem Unverständnis verschweigt Jacky seiner Freundin, dass für ihn gerade mit der Anstellung im Sterne-Restaurant ein Traum in Erfüllung gegangen ist. Dieses Geheimnis, das kein besonders gutes Licht auf die Beziehung wirft, wird natürlich früher oder später auffliegen. Mit (kurzzeitig) katastrophalen Folgen. Zudem setzt der Geschäftsführer des „Le Cargo Lagarde“ gerade ganz modisch auf die angesagte Avantgarde: die Molekularkücke. Dafür aber steht Lagarde, ein Traditionalist der nouvelle cuisine, nicht zur Verfügung. Wir werden also auch noch Zeugen eines Kulturkampfes, wobei sich der Film entschieden auf die Seite Lagardes schlägt und etwas opportunistisch gegen die Molekularküche polemisiert. Bleibt noch die Krise! Lagarde war einmal selbst die Avantgarde, wurde zu Recht mit drei Sternen bedacht, aber jetzt ist er ausgebrannt und verwaltet nur noch seinen Ruhm. Sein Privatleben hat er über die Jahre so vernachlässigt, dass er es gar nicht mehr vermisst. Die Innovationskraft Jackys, die sich aus Respekt vor seinem Werk speist, begreift Lagarde zunächst nicht als Chance, sondern als Infragestellung seiner Autorität. Verliert Lagarde allerdings beim drohenden nächsten Test seinen dritten Stern, so verliert er auch sein Restaurant. Es ist also höchste Zeit für ein paar Lernprozesse.
Nachdem der Film von Daniel Cohen einige Zeit braucht, um die Verhältnisse hinreichend zu verkomplizieren, nutzt er die zweite Hälfte des Films, um all die zugespitzten Konflikte wieder in Luft aufzulösen. Raffinesse und Überraschungen sollte man von „Kochen ist Chefsache“ nicht erwarten, hier wird eher gut bürgerlich gekocht und manchmal auch etwas zu viel Klamauk untergerührt. Auf die schwungvolle Präsentation des Ganzen wird entschieden Wert gelegt, obwohl der Film seine Stärke eher in den Nuancen hat: etwa wenn ganz beiläufig gezeigt wird, was es heute bedeutet, ein Starkoch in der Mediengesellschaft und Teil eines internationalen Konzerns zu sein. Weil aber der Film den Falltüren des nur noch Grobschlächtigen meist elegant ausweicht und sich zudem auf das Understatement von Jean Reno verlassen kann, ist „Kochen ist Chefsache“ durchaus bekömmlich. Er trägt nicht auf, aber er hinterlässt auch keinen nachhaltigen Eindruck. Aber genau in dieser Leichtigkeit liegt ja auch eine große Kunst.