Annie ist ein 14-jähriges Mädchen aus gutem Hause, das in einem Chatraum einen Jungen kennen lernt. Aus der Freundschaft wird bald Schwärmerei, obwohl der virtuelle Freund gesteht, dass er bereits 20 ist. Als sie sich schließlich in einem Kaufhaus treffen, sieht Annie sich einem Mann gegenüber, der auf die 40 zugeht. Er redet sanft, gibt sich verständnisvoll und einfühlsam und überredet sie zum Sex in einem Hotelzimmer: echte Liebe kenne schließlich keine Altersgrenzen. Während des Aktes blickt sie starr auf die Tapete. Anderntags erzählt sie es ihrer Freundin mit dem Hinweis, dass das nicht dramatisch gewesen sei, denn sie lieben sich. Die Freundin ist bestürzt und wendet sich an die Schulverwaltung; die Polizei schaltet sich ein.
Über die Bilder des Familienalltags wird der Chat-Dialog zwischen Täter und Opfer eingeblendet. Dabei fällt auf, das Annie ein „normales“ Mädchen ist. Sie hat keinerlei sexuelle Erfahrung und verhält sich diesem Dreh- und Angelpunkt der Pubertät so schüchtern gegenüber, wie wohl die meisten jungen Menschen. Sie hat noch das Urvertrauen, die Unschuld eines Kindes, und weigert sich, der Polizei detaillierte Auskünfte zu geben, weil sie ihn“ nicht betrügen kann. Ihren Vater (gespielt von Clive Owen), einen Werbefachmann, zermürbt zunehmend das Gefühl, sein Kind nicht beschützt zu haben. Er sieht in den jungen Mädchen seiner Werbekampagne, die keck und lasziv von den Postern gucken, seine Tochter – gleichzeitig Schuldeingeständnis des Vaters und Kritik einer Branche, die Minderjährige zu Vamps ausstaffiert. Und er legt sich eine Waffe zu, weil ihm der Besitz alleine wieder ein diffuses Gefühl von Kontrolle verschafft, während er Sexualstraftätern in der Nachbarschaft und im Internet nachspürt. Es sind verzweifelte Reaktionen eines Vaters, der mit seiner Hilflosigkeit nicht umgehen kann. Catherine Keener in der Rolle seiner Ehefrau bringt ihn wieder zur Vernunft: Er werde im ersten Stock gebraucht, im Zimmer seiner Tochter. Erst als Annie erfährt, dass sie nicht die Einzige, nicht die ‚wahre‘ Liebe des Vergewaltigers sei, versagen ihr die Abwehrmechanismen, die sich in der Ablehnung des Vaters äußerten, und sie begreift sich endlich als Opfer.
Das titelgebende Vertrauen in die romantische Vorstellung der ersten Liebe, in den Vater, der sie zu kontrollieren beginnt, in eine Welt, die nicht so gestaltet ist, wie Annie es in ihrem kindlichen Verstehen meinte, wird in „Trust“ nachhaltig erschüttert. Der Film ist ein denkwürdiges und exzellent gespieltes Drama, das alle Facetten des Vergehens durch einen Pädophilen minutiös ausspielt. Liana Liberato verkörpert das junge Mädchen, das sich nach und nach von seiner Vorstellung der Welt verabschieden muss und darauf in ein tiefes seelisches Loch fällt, anrührend und beängstigend nachempfindbar. Ein aufwühlender Film, der auf die bröckelnde Beziehung zwischen Vater und Tochter fokussiert und gleichermaßen bitter wie realistisch schließt: der Täter entkommt. Zurück bleibt eine beschädigte Familie.