Barney's Version

Komödie | Kanada/Italien 2011 | 134 Minuten

Regie: Richard J. Lewis

Romanverfilmung um Leben und Lieben eines jüdischen Fernsehproduzenten in Montreal. Während der (Anti-)Held in der Rahmenhandlung unter dem Verdacht steht, seinen besten Freund erschossen zu haben, und zudem von seiner großen Liebe verlassen wurde, werden in Rückblenden sein turbulenter Lebensweg und seine vielfältigen Beziehungen aufgerollt. Das geschickt zwischen witziger Satire und berührendem Drama vermittelnde Porträt feiert das Scheitern als notwendigen Teil eines voll ausgelebten Lebens und überzeugt mit vorzüglichen Darstellern. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
BARNEY'S VERSION
Produktionsland
Kanada/Italien
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Serendipity Point Films/The Harold Greenberg Fund/Lyla Films/Fandango
Regie
Richard J. Lewis
Buch
Michael Konyves
Kamera
Guy Dufaux
Musik
Pasquale Catalano
Schnitt
Susan Shipton
Darsteller
Paul Giamatti (Barney Panofsky) · Dustin Hoffman (Izzy Panofsky) · Rosamund Pike (Miriam Grant-Panofsky) · Minnie Driver (zweite Mrs. P.) · Rachelle Lefevre (Clara Charnofsky)
Länge
134 Minuten
Kinostart
14.07.2011
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Komödie | Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Universal (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Universal (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Diskussion
In einer der ersten Sequenzen lernt man zunächst die Version eines gewissen Detective O’Hearne kennen. Der Gegenstand, um den es dabei geht? Nichts anderes als der Charakter des Titelhelden Barney Panofsky sowie ein entscheidender, schlimmer Punkt in dessen Leben: der Tod seines besten Freundes Boogie. Laut O’Hearne ist Barney ein Mörder, der seinen drogenabhängigen Kumpel aus Rache für eine sexuelle Eskapade mit Barneys Ehefrau erschossen hat, aber aus Mangel an Beweisen und vor allem, weil Boogies Leiche nie gefunden wurde, straflos davon kam. Richard L. Lewis Film macht aus der Frage, ob diese These des knorzigen Detectives stimmt, jedoch kein Rätselspiel. Stattdessen liefert er, getreu der Romanvorlage von Mordecai Richler, die als „Lebensbeichte“ aus der Ich-Perspektive der Titelfigur geschildert ist, schlicht und einfach „Barney’s Version“ nicht nur dieses Todesfalls, sondern gleich von Barneys ganzem bewegten Leben. Es geht um Barneys Verhältnis zum Möchtegern-Schriftsteller Boogie und die gemeinsame wilde Bohème-Zeit in Rom, um Barneys dort geschlossene und tragisch endende erste Ehe sowie um die missratene zweite, die Barney in seiner Heimat Montreal schließt, während er sich als Trash-TV-Produzent beruflich etabliert. Und es geht um Barneys große Liebe Miriam, die dem dicklichen jüdischen Geschäftsmann just bei seiner Hochzeitsfeier mit der überspannten zweiten Mrs. Panofsky über den Weg läuft, um die er allen Hindernissen zum Trotz mit der Hartnäckigkeit eines Don Quijote kämpft, die er gewinnt und schließlich wieder verliert. Eröffnet wird der Film durch eine Großaufnahme, in der ein Whisky-Glas und ein kristallener Aschenbecher zu sehen sind: Accessoires von Barneys unmäßigem, auf dem schmalen Grat zwischen Lebensgenuss und Selbstzerstörung balancierenden Lebensstil. Die Figur, die Paul Giamatti alsbald mit solchem Charme zum Leben erweckt, dass man ihr diese und ein ganzes Register weiterer „Sünden“ und auch handfester Charakterfehler gerne nachsieht, ist frappierend widersprüchlich; sie vereint Lebemann- mit Kleinjungen-Qualitäten, gesunden Geschäfts- und Realitätssinn mit heillosem Romantizismus, eine gehörige Portion polternde Rücksichtslosigkeit und Selbstsucht mit zärtlicher, versteckter Fürsorglichkeit und Großzügigkeit – und Giamatti gelingt es, diese Paradoxien zu einer stimmigen, höchst vitalen Figur zusammen zu führen. Flankiert wird er von einem stark aufspielenden Star-Ensemble, u.a. von Dustin Hoffman als Barneys verschmitzter Vater Izzy, der für einige komödiantische Highlights sorgt – wenn er etwa seinem Sohn als Hochzeitsgeschenk eine Knarre überreicht, die in mit kleinen Davidsternen bedrucktes Papier eingewickelt ist, oder sich selbst in Erzählungen zu einer Art von jüdischem „Dirty Harry“ stilisiert. Gut tut dem Film auch die Besetzung der weiblichen Hauptfigur Miriam mit Rosamund Pike, die mit ihrer in sich ruhenden, klar-geradlinigen Figur den „barocken“, leicht cholerischen Charakter Barneys ausbalanciert. Mittels langer Rückblenden aus einer Gegenwart heraus erzählt, die Barney als verlassenen, zunehmend mit seinem Alter kämpfenden Mann schildert, entfaltet sich der Film als tragikomischer Schelmenroman. Zwar ist die Kamera hier kein „unzuverlässiger Erzähler“ wie der fiktive Autobiografien-Schreiber der Buchvorlage, weswegen die Filmdramaturgie um einiges simpler ist als der Roman; trotzdem gelingt es auch dieser filmischen Version von Barneys Leben, erstaunlich viele Zwischentöne zwischen überspitzter Komödie und bewegendem Familiendrama anzuschlagen. Satirisch gespielt wird dabei mit der hippen Künstler-Clique, in der sich Barney in den „Wilden 70ern“ in Rom bewegt, genauso respektlos wie mit den jüdischen Geschäftsleuten in Montreal oder der Fernsehbranche, in der Barney arbeitet. Dabei ist der Humor nie bösartig, sondern feiert das Unperfekte, das Versagen als notwendige Nebenprodukte eines voll ausgelebten Lebens – und Barney als unverbesserlichen Glücksritter, der sich, so gut er kann, durchs Auf und Ab seine Existenz schlägt, manches richtig macht und vieles falsch. Aber nichts halbherzig.
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