Eine junge Frau aus ärmlichen Verhältnissen in Nicaragua träumt von einer Karriere als Profiboxerin. Während sie ein Ex-Boxmeister trainiert, stellen andere Veränderungen ihr Leben auf den Kopf: Sie verliebt sich in einen Mann, der einer anderen sozialen Schicht angehört, und muss erkennen, dass der Partner ihrer Mutter ihre kleine Schwester missbraucht. Das eindrucksvolle, ganz von der charismatischen Hauptdarstellerin getragene Porträt eines starken Mädchens legt den Schwerpunkt weniger auf Standards des Sportfilms als auf eine sozialrealistische Einbettung der Figuren in ihre jeweiligen Milieus, die ohne Beschönigung dargestellt werden.
- Ab 16.
La Yuma - Die Rebellin
Drama | Nicaragua/Mexiko/Spanien/Frankreich 2009 | 88 Minuten
Regie: Florence Jaugey
Kommentieren
Filmdaten
- Originaltitel
- LA YUMA
- Produktionsland
- Nicaragua/Mexiko/Spanien/Frankreich
- Produktionsjahr
- 2009
- Produktionsfirma
- Ivania Films/Wanda Visión/Camila Films
- Regie
- Florence Jaugey
- Buch
- Florence Jaugey · Juan Sobalvarro · Edgar Soberón Torchia
- Kamera
- Frank Pineda
- Musik
- Rodrigo Barbera
- Schnitt
- Mario Sandoval
- Darsteller
- Alma Blanco (Virgina Roa, "La Yuma") · Gabriel Benavides (Ernesto) · Rigoberto Mayorga (Culebra) · Mariá Esther López (Scarlett) · Eliézer Traña (Yader)
- Länge
- 88 Minuten
- Kinostart
- 17.03.2011
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama | Boxerfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Diskussion
Am Anfang findet ein ungewöhnliches Baseball-Spiel in einem der armen Wohnviertel von Managua statt: Blau uniformierte Polizisten stehen den tätowierten Mitgliedern einer Jugendbande gegenüber. „So weit ist es schon: Die Polizei spielt gegen die Gang?“, fragt ein Eierverkäufer. „Ja, aber es ist ein Freundschaftsspiel“, antwortet ein Bettler. Das Spiel charakterisiert die undramatische, fast dokumentarische Art des Films, seine Protagonisten in ihrem Umfeld zu zeigen. Am Rande des Spielfelds steht eine junge Frau, fast noch ein Mädchen: „La Yuma“ war früher aktiv bei der Bande, und „Culebra“, der Anführer, sieht sie immer noch als seine Braut. Aber Yuma hat Größeres vor. Sie nimmt Boxstunden in einem kleinen Sportstudio bei Yader, der nachts als Striptease-Tänzer vor kreischenden Frauen auftritt. Managua ist die Hauptstadt Nicaraguas, einem der ärmsten Länder des Subkontinents. Filme kommen so gut wie nie aus dem zentralamerikanischen Land. Fast zehn Jahre lang arbeitete die 52-jährige Dokumentarfilmerin Florence Jaugey an ihrem Spielfilmdebüt. „La Yuma“ erzählt vom Traum einer jungen Frau, Profiboxerin zu werden, ihre armselige Herkunft hinter sich zu lassen und auf keinen Fall so zu werden wie ihre Mutter, die dem Leben gegenüber gleichgültig ist, mit einem Lebensgefährten, der nicht arbeitet, ihr geringes Einkommen ausgibt und in der Hängematte liegt. Yuma verdient etwas Geld in einem kleinen Modeladen, dessen Besitzerin vergeblich versucht, ihr etwas mehr weiblichen Charme beizubringen. Ihre besten Freunde sind ein Transvestit, der nachts als Prostituierte arbeitet, der Leiter des Sportstudios und die Gang-Mitglieder, die im Viertel herumhängen. Ihr Leben ändert sich, als sie dem Ex-Boxmeister „Polvorita“ vorgestellt wird: Er beginnt, sie zu trainieren – bis zum Sieg über die bisherige Boxmeisterin.
Zum Motor der Veränderung wird auch, dass Yuma ihren Bruder beobachtet, wie er einem Studenten im Bus den Rucksack stiehlt: Sie beschließt, dem Bestohlenen einen Teil seines Eigentums zurückzugeben; zwischen Yuma und dem etwas farblosen Journalistik-Studenten aus gutem Haus entwickelt sich eine Liebesgeschichte: eine Beziehung zwischen zwei völlig unterschiedlichen sozialen Schichten – kann das gut gehen? Ein weiterer Einschnitt in ihr Leben bedeutet die Entdeckung, dass der Lebensgefährte ihrer Mutter ihre kleine Schwester missbraucht. Das willensstarke Mädchen verlässt mit seinen kleinen Geschwistern das Haus der Mutter. „La Yuma“ erinnert teilweise an andere Filme über den harten Aufstieg von Boxerinnen, ihre Schwierigkeiten, sich in einer Männerdomäne durchzusetzen. Doch die Geschichte der jungen Kämpferin in Nicaragua ist keine neue Variante des Märchens, dass man durch harte Anstrengungen und seiner Hände Arbeit den sozialen Aufstieg schaffen kann, kein Film über die wundersame Macht des Sports, soziale Klassen zu überwinden und gebrochene Biografien zu begradigen. Ganz eindeutig geht es Regisseurin Florence Jaugey mehr um den sozialen Realismus als um eine Ästhetisierung des Boxsports. So ist der Film angenehm unspektakulär und undramatisch, hat einen fast dokumentarischen Blick auf seine Protagonisten. Dabei lebt er von den vielschichtigen skurrilen Haupt- und Nebenfiguren; die Welt der Jugendbanden wird behutsam geschildert, Haupt- und Nebenfiguren werden in einen bei aller Enge und Bedrücktheit fast dörflichen Lebenszusammenhang eingebettet, ohne die soziale Situation zu verniedlichen. „La Yuma“ zeigt Armut und Gewalt als Bestandteile des täglichen Lebens, die die Hauptfiguren prägen, aber nicht entmenschlichen. Die Handlung mit ihren Sprüngen und überraschenden Wendungen wird dabei von der jungen Hauptdarstellerin Alma Blanco getragen: Kraftvoll, energisch, aber auch gebrochen, fähig, sich laut fluchend in der Männergesellschaft zu behaupten, dabei sensibel im Umgang mit der kleinen Schwester, verkörpert sie ganz unterschiedliche Facetten und Widersprüche eines Menschen. „La Yuma“ baut Erwartungen auf, lässt das Vorhersehbare aber nicht eintreten. Er endet nicht im sportlichen Triumph, sondern poetisch und ungewöhnlich.
Kommentar verfassen