Auf das Porträt "Russlands Wunderkinder" (2000) über vier hochbegabte Virtuosen des Moskauer Musikkonservatoriums folgt zehn Jahre später ein Einblick in den Alltag der mittlerweile erwachsenen Musiker, die unter einem enormen Erfolgsdruck stehen. Dabei wird das Dilemma der jungen Profis spürbar, denen neben technischer Perfektion auch emotionale Höchstleistungen abverlangt werden, obwohl sie kaum Gelegenheit hatten, markante Persönlichkeiten auszubilden. Ein unspektakulärer, aber erhellender Einblick in die Funktionen des Klassik-Musikmarkts. (O.m.d.U.)
- Ab 12.
Die Konkurrenten - Russlands Wunderkinder 2
Dokumentarfilm | Deutschland 2009 | 98 Minuten
Regie: Irene Langemann
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2009
- Produktionsfirma
- Lichtfilm/RBB/EinsFestival WDR
- Regie
- Irene Langemann
- Buch
- Irene Langemann
- Kamera
- Maxim Tarasjugin · Dieter Stürmer
- Schnitt
- Kawe Vakil
- Länge
- 98 Minuten
- Kinostart
- 29.04.2010
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Diskussion
Sie waren noch Kinder, als die Filmemacherin Irene Langemann sie vor zehn Jahren zum ersten Mal porträtierte. Vier hochbegabte Schüler, die das Moskauer Konservatorium besuchten und bereits Virtuosen am Piano waren. In „Russlands Wunderkinder“ (fd 34 492) plauderten Elena, Irina, Dmitri und Nikita über ihre Liebe zur Musik und ihre Träume, es in ein paar Jahren auf die großen Konzertbühnen der Welt zu schaffen. Aus den Protagonisten des Dokumentarfilms sind inzwischen junge Frauen und Männer geworden. Von einer großen Karriere träumen sie immer noch, doch längst haben sie erfahren müssen, dass der Weg vom gefeierten Wunderkind zum internationalen Star ein überaus harter ist, auf dem für die Unbeschwertheit der frühen Jahre kein Platz mehr ist. Die meisten von ihnen stehen mit knapp 20 Jahren unter einem enormen Erfolgsdruck, weil sie wissen, dass der Zug auf den Olymp der Pianisten bereits in wenigen Jahren abgefahren sein dürfte. Das gilt vor allem für die 26-jährige Elena, die im Jahr 2000 von Moskau nach Hannover zog, schwanger wurde und nun versucht, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen. Sie hat zwar schon mit namhaften Orchestern in aller Welt gespielt, aber der große Durchbruch lässt weiterhin auf sich warten.
Die Dokumentation beobachtet Elena und ihre drei ehemaligen Mitschüler in ihrem Alltag, bei den mehrstündigen Übungseinheiten pro Tag am Flügel, und begleitet sie zu Konzerten und Wettbewerben in aller Welt. Denn ohne einen namhaften Wettbewerb gewonnen zu haben, das ist allen klar, bleibt die Weltkarriere auf ewig ein Traum. So gewährt der Film überdies auch subtile Einblicke ins internationale Geschäft mit der klassischen Musik, in dem es bei weitem nicht allein um musikalische Virtuosität geht, sondern aufstrebende Künstler auch mit Seilschaften unter Juroren und Managern zu tun haben. Besonders für Musikerinnen reicht es längst nicht mehr, ihr Instrument zu beherrschen; sie haben obendrein auch möglichst attraktiv zu sein. Weshalb Elena sich „sexy“, so sagt sie, Setcards wie ein Model machen lässt.
Im Vergleich mit dem Leben der jungen Mutter bleibt das Private bei den anderen Protagonisten, von denen zwei noch im Elternhaus leben, im Hintergrund. In ihren Statements dreht sich fast alles um die Musik und die Hoffnungen auf eine Karriere. Diese Monothematik tut dem Film nicht unbedingt gut, spiegelt aber zugleich ein Problem dieser Nachwuchs-Musiker, das einer Quadratur des Kreises gleichkommt: Wo es junge Virtuosen wie Sand am Meer gibt, verlangt der Musikbetrieb nach eigenständigen Persönlichkeiten und Charakteren. Doch wie Teenager dazu reifen sollen, wenn sie täglich bis zu sechs Stunden an ihrem Instrument verbringen, bleibt ein Rätsel. So ist dieser sehr persönlich gehaltene Film, der hier und da mit Sequenzen aus „Russlands Wunderkinder“ aufwartet und dessen ruhige Bilder ohne Off-Kommentar auskommen, eine unspektakuläre, aber (vor allem für Freunde der klassischen Musik) sehenswerte Dokumentation.
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