Sherlock Holmes (2009)

Krimi | Großbritannien/Australien/USA 2009 | 128 Minuten

Regie: Guy Ritchie

Filmdaten

Originaltitel
SHERLOCK HOLMES
Produktionsland
Großbritannien/Australien/USA
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Village Roadshow Pic./Wigram Prod./Lin Pic./Silver Pic.
Regie
Guy Ritchie
Buch
Michael Robert Johnson · Anthony Peckham · Simon Kinberg
Kamera
Philippe Rousselot
Musik
Hans Zimmer
Schnitt
James Herbert
Darsteller
Robert Downey jr. (Sherlock Holmes) · Jude Law (Dr. John Watson) · Rachel McAdams (Irene Adler) · Mark Strong (Lord Blackwood) · Eddie Marsan (Inspector Lestrade)
Länge
128 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Krimi | Detektivfilm | Literaturverfilmung
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Die Standardausgabe (DVD) enthält keine erwähnenswerten Extras. Die Special Edition (2 DVDs) enthält zumindest einige Kurzfeatures, die sich auf unterhaltende Art mit Detailaspekten zum Film auseinandersetzen (insgesamt 44 Min.). Die umfangreichere BD verbindet diese Features in einem vorbildlichen interaktiven "Bild-im-Bild"-Modus ("Maximum Movie Mode") mit einem Audio/Video-Kommentar des Regisseurs. Die BD enthält zudem eine Audiodeskription für Sehbehinderte, allerdings nur in englischer Sprache. Nur die BD Edition ist mit dem Silberling 2010 ausgezeichnet.

Verleih DVD
Warner (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Warner (16:9, 1.78:1, dts-HDMA engl, DD5.1 dt..)
DVD kaufen

Diskussion
Das musikalische Markenzeichen, das Komponist Hans Zimmer der jüngsten Inkarnation des legendären Ermittlers aus der Baker Street mit auf den Weg gibt, ist ähnlich stimmungsvoll-suggestiv wie die „Harry Potter“-Melodie. Auch hier kann man prognostizieren, dass die eingängigen Klänge der Auftakt zu einem neuen Franchise sind, und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn die Blockbuster-Maschinerie, die Regisseur Guy Ritchie souverän abschnurrt, nicht ihr Zielpublikum finden würde. Bei diesem dürfte es sich weniger um die Anhänger der Romane und Erzählungen von Arthur Conan Doyle handeln als vielmehr um das Gros der Kinogänger, denen Holmes als popkulturelle Ikone geläufig ist und die Spaß an Superhelden-Filmen haben. Wer dagegen hofft, die Aktualisierung der Holmes-Figur würde sich zur spannungsvollen Neuinterpretation aufschwingen, die den Charakter des Detektivs auslotet oder seine Fälle in interessante neue Kontexte setzt, wird enttäuscht: Die Story ist heiße Luft, die Figuren und ihre Konflikte bleiben zu sehr Genre-Standard, um zu überraschen. Etwas Neues über Sherlock Holmes zu erzählen haben die Macher nicht, dafür aber diebischen Spaß am Spiel mit dem Mythos, zudem ein großes Budget und ein erstklassiges Team vor und hinter der Kamera. Der „neue“ Sherlock Holmes ist vor allem eine Frage des Stils, und auf diese wird eine so amüsante, unterhaltsame Antwort gefunden, dass man kaum vor dem mit liebevollem Artwork gestalteten Nachspann damit anfangen wird, über verpasste Chancen der Holmes-Wiederbelebung nachzudenken. Da wird gerauft, gerätselt und gefrotzelt, was das Zeug hält, in einem dramaturgisch stimmigen Mix aus handfester Action und ruhigeren Szenen, in denen in gewitzten Dialogpassagen entweder die persönlichen Frontlinien abgeschritten werden oder aber die des Falls, den Holmes und sein hier gar nicht mehr so getreuer Partner Dr. Watson lösen müssen. Dieser betrifft den größenwahnsinnigen Lord Blackwood, den Holmes zu Beginn daran hindert, den sechsten satanistisch angehauchten Ritualmord zu begehen. Bald darauf baumelt Blackwood am Galgen, allerdings nicht, ohne zuvor wüste Drohungen von sich zu geben. Tatsächlich scheinen sich diese zu bewahrheiten: Kurz nach der Hinrichtung ist Blackwood wieder quicklebendig und macht Holmes und dem Rest der Welt das Leben schwer. Der Detektiv geht entschlossen mit Hirn- wie Muskelkraft gegen den vermeintlich mit höllischen Mächten verbündeten Adligen vor, unterstützt von Watson, der zwar aufgrund seiner Verlobung den Co-Ermittlerposten an den Nagel hängen will, doch stets zur Stelle ist, wenn es brenzlig wird. Für zusätzliche Wirren sorgt die schöne Irene Adler, eine alte Bekannte von Holmes; auf wessen Seite sie steht, bleibt lange undurchsichtig. Eingebettet ist das Ganze ins Setting eines viktorianischen Londons, das in seiner stilisierten Düsternis ähnlich künstlich wirkt wie Gotham City, gleichwohl eine stimmungsvolle, sorgfältig-sinnfällig gestaltete Kulisse abgibt – von historistischen, mit antik-alchimistischen Symbolen gezierten Kellern bis zu den luftigen Höhen und modernen Stahlträgern der sich im Bau befindenden Tower Bridge, auf der sich der angebliche Magier schließlich seinem Widersacher Holmes stellen muss. Der Plot zitiert allenfalls Versatzstücke aus Conan Doyles Texten; der Rest ist frei erfunden, und das nicht gerade aufs Originellste. Die Inszenierung allerdings holt aus der simplen Geschichte viele mitreißende Szenen heraus – von der Exposition, in der Holmes durch düstere, regenfeuchte Straßen jagt und in ein Gewölbe vordringt, wo er Blackwood und seine Anhänger aufmischt, bis zu einer Szene in Schlachthaus, in der Holmes und Watson eine diabolische Maschinerie zum Stillstand bringen müssen. Vor allem funktioniert die Chemie zwischen Holmes und Watson: Die verbalen Rangeleien und die perfekt choreografierten gemeinsamen Einsätze von Robert Downey jr. und Jude Law sind das zündende Element, das über die schwächelnde Handlung hinweg trägt. Als Krimi mag das Ganze arg dünn sein, als humorvolles und actionreiches Buddy-Movie funktioniert es prächtig. So ist es fast schon wieder stimmig, dass Holmes zwar noch als exzentrisches Genie gezeichnet wird, alle zwiespältigen Seiten des literarischen Vorbilds (vor allem Holmes’ pedantische und monomanisch-arrogante Züge) aber zugunsten des lässigen Charmes von Downey jr. eingeebnet werden, dass Lord Blackwood in seiner Chargierung, einer Mischung aus Alister Crowley, Guy Fawkes und Adolf Hitler, kaum als Bedrohung ernst genommen werden kann und die übrigen Nebenfiguren, inklusive der Frauen, kaum Profil gewinnen: Es passt zu dem Eindruck, man habe es hier eher mit einer gut gemachten Comicverfilmung als mit einer Literaturadaption zu tun.
Kommentar verfassen

Kommentieren