Der lange Schatten geht ihm voraus: Der Maestro der Farce, Jean-Baptiste Poquelin, betritt gleich in der ersten Filmszene die Bretter, die ihm die Welt bedeuten. Doch noch ahnt der junge Schauspieler nicht, dass er einmal einer der berühmtesten Dramatiker seiner Zeit werden wird – besser bekannt unter dem Namen Molière. Den jungen Mann mit einem Faible für große Gesten und noch größere Worte plagen die profanen Dinge des Alltags. Der brotlosen Kunst hartnäckig verpflichtet, landet er schließlich sogar im Gefängnis. Von dort wird er von einem Lebemann freigekauft, allerdings mit einer nicht ganz unwesentlichen Klausel: Molière muss den Mann in die dramatischen Künste der Verführung einweihen. Damit erhält der Ex-Sträfling – erst unfreiwillig, schließlich sich aber fügend – die Chance zu einer Studie am lebenden Objekt. Die genauesten Beobachtungen des alltäglichen Wahnsinns der wohlhabenden Gesellschaft bilden den Nährboden für seine Kunst, die ihn später berühmt machen wird. Der Schauplatz ist ein pompöser Landsitz, wo die Posse dann auch mächtig in Fahrt kommt. Gut gewürzt mit amourösen Verwicklungen und all den großen und kleinen Verbrechen im Namen der Eitelkeit, der Intrige, der Heuchelei und des Stolzes.
Laurent Tirard verknüpft in seinem zweiten Spielfilm ebenso unterhaltsam wie temporeich Bio- und Autografisches seines Titelhelden Molière. Fast schon ein wenig übermütig opfert er dabei im Sinne der Pointen die historische Glaubwürdigkeit. So unterstellt Tirard beispielsweise Molière ohne Hemmung eine schwärmerische Liebe zu einer verheirateten Frau als poetische Initialzündung. In den Geschichtsbüchern wird jedoch viel eher vermutet, dass der Knabe Molière durch seinen Großvater, einen ins Theater Vernarrten, erste Einblicke in die Welt gewann, die ihn offenbar bereits sehr früh faszinierte. Die Charaktere des Films sind, allen voran die Figur des Lebemanns Jourdain, so überzeichnet, dass deutlich ersichtlich wird, dass sie nicht der realen Geschichte, sondern direkt Molières Werken (wie beispielsweise „Le Bourgeois gentilhomme“) entsprungen sind. Falscher Ehrgeiz und eklatante Bildungsmängel, gepaart mit Selbstüberschätzung, lassen dem Emporkömmling Jourdain jeden gesunden Menschenverstand abhanden kommen. Dazu kommt noch seine blindwütige Verehrung für Célimène, die ihn, natürlich, dem Spott des schöneren Geschlechts preisgibt. Zwar sind die Verwicklungen manchmal absehbar und verlassen nie das Terrain einer imaginären Theaterbühne, doch das Ensemble der Schauspieler (allen voran Fabrice Luchini als Jourdain) überzeugt mit überschwänglicher Spielfreude. So verzeiht man dem Schauspiel die Künstlichkeit nicht nur, sondern erwartet sie geradezu und labt sich daran. Einzig Hauptdarsteller Romain Duris’ etwas spärliches Mienenspiel schmälert die Leistung. Die schöne Laura Morante als Dichterflamme überzeugt da schon weit mehr. Ludivine Sagnier wiederum ist als umschwärmte Célimène exakt das, was sie auch im wirklichen Leben ist: perfektes „It-Girl“. Auch auf der Handlungsebene tritt alles auf, was es für eine launige Komödie braucht: heftig ins Dekolleté atmende Damen und Männer, die für sie den Gockel machen. Ein Wort jagt das andere, ein Fehltritt folgt dem nächsten. Schlussendlich darf es auch noch ein wenig Pathos sein. Voilà, entstanden ist ein Film, der sich selbst zuzwinkert: Lang lebe das Theater!