Dokumentarfilm über vier junge Afrikaner, die als Asylbewerber am Rand von Berlin gemeldet sind, aber illegal in der Stadt leben. Sie berichten voller Bitterkeit von ihren enttäuschten Hoffnungen, der schlecht bezahlten Arbeit, den fehlenden Zukunftsaussichten. Der Film setzt vor allem auf die Schilderungen der Männer, bebildert das Erzählte aber nur unzureichend und lässt keine weiteren Stimmen zu Wort kommen. (Teils O.m.d.U.)
- Ab 16.
I Broke My Future - Paradies Europa
Dokumentarfilm | Deutschland 2006 | 83 Minuten
Regie: Carla Gunnesch
Kommentieren
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2006
- Produktionsfirma
- Cardo Film/Digim/Kohlmann Media Prod.
- Regie
- Carla Gunnesch
- Buch
- Carla Gunnesch
- Kamera
- Jakub Bejnarowicz
- Musik
- Henning Brand
- Schnitt
- Martin Kohlmann
- Länge
- 83 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Wo ist eigentlich mein Zuhause, fragt sich einer der illegal in Deutschland lebenden Afrikaner, und die Antwort, die er sich selbst gibt, ist: nirgendwo. Wer seine Heimat verlässt, gibt alles auf – dies berichten übereinstimmend alle vier porträtierten jungen Männer. Und nicht nur das, der sehr offensichtliche Tenor des Films ist: Europa, in diesem Falle Deutschland, genauer Berlin, ist bei weitem nicht das Paradies, das man sich womöglich im Sudan und anderswo erträumt. Die vier, die alle schon eine Weile in Europa umherirren und mehr oder weniger Deutsch sprechen, zeigen zwar ihre Gesichter, verraten aber weder ihre wirklichen Namen noch ihre Herkunft. Eigentlich wohnen sie in einem Asylbewerberheim weit außerhalb der Stadt, dort sind sie auch gemeldet, so wie alle ihre Leidensgenossen, aber: „Hier wohnt niemand“, sagt einer – alle tauchen in der großen Stadt unter, was nicht erlaubt ist. Nur hier finden sie (illegale) Arbeit, die minimal oder, wenn sie Pech haben, gar nicht bezahlt wird, und nur hier können sie sich ein soziales Umfeld aufbauen.
Die Filmemacherin Carla Gunnesch begleitet die vier hautnah beim Versuch, ein erträgliches Leben zu führen: auf eine Baustelle, in ihre kleinen Behausungen, aber auch in die Disko. „Afrikaner in Deutschland – das heißt in erster Linie: afrikanische Männer und deutsche Frauen – deutsche Männer wissen gar nicht, was das bedeutet“, sagt einer, und tatsächlich sind die einschlägigen Clubs genau so besetzt. Hier besteht für die Heimatlosen auch eine vage Chance auf eine Zweckehe zur Erlangung der Aufenthaltsgenehmigung. Allerdings leugnen alle vier, dass sie diesen hohen Preis, eine Ehe ohne Liebe, zahlen würden.
Gunnesch lässt sie reden, zeigt ihre verzweifelten Gesichter, filmt die Männer auf ihren langen Wegen durch die große Stadt, immer in Angst vor dem Aufgegriffenwerden – und kommt dem Thema doch nicht so recht auf die Spur. Nicht ein einziges Mal etwa fragt sie die Männer, was sie bewogen hat, die lange, gefährliche und kostspielige Reise im Untergrund von Afrika nach Europa auf sich zu nehmen. Sicher, sie alle hatten das Bild vom reichen Europa vor Augen, aber, und das ist eine von vielen eingeblendeten Informationen im Film, „nur die Allerwenigsten“ überleben diese Reise und können in der EU Asylanträge stellen. Dennoch, ganz so blauäugig wirken diese Männer nicht, von denen immerhin zwei in ihrer Heimat studiert haben. Umso interessanter wären die biografischen Hintergründe gewesen. Über die drastischen, bitteren Beschreibungen ihrer jetzigen Lebensumstände geht der Film nicht hinaus. Ob sie Heimweh hätten, ist eine der wenigen Fragen, die in ihre Vergangenheit gerichtet sind. Auch die Bebilderung der Lebensumstände wirkt arg begrenzt. Zwar sind angesichts der Illegalität auch den Filmemachern die Hände gebunden – aber umso mehr ist dann die Fantasie gefragt oder wenigstens eine überzeugende Montage. Denn auch von einer sinnvollen thematischen Unterteilung des Films kann nur selten die Rede sein, etwa beim Thema Frauen. Diese sind dann zwar zu sehen, auch in den Wohnungen, gemeinsam mit dem afrikanischen Freund – kommen aber nie zu Wort. Überhaupt wäre es interessant gewesen, so etwas wie eine Gegenseite zu hören: Wie gehen die Behörden mit dem Thema um? Wie beschreibt die Polizei die gesetzliche Grundlage, nach der bei Personenkontrollen einfach alle Wertgegenstände von Asylbewerbern konfisziert werden dürfen, Handys, auch Bargeld? Ist das wirklich alles legal? So erzeugt der Film zwar Betroffenheit und gibt kleine Einblicke in eine normalerweise unsichtbare Welt, geht der Sache aber nicht auf den Grund.
Kommentar verfassen