Als seine Ehefrau an Alzheimer erkrankt, muss ein Mann nach 45 Ehejahren hilflos mit ansehen, wie die geliebte Frau ins Unbewusste driftet und die Erinnerung an ihr bisheriges glückliches Leben verliert. Über den schmerzlichen Verlust hinaus muss er sich der Frage stellen, wessen Glück ihm wirklich am Herzen liegt. Ein präzise entwickeltes und inszeniertes Regiedebüt mit vorzüglichen Darstellern, das dem Thema unverkrampft und mit befreiendem Humor begegnet und jede Sentimentalität vermeidet. (Kinotipp der katholischen Filmkritik)
- Sehenswert ab 16.
An ihrer Seite
Drama | Kanada 2006 | 110 Minuten
Regie: Sarah Polley
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Filmdaten
- Originaltitel
- AWAY FROM HER
- Produktionsland
- Kanada
- Produktionsjahr
- 2006
- Produktionsfirma
- The Film Farm/Foundry Films/Pulling Focus Pic.
- Regie
- Sarah Polley
- Buch
- Sarah Polley
- Kamera
- Luc Montpellier
- Musik
- Jonathan Goldsmith
- Schnitt
- David Wharnsby
- Darsteller
- Julie Christie (Fiona Andersson) · Gordon Pinsent (Grant Andersson) · Olympia Dukakis (Marian) · Michael Murphy (Aubrey) · Kristen Thomson (Kristy)
- Länge
- 110 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Wenn der Wirbelwind der Liebe vorüber ist, bleiben einem immer noch die gemeinsamen Erinnerungen. Auf diese tröstliche Einsicht sind nicht die schlechtesten Ehen gegründet, denn sich verstanden zu fühlen ist womöglich der sicherste Weg ins dauerhafte Glück. Ohne die verschwörerischen Blicke und kleinen Gesten eines stillschweigenden Einverständnisses hätten es vermutlich auch Fiona und Grant nicht ins 45. Ehejahr geschafft. Die beiden genießen ihren Ruhestand, bis Fiona allmählich aus dem gemeinsamen Leben verschwindet. Sie verwechselt alltägliche Gegenstände, vergisst einzelne Worte und stellt sich dann selbst die Diagnose: Alzheimer.
Für ihren Einstand ins Regiefach hat sich die Schauspielerin Sarah Polley („Das süße Jenseits“, fd 33 033) ein Thema ausgesucht, bei dem man vieles falsch machen kann, doch Polley macht auf wundervolle Weise beinahe alles richtig. Sie setzt ihr Publikum weder ins lauwarme Gefühlsbad noch bettelt sie um Anteilnahme, stattdessen erzählt sie mit großem Feingefühl von einem Ehedrama, in dem die Protagonisten dem unvermeidlichen Verfall zunächst mit einer guten Portion Humor begegnen. Der pflegende Partner, zitiert Fiona aus einer Alzheimer-Fibel, müsse fröhlich bleiben, auch wenn er beleidigt werde, und gelassen reagieren, wenn der andere wegen einer Nichtigkeit aus der Haut fährt. „Klingt wie eine ganz gewöhnliche Ehe” lautet ihr überaus trockener Kommentar.
Eine Weile versuchen die Eheleute, ihr gewohntes Leben fortzusetzen, doch als sich Fiona bei einem Ausflug in die winterliche Landschaft verirrt und von Grant gerettet werden muss, geht den beiden der Ernst der Krankheit unmissverständlich auf. Fiona zieht in ein Wohnheim, und Grant darf sie 30 Tage nicht besuchen, um die Eingewöhnung in das neue Lebensumfeld nicht zu stören. Er ist zum ersten Mal seit langer Zeit in seinem Haus allein, schaut in den Spiegel und sieht sich und Fiona darin als junges Paar. Grant ahnt, dass er diese Erinnerung bald alleine tragen wird, allerdings kann ihn nichts auf den Schrecken vorbereiten, der bei seinem nächsten Gang ins Wohnheim auf ihn wartet. Fiona hat ihn bereits vergessen und sich mit einem anderen Patienten angefreundet; die beiden sind sich so innig ergeben, als wären sie das alte Ehepaar. Angesichts dieser albtraumhaften Szene möchte Grant für eine Weile sogar lieber daran glauben, dass sich seine Frau für eine lang zurückliegende Zeit der Untreue bei ihm revanchiert. Natürlich bleibt Grant weiterhin an Fionas Seite und erlebt mit gemischten Gefühlen, wie ihr Freund von dessen Ehefrau aus dem Heim genommen wird. Schlagartig weicht alle Lebensfreude aus ihr, und Grant beginnt sich zu fragen, wessen Glück ihm wirklich am Herzen liegt. „An ihrer Seite“ ist ein kluger Film über die Bedeutung der Erinnerung und über die Opfer, die man für einen geliebten Menschen zu bringen bereit ist. Zugleich bestätigt sich in ihm die Theorie, dass ein Schauspieler hinter der Kamera meist für vorzügliche darstellerische Leistungen bürgt. Gordon Pinsent lässt den Zuschauer Grants Selbstüberwindung spüren, als er sich mit einer noblen Geste aus dem Leben seiner Frau zurückzieht, während Julie Christie die verdämmernde Fiona mit einer Klarheit des Gedankens spielt, die jede Sentimentalität von vornherein unmöglich macht.
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