Hotel Very Welcome

- | Deutschland 2007 | 90 Minuten

Regie: Sonja Heiss

Vier Episoden um junge Touristen, die hoffen, in Indien oder Thailand zu sich selbst zu finden, sich jedoch eingestehen müssen, dass sie ihre Reisen in persönliche Sackgassen geführt haben. In einer hinreißend komischen Szenenfolge verbindet der Film Fiktives mit Dokumentarischem, wobei die Möglichkeiten einer globalisierten Sinnsuche ironisch hinterfragt werden. Dabei verdichtet er sich zu einem leichten, dennoch kritischen Generationsporträt mit Tiefgang. - Sehenswert ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Komplizen Film
Regie
Sonja Heiss
Buch
Sonja Heiss · Nikolai von Graevenitz
Kamera
Nikolai von Graevenitz
Musik
The Festival · Christian García
Schnitt
Natali Barrey · Vincent Pluss · Patrick Lambertz
Darsteller
Eva Löbau (Marion) · Svenja Steinfelder (Svenja) · Chris O'Dowd (Liam) · Ricky Champ (Josh) · Gareth Llewelyn (Adam)
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Verleih DVD
Arthaus (1:1,78/16:9/Deutsch DD 5.1/Engl./Thai.)
DVD kaufen

Diskussion
Das deutsche Nachwuchskino sagt mal wieder Bonjour Tristesse, und zur Abwechslung auch einmal mit umwerfender Selbstironie. In Sonja Heiss’ gelungenem Abschlussfilm an der HFF München geht es um verpasste Flüge, besinnungslose Vollmond-Raves und abenteuerliche Kamelritte irgendwo zwischen Indien und Thailand, die als nicht gerade neues Erlösungskonzept müder westlicher Wohlstandsbürger gedacht sind, sich aber eher früher als später als Sackgasse entpuppen. Denn die erhoffte Liebe des Lebens lässt sich nicht am Tempel blicken und der Weg zur Erleuchtung ist weiter als der zum nächsten Meditationskurs. Die 1976 geborene Regisseurin entwirft in vier Episoden einen ganzen Reigen hinreißend komischer Szenen eines völlig gescheiterten Urlaubs von fünf jungen Rucksacktouristen, die der globalisierten Sinnsuche per Billigflug frönen. Anstatt sich zu entspannen und zu sich zu finden, verlieren zwei Engländer ihre Freundschaft, als Geldmangel, Machtkämpfe und Frauen ins Spiel kommen. Ein werdender Vater aus Irland möchte vor seinen heimischen Konflikten in die indische Wüste flüchten, verheddert sich aber beim Kontakt mit dem echten Indien in Sprachproblemen mit seinem Kamelführer. Die von Eva Löbau wunderbar verloren und unsicher gespielte Deutsche weicht den Komplikationen ihrer Beziehung in ein Meditationscenter aus. Die letzte Figur verbringt ihren Selbsterfahrungstrip in einem Bangkoker Hotel beim vergeblichen Versuch, den verpassten Anschlussflug umzubuchen, und erfreut sich nach stundenlangen Gesprächen an der im kaum verständlichen Englisch vorgetragenen Liebeserklärung ihres Gesprächspartners. Um die vermeintlichen Selbstfindungsparadiese als Projektionsfläche für eigene unerfüllte Wünsche zu entzaubern, reiste die Regisseurin – eine ausgebildete Dokumentarfilmerin – mit ihren Helden mehrere Monate durch Asien, filmte improvisierte Szenen und manch eine das Drehbuch sprengende Situation. Das Ergebnis ist eine präzise beobachtende, kluge und vor allem humorvolle Mixtur aus Doku und Fiction, die mit der eigenen Biografie abrechnet und doch auch einen liebevollen Blick auf die Angst vor Verantwortung und die Desorientierung der Altersgenossen wagt. Die Begegnung mit der Freiheit in der Ferne erweist sich als eine einzige Überforderung, die reichlich Stoff für absurde Momente bietet. Was den Reisenden begegnet, sind vor allem die eigenen Unzulänglichkeiten, und fast mutet es gnadenlos an, wie die Regisseurin die Illusionen ihrer Figuren zerplatzen lässt. Das hat etwas von den ähnlich verlorenen Romanhelden einer Sibylle Berg, deren Humor aber grausamer ausfällt. Der Film verbindet die Episoden lose miteinander, stellt aber keinen übergeordneten Zusammenhang her und verzichtet auch auf harmonische Ausklänge. Die Symbiose aus dokumentarischer Machart und dem Pointenreichtum einer Komödie funktioniert erstaunlich gut und nimmt trotz manchen Leerlaufs und unvermeidlicher Klischees über interkulturelle Missverständnisse für die kuriosen und doch auch so normalen „Lonely-Planet“-Reisenden ein. Ein kritisches und zugleich ungemein leichtes Generationsporträt.
Kommentar verfassen

Kommentieren