Die Liebe auf den ersten Blick zwischen einem Mann und einer verheirateten Frau beschwört die Rache des verlassenen Ehemanns herauf, der das Paar durch die sibirische Steppe verfolgt. Eine beeindruckende epische Liebestragödie, deren Titel durchaus Programm ist. Ein Drama, das es meisterlich versteht, neben den überzeugenden Darstellern die endlose Weite der Landschaft in seine getragene Erzählung einzubeziehen.
- Sehenswert ab 16.
Euphoria (2006)
Drama | Russland 2006 | 75 Minuten
Regie: Ivan Vyrypayev
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Filmdaten
- Originaltitel
- EYFORIYA
- Produktionsland
- Russland
- Produktionsjahr
- 2006
- Produktionsfirma
- Pervoe Kinopartnerstvo/2Plan2
- Regie
- Ivan Vyrypayev
- Buch
- Ivan Vyrypayev
- Kamera
- Andrei Naidyonov
- Musik
- Aidar Gainullin
- Schnitt
- Igor Malakhov
- Darsteller
- Polina Agureyeva (Vera) · Maksim Ushakov (Pavel) · Mikhail Okunev (Valeri) · Yarislavna Serova (Masha) · Vitali Romanyuk (Sohn des Nachbarn)
- Länge
- 75 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Drama
- Externe Links
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Heimkino
Diskussion
Woran denkt ein blinder Mann auf einem Moped in einem Moment der Euphorie? Will man dem russischen Regisseur Ivan Vyrypaev glauben: an die – im griechischen Sinn – tragische Liebesgeschichte von Pavel und Vera. Auf einer Hochzeit kreuzen sich ihre Blicke, seither drängt beide ein unwiderstehliches Gefühl einander in die Arme. Nur ist Vera eigentlich mit Valery verheiratet. Als die Tochter des Ehepaars, Masha, bei einer Hundeattacke einen Finger verliert, greift der seit zwei Jahren trockene Valery wieder zur Wodkaflasche. Masha wird ins Krankenhaus gebracht, und Valery macht sich mit Alkohol und Gewehr auf die Jagd nach seiner geflohenen Ehefrau und deren Geliebtem. Am Don nimmt das von Beginn an erahnbare Schicksal dieses dramatischen Dreiecks seinen Lauf.
Mehr als von seiner klassischen Geschichte lebt „Euphoria“ von magischen Stimmungen. Wie beim epischen Frühwerk „Intolerance“ (fd 38 353) von D. W. Griffith oder bei Kieslowskis „Der Zufall möglicherweise“ (fd 28 087) dreht sich im Film alles um die Realisierung des im Titel erwähnten Konzeptes, in diesem Fall der Euphorie. In seinem ersten Kinofilm übersetzt Vyrypaev, Shooting Star des russischen Theaters, dies in eine aussagekräftige Filmsprache, die verdientermaßen beim Filmfestival von Venedig 2006 mit dem Leoncino D’Oro ausgezeichnet wurde. Durch die einfühlsame Arbeit von Kameramann Andrey Naidenov verliert die Landschaft Sibiriens den Status eines bloßen Settings, sie wird zur Protagonistin des Films. Die ruhigen (Luft-)Aufnahmen der unbewohnten Steppe atmen in langsamen, regelmäßigen Zügen. Sie bleiben genau so lange stehen, bis ihre prägende Stille die nächste Einstellung erzwingt. Doch nur hypnotisch-meditativ wird „Euphoria“ nie, dafür ist die rhythmische Akkordeonmusik von Wunderkind Aydar Gainullin – 25 Jahre alt und seit 15 Jahren ein internationaler Star – zu dynamisch. Hört sie auf zu spielen, ist der Bruch oft abrupt. Umso intensiver stürzt man dann als Zuschauer ab in die nachfolgende Stille.
Wohl am beeindruckendsten an „Euphoria“ ist der rigoros durchgehaltene Stil, den Ivan Vyrypaev über die gesamte Spieldauer nicht verliert. Das gilt auch für das schlichte Spiel der Hauptdarsteller Polina Agureyeva und Maxim Ushakov. In der Endlosigkeit der Natur leben sie ihre Liebe, außerhalb jedes Zeitgefühls. Die daraus entstehende, schwebende Entrücktheit stützt und stärkt den Film. Wie in „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett erzeugt die völlige Absenz von realistischer Textur den Sog des Größeren. Bloß warten Vera und Pavel im Film nicht auf Gott. Sie lassen sich von der Erfüllung einer zauberhaften Liebe überwältigen, welche sie schon gefunden haben.
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