Down in the Valley

Drama | USA 2005 | 110 Minuten

Regie: David Jacobson

Die Tochter eines Sheriffs lernt an einer Tankstelle im San Fernando Valley nahe Los Angeles einen charismatischen Herumtreiber aus Dakota kennen, der sich in der Pose des Cowboys gefällt. Sie verliebt sich in ihn und löst damit eine blutige Katastrophe aus. Überzeugend entwickeltes, hervorragend gespieltes (Familien-)Drama, angesiedelt an der Schnittstelle von US-amerikanischer Tradition und Moderne. Der Film, eine Art Hommage an den klassischen Western, beschwört mit bestechenden Bildern der urbanisierten kalifornischen Landschaft melancholisch die amerikanischen Mythen und stimmt zugleich ihren Abgesang an, wobei er desillusioniert die Bewusstseinslage der Mittelschicht beschreibt. - Sehenswert ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
DOWN IN THE VALLEY
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Element/Class 5
Regie
David Jacobson
Buch
David Jacobson
Kamera
Enrique Chediak
Musik
Peter Salett
Schnitt
Lynzee Klingman
Darsteller
Edward Norton (Harlan) · Evan Rachel Wood (Tobe) · David Morse (Wade) · Rory Culkin (Lonnie) · Bruce Dern (Charlie)
Länge
110 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Die Extras umfassen u.a. ein Feature mit vier im Film nicht verwendeten Szenen (8:30 Min.).

Verleih DVD
Universum (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
DVD kaufen

Diskussion
Das Tal, in dem David Jacobsons melancholischer Film spielt, ist das San Fernando Valley in Südkalifornien, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Los Angeles – und zur Traumfabrik Hollywood. Aus dieser stammt auch das Vorbild, nach dem die Hauptfigur Harlan sich selbst erfunden hat: Er gibt sich als Cowboy, der in dem von Boulevards, Highways und Überland-Stromleitungen durchzogenen Land, im unter der Sonne brütenden Suburbia wie ein Fremdkörper wirkt. Ein attraktiver Fremdkörper in den Augen der jungen, rebellischen October, die den linkischen, älteren Mann an einer Tankstelle aufgabelt und eine leidenschaftliche Liebesbeziehung mit ihm beginnt. Tobe, wie sie genannt wird, lebt mit ihrem Vater, einem autoritären Polizisten, und ihrem einsamen kleinen Bruder in einer der schläfrigen Vorstadtsiedlungen: ein vibrierend lebenshungriges Mädchen, das den stillen Cowboy unwiderstehlich und selbstbewusst in seinen Bann zieht. Doch ihrem Vater ist der arbeitslose Liebhaber seiner Teenager-Tochter, der auch für seinen kleinen Sohn zum Freund wird, höchst suspekt; für ihn ist Harlan ein „Niemand“, dem er den Umgang mit seinen Kindern strikt untersagt. Harlan reagiert darauf mit ähnlicher, erschreckender Rigorosität und drängt Tobe, zusammen mit ihm und ihrem kleinen Bruder aus dem Elternhaus zu fliehen und zu dritt ein neues Leben anzufangen. Als Tobe sich weigert, kommt es zur Katastrophe. Bedauerlich, dass es „Down in the Valley“, der 2005 in Cannes Premiere feierte, nicht zum Kinostart gebracht hat, denn seine bestechenden Bilder der urbanisierten kalifornischen Landschaft, in der Edward Nortons traurig-gefährlicher Cowboy keinen Platz finden kann, hätten eindeutig eine große Leinwand verdient. Der Film arbeitet visuell stark mit Gegensätzen, changiert raffiniert zwischen verschiedenen cineastischen Vorbildern und entwirft damit ein höchst ambivalentes Bild, das den Zuschauer immer wieder zwingt, sein Verhältnis zu den Charakteren zu revidieren: Einerseits nimmt Regisseur und Autor David Jacobson Bezug auf Thriller, in denen ein „böser“ Fremder das Leben einer amerikanischen Durchschnittsfamilie bedroht (wie in „Cape Fear“), andererseits auf die tragischen Rebellenfiguren des New Hollywood (vor allem auf „Badlands“ und „Taxi Driver“). Dessen Anti-Heldenfiguren wird in Nortons Darstellung des Drifters Harlan Referenz erwiesen; gleichzeitig werden sie aber ein Stück weit dekonstruiert – denn es ist keine gänzlich spießige, korrumpierte Gesellschaft, der Harlan sich entgegenstellt und deren passive Aggressivität den gewalttätigen „Befreiungsschlag“ des Cowboys rechtfertigen würde, sondern nur die alltägliche Kleinlichkeit. Und gegen die wären Tobes Lebenslust und renitente Aufsässigkeit, die gepaart sind mit gesundem Menschenverstand, wohl bessere Mittel als die radikale Verweigerung Harlans, die letztlich zu Realitätsverlust und einer Verabsolutierung des eigenen Selbst ausartet. Eine stille und doch spannungsreiche Reflexion über irregehende „American Dreams“, die mit ihrer Kameraarbeit und dank des wunderschön-melancholischen Soundtracks von Peter Salett ebenso überzeugt wie durch ihre großartigen Darsteller, wobei neben Edward Norton, der den Film auch mitproduziert hat, vor allem die Leistung Evan Rachel Woods hervorzuheben ist, die sich wie in „An deiner Schulter“ und „Krass“ in „Down in the Valley“ als willens- und ausdrucksstarke, unkonventionelle Muse des Independent-Kinos empfiehlt.
Kommentar verfassen

Kommentieren