Dem zehnjährigen Lucas Nickle stinkt sein Dasein gewaltig. Seitdem er mit seinen Eltern und der nervtötenden älteren Schwester in die schmucke Siedlung gezogen ist, bleibt ihm im Kampf gegen die Langeweile eigentlich nur noch der Gameboy. Denn die gleichaltrigen Jungs aus der Gegend haben sich als echte Kotzbrocken erwiesen. Von neuen Freunden keine Spur. Also lässt Lucas seinen Frust regelmäßig an den kleinen Krabbeltierchen im Vorgarten aus und setzt mit dem Gartenschlauch einen Ameisenhügel unter Wasser. Doch was für ihn ein Spaß ist, kommt für die kleinen Tiere jedes Mal einer Katastrophe gleich. Weshalb der Rüpel bei ihnen nur noch „Lucas, der Zerstörer“ heißt.
Um dem Terror ein für allemal Einhalt zu gebieten, rührt der Ameisenzauberer Zoc ein Gebräu zusammen, das sie dem schlafenden Aggressor ins Ohr träufeln, wonach dieser auf Insektengröße schrumpft und in den Ameisenbau verschleppt wird. Dort wollen die meisten Bewohner den völlig verdutzten Zwerg am liebsten sofort zum Nachtisch verputzen, doch die weise Königin des Volkes entscheidet sich für die Umerziehung des einstigen Widersachers. Weshalb Lucas erst einmal in die Ameisenschule gesteckt wird und mit der netten Hova eine persönliche Erzieherin bekommt. Schnell, wenn auch nicht immer schmerzfrei lernt Lucas, dass in dieser Welt schon ein Regentropfen einer Überschwemmung gleichkommt und ein achtlos über den Rasen stapfender Mensch das halbe Volk zertrampeln kann. Dabei muss er aber auch erfahren, dass die Ameisen eine Reihe von Techniken zur Abwehr der Gefahren entwickelt haben, die er sich erst mühsam antrainieren muss. Die Idee, einen missliebigen Zeitgenossen unter die Tiere fallen zu lassen, um einen besseren Menschen aus ihm zu machen, ist nicht eben neu. Aber Autor John Nickle hat diese Versuchsanordnung in seinem 1999 erschienenen Kinderbuch „The Ant Bully“ um durchaus originelle Aspekte erweitert. So gelten Ameisen gemeinhin nicht unbedingt als Kuscheltiere. Um sie als Pädagogen für Menschenkinder einsetzen zu können, bedurfte es erst des Tricks mit dem Schrumpfeffekt. Auf der anderen Seite ermöglicht diese Konstellation aber auch, den gepflegten Zierrasen vor dem Reihenhaus als faszinierenden Dschungel voller Gefahren zu entdecken, und das macht sich dieser komplett am Computer animierte Trickfilm zunutze. Es ist ein wuseliger Mikrokosmos, in dem Lucas und die Ameisen von einem Abenteuer ins nächste taumeln. Da gilt es nicht nur, unter größten Gefahren unaufhörlich Futter herbeizuschaffen, sondern auch Killer-Wespen, Kröten und anderen Widersachern zu entkommen. Regisseur John A. Davis zaubert daraus überaus spannende Verfolgungsjagden, die in ihrer rasanten Schnittfrequenz und mit ihren visuellen und akustischen Effekten bisweilen an Science-Fiction-Feuergefechte im Weltraum erinnern. Was für ganz junge Zuschauer allerdings schon etwas zuviel des Guten sein könnte. Zumal die Wespen in mikroskopischer Exaktheit als veritable Monster ins Bild gesetzt werden. Wo es der Film auf der anderen Seite mühelos schafft, Ameisen (und den geläuterten Lucas) als liebenswerte Wesen mit individuellen Charakterzügen zu inszenieren, wird Kleinkindern deren Überleben sehr am Herzen liegen. Doch auf solche Spannungsmomente folgen hier regelmäßig anrührende oder überaus witzige Sequenzen, die immer wieder für Erholung der strapazierten Nerven sorgen. Verglichen mit rundum herzigen deutschen Produktionen wie etwa „Oh, wie schön ist Panama“ (fd 37792) ist dieser Ameisen-Thriller gewiss von anderem, aber durchaus kindgerechtem Kaliber. Wozu auch gehört, dass die humanistische Moral des Ganzen bis auf eine Mini-Sequenz nicht diskursiv ausgebreitet wird, sondern nach allen Regeln der (Animations-)Kunst unterschwellig vermittelt wird. Nicht zuletzt gehört es zu den Qualitäten des Films, dass er nicht auf pseudo-menschelnden Naturalismus setzt (die Menschen sehen aus, als seien sie der Schule des Malers Manfred Deix entwachsen), sondern mit seiner Generierung am PC erfrischend offen umgeht. Außerdem ist man bei der Wahl der deutschen Stimmen endlich einmal nicht auf die einschlägigen Comedians verfallen. Weshalb das Presseheft – bis auf Allzweckblondine Barbara Schöneberger (Zoc) – die durchaus passablen Stimmen nicht für erwähnenswert hält, ist allerdings eine andere Frage. In der amerikanischen Originalversion liehen immerhin Hollywood-Größen wie Julia Roberts, Nicolas Cage und Meryl Streep den Figuren ihre Stimmen.