Eine 40-jährige unverheiratete Muslimin, die in Kanada lebt, besinnt sich auf den Freiheitsgeist ihrer Kindheit und macht die Bekanntschaft eines Christen. Nach und nach distanziert sie sich vorsichtig von den Traditionen ihrer Herkunft, bis sie schließlich bereit ist, über den eigenen Schatten zu springen und ihre Familie vor vollendete Tatsachen zu stellen. Eine romantische Ethno-Komödie, die ihr Potenzial aus dem Gegensatz von orientalischer Lebensfreude und strenger moslemischer Lebensführung bezieht. Trotz des märchenhaften Endes fesselt die unterhaltsame Beschreibung einer gelungenen Integration und Emanzipation.
- Ab 12.
Sabah
Komödie | Kanada 2005 | 90 Minuten
Regie: Ruba Nadda
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Filmdaten
- Originaltitel
- SABAH
- Produktionsland
- Kanada
- Produktionsjahr
- 2005
- Produktionsfirma
- TL Boulton Prod.
- Regie
- Ruba Nadda
- Buch
- Ruba Nadda
- Kamera
- Luc Montpellier
- Musik
- Geoff Bennett · Longo Hai · Ben Johannesen
- Schnitt
- Teresa Hannigan
- Darsteller
- Arsinée Khanjian (Sabah) · Shawn Doyle (Stephen) · Fadia Nadda (Souhaire) · Jeff Seymour (Majid) · Kathryn Winslow (Amal)
- Länge
- 90 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
In einer Kultur, die Ehen aus ökonomischer Vernunft anbahnt, ist die alte Jungfer oft genug ein Synonym für einen freien Geist. Das war in Jane Austens England so, und das ist in heutigen Komödien über den „Clash of civilizations“ nicht viel anders. Ein Hauch aus Austens „Sinn und Sinnlichkeit“ (fd 31 819) weht auch durch Ruba Naddas romantische Komödie „Sabah“, deren moslemische Titelheldin ihren 40. Geburtstag als unverheiratete Frau begeht. Vor Jahren ist ihre Familie aus Syrien nach Kanada eingewandert und hat sich seit dem Tod des Vaters stärker denn je auf ihre Traditionen besonnen. Nach alter Sitte wacht Sabahs jüngerer Bruder Majid über die Familienehre, die vor allem durch die Lebenslust von Sabahs Nichte Souhaire in ihren Grundfesten bedroht erscheint. Wie einst ihre Tante beharrt die junge Frau auf ihrer Willensfreiheit in Beziehungsdingen und lässt den für sie ausgesuchten Anwärter unbesehen durchfallen. Allerdings trüge „Sabah“ den falschen Titel, würde dieses Gefecht zweier Prinzipienreiter tatsächlich im Zentrum stehen. Stattdessen schlägt die Macht der Liebe zu, und das bei derjenigen Figur, die dies am allerwenigsten erwartet. Lange hat sich Sabah in ihre Rolle als Begleiterin der Mutter gefügt, bis ein Kindheitsfoto noch einmal den Freiheitsgeist in ihr weckt. In einem wenig frequentierten Bad vertauscht sie ihr Kopftuch gegen eine Badekappe, um wie in alten Zeiten schwimmen zu gehen. Dass Sabah beim ersten männlichen Gast die Flucht ergreift, hält sie nicht davon ab, zurückzukehren und sich nach einigen Umständlichkeiten sogar mit dem regelmäßig erscheinenden Schreckgespenst in Badehose zu verabreden.
Wie man sich denken kann, bleibt es nicht bei einem Treffen. Sabah ist klug und hübsch, und Stephen, der christliche Agnostiker, weder blind noch von kulturellen Gegensätzen übertrieben eingeschüchtert. Natürlich bemerkt er ihr im Laufe des Films immer luftiger drapiertes Kopftuch, auch entgeht ihm nicht, dass sich seine Begleitung manchmal ängstlich vor einem Passanten duckt. Ein tieferes Verständnis für die Bereitschaft, das eigene Glück der Sitte unterzuordnen, kann man hingegen bei Menschen aus dem westlichen Kulturkreis wohl kaum unterstellen. Irgendwann zwingt Stephen seine Liebe, sich zu entscheiden, und tatsächlich springt Sabah über ihren Schatten, der zugleich der ihrer Herkunft ist.
Der familiäre Konflikt moslemischer Einwandererkinder hat mittlerweile ein eigenes Untergenre in der ethnischen Komödie etabliert. Wie in den stilbildenden britischen Filmen „East is East“ (fd 34 254) und „Kick it like Beckham“ (fd 35 598) wird der glückliche Ausgang auch in „Sabah“ bereits durch den Gegensatz zwischen orientalischer Lebensfreude und strikten moslemischen Lebensnormen vorweggenommen. Je nachdem, in welchem Genre man sich bewegt, zieht das eine inszenatorische Klischee gegenüber dem anderen den Kürzeren. Bei Ruba Nadda kommt hinzu, dass sich Sabahs Familie im entscheidenden Moment fragt, warum sie in der Fremde so viel von ihrer in der Heimat gepflegten Liberalität verloren hat. Weil auch der Bruder seine Fürsorgepflicht als Last empfindet, löst sich am Ende alles schnell in Wohlgefallen auf. Nach den deutschen Debatten um Kopftuchverbot, Zwangsheirat und Fememord kann einem das beinahe schon wieder frivol erscheinen. Vorwerfen sollte man „Sabah“ die gelungene Integration jedoch keineswegs. Schließlich ist es das Vorrecht der Komödie, sich auf den Schwingen der Liebe über die dunkleren Seiten der Realität hinwegzuretten.
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