Dokumentarfilm, in dem sich die auf der Ostseeinsel Usedom lebenden und arbeitenden Künstler Sabine Curio, Volker Köpp, Oskar Manigk und Matthias Wegehaupt über ihre Arbeit sowie ihr Lebens- bzw. Kunstverständnis äußern. Damit begibt er sich auf die stille, sensible Suche nach Selbstvergewisserung sowie nach dem eigenen Standort und verdichtet sich zu einer melancholischen, mitunter skeptischen Daseinsbetrachtung: Die Landschaft wie die Künstler sind bedrängt von aktuellen Strömungen und Tendenzen zur Nivellierung und suchen nach einem unbesetzten Platz, von dem aus sie neue Strukturen schaffen.
- Ab 16.
InselLicht - Usedomer Bilder
Dokumentarfilm | Deutschland 2005 | 94 Minuten
Regie: Heinz Brinkmann
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2005
- Produktionsfirma
- Kruschke Film- und Fernsehprod./Arte Nova (für NDR)
- Regie
- Heinz Brinkmann
- Buch
- Heinz Brinkmann
- Kamera
- Hartmut Schulz · Gunther Becher · Wolfgang Lindig
- Musik
- Manfred Machlitt
- Schnitt
- Karin Gerda Schöning
- Länge
- 94 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb
Diskussion
Wer „Usedomer Bilder“ im Sinne eines touristischen Reiseführers erwartet, wird enttäuscht. Natürlich zeigt Heinz Brinkmann, 1948 in Heringsdorf auf Usedom geboren, Impressionen von der landschaftlichen Schönheit der Insel, vor allem zu Beginn, wenn es darum geht, mit wenigen Strichen einen Argumentationsrahmen zu schaffen. Da sieht man aus der Vogelperspektive die idyllisch gelegene Insel, ihre grenzenlos weiten Sandstrände, die Dörfer, die sich in die Landschaft einfügen, die Getreidefelder, das Achterwasser – damit hat es sich dann fast schon. Später wird es immer wieder Szenen von Autoschlangen geben, die (in der touristischen Hauptsaison) das hoffnungslos überlastete Straßennetz verstopfen – und, in einer langen Kamerafahrt, Ansichten der schick restaurierten Bäderarchitektur, mit der die Strandpromenaden so reich gesegnet ist, und die doch beim Flanieren wie hübsch ausgestellte Kulissen wirkt. Usedom, eine Insel mit einer reichen, bewegten, auch schmerzhaften Geschichte, hat sich herausgeputzt; doch manche, die hier leben, fragen sich: Wo ist noch Platz für uns?
Gleichsam als sensible, aufmerksame und skeptisch-kritische Beobachter der Zeitläufte erscheinen vor allem die Malerinnen und Maler auf Usedom, die Brinkmann aufsucht, vorstellt und ihnen viel Raum für ihre Gedanken und Ansichten gibt. Sie alle stehen in einer langen Tradition von Künstlern, die entweder auf Usedom weilten (etwa Lionel Feininger) oder dort lebten und arbeiteten, wie Otto Manigk, Otto Niemeyer-Holstein, Herbert Wegehaupt oder Rolf Werner. Doch selbst diese „Väter-Generation“, mehr oder minder geprägt durch die rigide Kulturpolitik des DDR-Regimes, hat nur wenige Spuren hinterlassen, sodass die gegenwärtigen Kunstschaffenden leicht resigniert, aber auch verhalten optimistisch feststellen, dass Usedom heute eben eine ganz andere Insel sei als die der Väter. Sabine Curio, Volker Köpp, Oskar Manigk und Matthias Wegehaupt reden zumeist zurückhaltend, fast zögerlich über das Vergangene; wie die Landschaft fühlen auch sie sich bedrängt von den aktuellen Strömungen und schaffen sich Refugien, idyllische Horte des Rückzugs für ihre Arbeit. Diese sei gleichsam ein Echo dessen, was in einem ist; ihre Bilder suchen sich einen noch unbesetzten Platz, schaffen dabei eigene Strukturen, gleichsam als „Spurenbilder“ – das sei ein „Wahnsinnsthema“ unserer Zeit; jeder suche sich den Ort, an dem er leben könne. Das scheint widersinnig: In einer Zeit, in der endlich jeder reisen kann, wohin er will, und ausstellen kann, wo er will, geht der Blick nicht über die Insel hinaus, ist die Suche nach Selbstvergewisserung ins Innere gerichtet. Das ganze Bemühen des Künstlers sei ein Ringen um Bewusstsein, heißt es einmal. Wie diese Maler, so bemüht sich auch der Film darum, einen eigenen Raum für die Kunst zu schaffen. Melancholisch und wehmütig wird Brinkmann dabei oft genug, wenn er zu tastenden musikalischen Klängen in der Tradition eines Erik Satie in „archaischen“ Impressionen verweilt: Gartenidyllen, Krähen im Herbst, stets das Meer, die Wellen am Strand, bevor am Ende, im Winter, das Licht malerischer wird und alles Konkrete vom Nebel verschluckt wird. Man möchte (noch) viel mehr erfahren, als der Film vermittelt, etwa über Historisches wie die „Aktion Rose“ oder Künstlerisches, etwa über das Schaffen von Niemeyer-Holstein oder das Leben der „Gegenwärtigen“ – aber das wären andere Geschichten und Filme, die Brinkmann zum Teil selbst schon erzählt hat (u.a. „Usedom – Ein deutsches Inselleben“, 1992, „Peenemünde“, 2004). In „InselLicht“ geht es primär ums Vergegenwärtigen des Standortes, ums Innehalten und Sammeln, was eine ebenso notwendige wie schwierige Aufgabe ist in Zeiten des nivellierenden Massentourismus, in der sich so manche Identität viel zu schnell auflöst. Insofern ist „InselLicht“ zwischen den Zeilen auch ein wichtiger, höchst brisanter gesellschaftspolitischer Kommentar.
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