Shit Happens Reloaded - Die Comedy-Kurzfilmrolle 2
Komödie | Schweden/Frankreich/Belgien/Norwegen/Deutschland/Ungarn/Großbritannien 1992-2003 | 73 Minuten
Regie: Peter Östlund
Filmdaten
- Produktionsland
- Schweden/Frankreich/Belgien/Norwegen/Deutschland/Ungarn/Großbritannien
- Produktionsjahr
- 1992-2003
- Regie
- Peter Östlund · Sam Karmann · Dirk Belien · Jens Lien · Philippe Orreindy
- Buch
- Christian Roth · Sam Karmann · Johann Verschueren · Philippe Orreindy · Thomas Gaudin
- Kamera
- Daniel Diot · Philip van Volsem · Eric Genevilliars · Nina Werth · Johan Nordström
- Musik
- Jean Mallet · Alan Muller · Alain Marna · Dido Hartwig · Per Carleson
- Schnitt
- Robert Rongier · Alain Dessauvage · Anne Arawecchi · Johannes Ebert · Per Carleson
- Darsteller
- Daniel Rialet · Jacques Martial · Christian Rauth · Brigitte Auber · Patrick Janain
- Länge
- 73 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Komödie
Zwölf Filme also, aus sieben verschiedenen Ländern Europas, zwischen einer und elf Minuten lang, gedreht in den Jahren 1992 bis 2003. Interessant ist es dabei, auf ähnliche Grundkonstellationen und Erzählstrategien zu achten. So ist es kein Zufall, dass viele Filme in öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. auf öffentlichen Plätzen spielen. Im urbanen Zufallschaos lassen sich noch am glaubwürdigsten eher unwahrscheinliche Begegnungen konstruieren, lassen sich klassische Verwechslungen – die uralten Verquickungen des Verkennens und Erkennens, wie sie schon vor mehr als 2000 Jahren von Aristoteles formuliert wurden – konstruieren. In „Ich warte auf den Nächsten“ nimmt eine Passagierin den theatralischen Dialog zweier arbeitsloser Schauspieler in der Pariser Metro für bare Münze und bleibt einsamer denn je zurück. Der verspätete Reisende in „Omnibus“ schafft den Absprung vom falschen Zug, wird aber von einem hilfsbereiten Zeitgenossen im letzten Waggon wieder in den Schienenbus gezerrt. In „Fait D’Hiver“ telefoniert ein heimkehrender Familienvater im Stau mit der falschen Tochter und löst damit eine katastrophale Kettenreaktion aus.
Da der Kurzfilm naturgemäß wenig Zeit zur Verfügung hat, muss er sein Erzählmaterial komprimieren. Ein probates Mittel hierfür besteht in der Parodierung bekannter Genremuster – dadurch erspart sich das Drehbuch umständliche Expositionen, kann quasi auf bereits existierende Erfahrungswerte des Zuschauers aufbauen und diese ironisch unterlaufen. Bezeichnenderweise kommen gleich drei von den vier deutschen Beiträgen auf „Shit Happens Reloaded“ als Parodien daher. Durch zahlreiche Festivaleinsätze fast schon zu so etwas wie Kultfilmen avanciert, benutzt „Das Taschenorgan“ von Carsten Strauch erfolgreich den Duktus von Arzt-Serien (mit der Stimme von Dolly Buster), während „Staplerfahrer Klaus“ von Jörg Wagner und Stefan Prehn die stereotype Machart von Lehrfilmen ins Splattergenre hinüber gleiten lässt. In Sinan Akkus’ „Lassie“ wird dem Film-im- Film-Stoff mit entsprechenden Grenzverwischungen zwischen gespielter und tatsächlicher Wirklichkeit gehuldigt. Eine gleichermaßen potentielle Schwäche wie Stärke des Kurzfilms besteht auch in seinem Hang des Auf-Pointe-Erzählens. Eher misslungene Beispiele tendieren in Richtung verfilmter Witz; talentierte Regisseure vermögen es, überraschende Wendungen präzis anzusetzen und dennoch Raum für Doppelbödigkeiten zu belassen. „Shit Happens Reloaded“ hat eindeutig mehr vom Letzteren. Schön auch, dass es immerhin vier Kurzfilme in dieser Sammlung gibt, die sich dem Druck der Pointe völlig entziehen; so auch der titelgebende Beitrag aus Schweden. Insgesamt erweist sich auch die jüngste Kollektion der Hamburger Kurzfilmagentur wieder als überaus sehenswertes Kompendium der kleinen Form. Wenn sich auch über die Propagierung der Schadenfreude als „immer noch der hellsten Freude“ (wie im Begleitmaterial praktiziert) streiten ließe, fällt die Auswahl handverlesen aus.