Sommersturm
Jugendfilm | Deutschland 2004 | 98 Minuten
Regie: Marco Kreuzpaintner
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2004
- Produktionsfirma
- Claussen & Wöbke Filmproduktion
- Regie
- Marco Kreuzpaintner
- Buch
- Thomas Bahmann · Marco Kreuzpaintner
- Kamera
- Daniel Gottschalk
- Musik
- Niki Reiser
- Schnitt
- Hansjörg Weissbrich · Marco Kreuzpaintner
- Darsteller
- Robert Stadlober (Tobi) · Kostja Ullmann (Achim) · Alicja Bachleda-Curus (Anke) · Tristano Casanova (Georg) · Miriam Morgenstern (Sandra)
- Länge
- 98 Minuten
- Kinostart
- 27.05.2021
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Jugendfilm | Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Während eines Sommercamp mehrerer Rudervereine gerät die Freundschaft zweier Jugendlicher in eine Krise, als einer der beiden mehr als kameradschaftliche Gefühle entwickelt.
Der Vergleich mit Gottschalk/Krüger hinkt zum Glück. Zwar wirken manche Nebenfiguren – besonders der derb-naive Rudertrainer Hansi und die ewig gestrigen Ossis, die im Ferienlager mit trainieren, als seien sie der Gruft deutscher Komödiensünden entstiegen. Mancher Gag bleibt da schon einmal auf dem Niveau eines Kalauers stehen. Und doch findet „Sommersturm“ zu einer sehr eigenen, aparten Atmosphäre, die zwar konsequent auf die gute Laune des Zuschauers abgestimmt ist, aber auch ihre auf charmante Weise provozierenden Momente hat. Kam in den Komödien der frühen 1980er-Jahre beim Thema Homosexualität kaum mehr als ein derber Witz heraus, so zeichnen Marc Kreuzpaintner und sein Co- Autor Thomas Bahmann die Umstände von Tobis schwierigem Coming Out bemerkenswert sicher, ehrlich und amüsant nach. Kaum etwas ist übrig von der tiefgründigen Schwere früherer Filme zu diesem Thema, was sicher auch davon zeugt, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten gesellschaftlich einiges verändert hat.
Einer der größten Pluspunkte von „Sommersturm“ sind die Leistungen der jugendlichen Darsteller, deren unbekümmerte Ausstrahlung der luftig-leichten Inszenierung entspricht. Robert Stadlober als Tobi vermeidet zum Glück seine in manchen anderen Filmen mitunter aufflackernden Manierismen. Das Bewusstwerden der eigenen Neigungen wirkt zwar auf Dauer eine Spur zu geziert, doch die Nöte und Verlokkungen, die ihm das Ferienlager bereiten, vermitteln sich – zumal unter den Bedingungen der komödiantischen Pointierung – durchaus glaubwürdig. Während Tobis Freundschaft zu Achim immer weiter in die Krise gerät, findet er in Leo, einem Mitglied des Berliner Ruderclubs „Queerschlag“, einen Vertrauten. Damit ist zwar noch nicht alles ausgestanden, aber zumindest gelingt es Tobi nun, sich zu seinen Gefühlen zu bekennen. Obwohl Achims Figur wie auch die der beiden Mädchen in der Charakterisierung etwas ungenau bleiben, entwickelt sich besonders zwischen zwei Nebenfiguren eine brisante Beziehung, die dem Film wiederholt reizvoll-doppelbödige Situationen beschert. Georg, Sohn des Club-Präsidenten und erklärter, ja rabiater Homo- Gegner, gerät ins Visier von Malte, einem weiteren Mitglied der „Queerschläger“. Malte, eine Art „Womanizer“ unter umgekehrten Vorzeichen, gibt vor seinen Kameraden an, noch jeden Hetero herumgekriegt zu haben – und so schleicht er sich an Georg heran, was für einige Turbulenzen sorgt. Hanno Koffler, der das breite Perlweiß-Lächeln eines Peter Kraus an den Tag legt, ist die Überraschung des Films. Ihm gelingt es, Malte mit kraftstrotzender Vitalität und selbstironischem Charme auszustatten, sodass er neben Stadlober zum Star des Films avanciert.
Den Publikumspreis des Münchner Filmfests hat „Sommersturm“ bereits eingeheimst. Ob es zu einem regelrechten Sturm an den Kinokassen reicht, bleibt abzuwarten. Immerhin hat der Film neben der erfolgreichen Produktionsfirma, die auf überdurchschnittliche deutsche Kinoware spezialisiert ist, auch einen gut positionierten Verleih im Rücken. Dem ist es zuzutrauen, dass „Sommersturm“ bei entsprechendem Aufwand zumindest das Publikum mobilisiert, das sich auch für Hans-Christian Schmids „Crazy“ (fd 34 303) begeistern konnte. An diesen erinnert „Sommersturm“ am ehesten, auch wenn Schmids Film doch von der größeren Reife des Regisseurs zeugt.