Kleine Freiheit (2003)
Jugendfilm | Deutschland 2003 | 102 Minuten
Regie: Yüksel Yavuz
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2003
- Produktionsfirma
- Cotta Media/Peter Stockhaus Filmprod./ZDF
- Regie
- Yüksel Yavuz
- Buch
- Yüksel Yavuz
- Kamera
- Patrick Orth
- Musik
- Ali Ecber
- Schnitt
- Lars Späth
- Darsteller
- Cagdas Bozkurt (Baran) · Leroy Delmar (Chernor) · Necmettin Cobanoglu · Sunay Girisken · Nazmi Kirik
- Länge
- 102 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Jugendfilm | Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Das Leben der beiden Protagonisten bewegt sich zwischen Monotonie, Hektik und Stagnation, und der Film vermittelt trotz schneller Bewegungen und Schnitte, sowie einer Kamera, die den beiden stets folgt, trotz aller Aktionen und Handlungssprünge den Eindruck einer fast zeitlosen Lethargie – denn Baran und Chernor leben in einer Zwischenwelt am Rande einer Gesellschaft, die sie nicht haben will und ihnen jede Entwicklung verweigert. Barans hoffnungsund perspektivlose Gegenwart scheint einen Sinn zu erhalten, als er in einem älteren Mann im Restaurant den Dorfbewohner wiederzuerkennen glaubt, der für den Tod seiner Eltern verantwortlich war. Fast beiläufig und ohne jede vordergründige Agitation erzählt „Kleine Freiheit“ vom Leben in der Fremde, vom Exil und Überleben in der Illegalität – ohne falsches Pathos, aber doch mit einem faszinierend neuen Blick auf Zwischenwelten innerhalb des vermeintlich Vertrauten, eine Welt der Immigranten mit ihren Wünschen, Hoffnungen und traumatischen Vergangenheiten. Wie etwa die von Alma, einer jungen bosnischen Frau und der besten Freundin von Baran und Chernor. Deutsche kommen in diesem Mikrokosmos allenfalls als Zaungäste, Restaurantbesucher oder Polizisten vor. Für Regisseur Yavuz, der sich als deutschen Regisseur kurdischer Herkunft versteht, ist das die für viele Immigranten stimmige Realität. Dabei greift der 39-Jährige auf eigene Erfahrungen zurück; geboren im kurdischen Teil der Türkei, kam er mit 18 Jahren nach Hamburg, wo sein Vater auf einer Werft arbeitete. Yavuz bekam einen Job in einer Wurstfabrik, studierte später an der Hochschule für Wirtschaft und Politik und anschließend an der Hochschule für bildende Künste.
Wie „Aprilkinder“ erzählt auch „Kleine Freiheit“ von einer nur wenig wahrgenommenen Normalität zwischen den Welten: Baran lebt zwischen der Erinnerung an die Familie im fernen Kurdistan und seinem gegenwärtigen Leben in Hamburg, quasi zwischen den Zeiten – zwischen der Sehnsucht nach seiner Vergangenheit, der unsicheren Gegenwart und einer offenen Zukunft, zwischen Nostalgie und Überlebenswillen, Hoffnung und Gleichgültigkeit. Dabei ist er inmitten der multikulturellen Normalität der dritten und vierten Immigrantengeneration der Außenseiter – als Illegaler ist er für die Etablierten ein Fremdkörper. Der Film besticht durch seine natürliche Darstellung, die detailreiche Inszenierung des sozialen Umfeldes und die Spontaneität seiner Hauptund Nebenfiguren. Der Regisseur besetzte viele Rollen mit Laien, beide Hauptdarsteller sind Hamburger Schüler. Zudem fasziniert „Kleine Freiheit“ durch einen fast heiteren Realismus sowie die genaue Beobachtung der Wirklichkeit – die Authentizität des sozialen Umfeldes. Die Protagonisten stecken voller sympathischer Widersprüche, jenseits von Gut und Böse – eine unprätentiöse Zustandbeschreibung jenseits politischer Larmoyanz und Sozialarbeiterpose.