Die Klasse von '99 - Schule war gestern - Leben ist jetzt

Drama | Deutschland 2003 | 94 Minuten

Regie: Marco Petry

Drei Jahre nach dem Abitur kehrt ein Studienabbrecher, der sich in der Sicherheit des Polizeiberufes eingerichtet hat, in seine Heimatstadt und zu seiner alten Clique zurück. Zunächst scheint alles unverändert, und man nimmt den alten Trott wieder auf, doch dann offenbaren sich Widersprüche. Brenzlig wird es, als sich der Heimkehrer in Drogengeschäfte einspannen lässt und der Schmugglerring aufzufliegen droht. Atmosphärisch dicht inszenierte Jugendgeschichte, die sich durch die genaue Beobachtung des Milieus auszeichnet. Dabei kommt dem Film zugute, dass er die Geschichte völlig unaufgeregt erzählt und die Haltungen der Protagonisten eher beiläufig hinterfragt. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
Modesto/Constantin/Bavaria/Taurus
Regie
Marco Petry
Buch
Marco Petry
Kamera
Axel Block
Schnitt
Barbara von Weitershausen
Darsteller
Matthias Schweighöfer (Felix) · Tim Sander (Sören) · Anna Bertheau (Simona) · Axel Stein (Schmidt) · Thomas Schmieder (Hausschild)
Länge
94 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen Audiokommentar des Regisseurs und des Produzenten Bernd Krause sowie ein kommentiertes Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen.

Verleih DVD
Highlight Video (16:9, 2.35:1, DD5.1 dt.)
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Diskussion
Felix ist wieder in der Stadt. Gleich nach dem Abitur hat er ein Studium begonnen, kurz darauf wieder abgebrochen und ist zur Polizei gegangen. Drei Jahre ist das jetzt her. Felix’ Mutter ist gar nicht begeistert, dass der Sohn plötzlich wieder bei ihr einzieht, und sie hat auch keine Lust, sich seine unentschlossenen Reflexionen anzuhören. Dafür scheinen Teile der alten Cilque aus der Schulzeit nur auf Felix gewartet zu haben. Da ist der großspurige Sören, der bei einem Immobilienmakler arbeitet, gerade seine Traumwohnung entdeckt hat und sich die nötigen Geldmittel für seinen aufwändigen Lebensstil dadurch beschafft, dass er Ecstasy-Pillen über die holländische Grenze schmuggelt. Da ist der Kiffer Hausschild, der genauso unentschlossen seiner Zukunft gegenüber steht wie Felix, der für diese Einsicht aber nicht erst aus dem Haus zu gehen braucht. Da ist der aufgekratzte Schmidt, der den Bauernhof seines Vaters übernehmen soll und bis dahin seine Runden im großartig ausgestatteten Ford Escort zieht. Schließlich ist da Felix’ alte Liebe Simona, die jetzt mit Sören zusammen ist – was eigentlich gegen die Absprache von damals ist, aber nach all den Jahren nur noch wenig stört. Oberflächlich betrachtet hat sich nicht allzu viel verändert; man trifft sich, feiert, redet viel über alte Zeiten. Eines Tages bittet Sören Felix, ihm bei einem Drogenschmuggel zu helfen; es gäbe kein Risiko, dafür aber ordentlich Geld. Widerstrebend und mit Skrupeln, die wenig mit Polizeiethos zu tun haben, lässt sich Felix auf die Sache ein, die dann auch reibungslos verläuft. Beim zweiten Mal geht es nicht mehr so glatt, was vielleicht damit zu tun hat, dass sich die alten Verhältnisse mit der Zeit doch widersprüchlicher zeigen als erwartet. Felix verguckt sich wieder in Simona, Sören erweist sich als oberflächlicher, mitunter cholerischer Angeber. Bei der Arbeit lernt Felix den jungen Mario und den schon älteren Küppers kennen, mit denen er teilweise bessere, für ihn ergiebigere Gespräche führen kann. Von Mario erfährt er, dass Sörens Dealer überwacht wird und eine Festnahme unmittelbar bevorsteht. So beginnt eine Nacht, in der Felix für sich selbst reinen Tisch macht.

Der Filmtitel erinnert an Indiziertes und verheißt nichts Gutes, zumal man aus dem Hause Constantin oft genug schon mit Profundem wie „Feuer, Eis & Dosenbier“ (fd 35 287) und „Harte Jungs“ (fd 34 180) versorgt wurde; auch Darsteller wie Axel Stein oder Tim Sander sind einschlägig „vorbelastet“. Zugleich aber leistet sich Constantin auch Qualitätsware wie diesen Film von Marco Petry, der ein Nachfolger, aber keine Fortsetzung seines Erfolgs „Schule“ (fd 34 600) ist. Schnell merkt man, dass hier einer eine Geschichte erzählt, bei der er sich auskennt und es glücklicherweise nicht nötig hat, sie mit Klischees oder billigen Witzen aufzupeppen. Bleibt zu hoffen, dass sich das Zielpublikum nicht mit falschen Erwartungen in diesen kleinen, stimmigen Film begibt.

Wie schon Michael Gutmanns „Herz im Kopf“ (fd 35 438) hilft es auch diesem Film enorm, dass er in der Provinz spielt, wo nicht das schicke Milieu der gepierceten, tätowierten DJs mit ihren Freunden aus der Werbebranche das Bild bestimmen, sondern präzis recherchierte (oder erinnerte) Details für einen gehörigen Schuss Realismus in Geschichten mit „normaler“ Fallhöhe sorgen. Wer verlässt seinen Geburtsort wann und warum? Wer bleibt und warum? Welche Faktoren bestimmen diese Entscheidungen? Kann oder muss man sogar diese Entscheidungen herauszögern, kann man den Moment verpassen, vielleicht gar aus Freundschaft? Felix hat seine Heimatstadt womöglich zu früh verlassen, schon die Entscheidung für den geregelten Polizeidienst ist eigentlich das Eingeständnis der eigenen Überforderung. Daheim scheinen die alten, Sicherheit verheißenden Strukturen noch intakt, was sich aber als oberflächliche Einschätzung erweist. Atmosphärisch dicht zeigt der Film ein unglamouröses, gleichmäßig dahinlebendes Milieu zwischen der Arbeit im Reisebüro, Polizeidienst und Großraumdisco, das durch Felix’ Eltern und den älteren Polizisten Küppers noch differenziert wird. Die Wohnungen sind eingerichtet, aber nicht „designt“, Drogenkonsum ist ganz selbstverständlich, auch für einen jungen Polizisten. Jemand wie Simona hat sich eingerichtet, andere leben den Alltagstrott und lassen – wie Schmidt – am Wochenende die „Sau raus“. Dass Felix an einem gewissen Punkt spürt, dass er mit einem ethischen Konflikt konfrontiert ist, dass er Verantwortung für sein Handeln übernehmen muss und Nostalgie nicht die Basis von Freundschaft sein kann, das reicht aus, um einen spannenden Film über das normale Leben von Jugendlichen in Deutschland zu inszenieren.

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