Eine an einem See lebende junge Frau, die sich in allen Belangen um männliche Wochenendausflügler und Angler kümmert, lernt einen lebensmüden Mann kennen, der auf der Flucht vor der Polizei ist, weil er seine Frau und ihren Liebhaber erschoss. Ein gedanklich kühner Liebesfilm, bei dem lyrische Momente unvermittelt in erschreckend brutale Szenen übergehen. Ohne an der Psychologie und Motivation seiner Protagonisten interessiert zu sein, thematisiert er mit großer Ernsthaftigkeit die Verzweiflung zweier Menschen, wobei er eine eigentümliche Sogwirkung entwickelt. (O.m.d.U.)
Sehenswert.
The Isle
Drama | Südkorea 2000 | 90 Minuten
Regie: Ki-duk Kim
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Filmdaten
- Originaltitel
- SEOM
- Produktionsland
- Südkorea
- Produktionsjahr
- 2000
- Produktionsfirma
- Myung Film
- Regie
- Ki-duk Kim
- Buch
- Ki-duk Kim
- Kamera
- Shikwhang Suh
- Musik
- Yoonjeon Sang
- Schnitt
- Kyeong Min-Ho
- Darsteller
- Jung Suh (Hee-Jin) · Kim Yoosuk (Hyun-Shik) · Park Sung-hee (Eun-A) · Cho Jae Hyun (Mang-Chee) · Jang Hang-Seon (Mann im mittleren Alter)
- Länge
- 90 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 16; f
- Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert.
- Genre
- Drama | Liebesfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Ein Nebel verhangener, abgelegener See in den frühen Morgenstunden. Auf dem Wasser dümpeln kleine, bunt gestrichene Hausboote, die der stillen Idylle etwas Malerisches verleihen. Am diesem See lebt die junge Hee-Jin unter der Woche praktisch allein mit ihrem Hund. Lediglich an den Wochenenden kommen Männer aus irgendeiner nahen Stadt an den See. Sie mieten sich eines der Hausboote, betrinken sich und versuchen ihr Glück als Angler. Hee-Jin beliefert sie mit Lebensmitteln, Ködern und Prostituierten; und hin und wieder verkauft sie ihnen auch ihren eigenen Körper, um ihren kargen Lohn aufzubessern. Eines Tages taucht mit Hyun-Shik ein merkwürdiger Gast am See auf. Der junge Mann kommt allein, mietet sich gleich für länger ein Hausboot und verbringt seine Tage damit, wortlos aufs Wasser zu starren. Der geheimnisvolle Fremde weckt zunehmend Hee-Jins Interesse. Was sie nicht ahnt: Der Mann ist auf der Flucht vor der Polizei und nicht minder vor sich selbst, weil er seine Frau und ihren Liebhaber getötet hat. Als sie sich eines Abends lautlos seinem Boot nähert, sieht sie, wie er sich gerade eine Pistole an den Kopf setzt. Kurz entschlossen attackiert sie ihn aus einem Hinterhalt und verschwindet so plötzlich, wie sie gekommen ist. Der Lebensmüde lässt von seinem Vorhaben; in den folgenden Tagen sieht man ihn sogar angeln und kleine Spielzeuge aus Draht herstellen. Doch als Hee-Jin ihn besucht, um endlich mehr über ihn zu erfahren, fällt er brutal über sie her. Sie flieht, und Hyun-Shik lässt sich anschließend eine Prostituierte schicken. Dann taucht die Polizei am See auf, um eine Routine-Kontrolle durchzuführen. Hyun-Shik gerät in Panik, und da jeder Fluchtversuch aussichtslos scheint, versucht er, sich das Leben zu nehmen, indem er mehrere Angelhaken verschluckt. In letzter Sekunde rettet Hee-Jin ihm erneut das Leben.
Es gibt wahrlich einfachere Wege zwei Liebende zueinander zu bringen als den, den der koreanische Autor und Regisseur Kim Ki-Duk hier beschreitet. Selbst für eine „amour fou“ springt er mit der Logik der Gefühle reichlich kühn um. Dennoch entwickelt die Geschichte zunehmend einen Sog, der man sich schwerlich entziehen kann. Dabei setzt Kim Ki-Duk vor allem auf eine atmosphärische Dichte, bei der hinreißend schöne, geradezu idyllische Sequenzen unversehens mit erschreckend brutalen Szenen wechseln. Gäben die Totalen des Sees mit seinen bunten, nach wohl durchdachtem Prinzip gestrichenen Booten pittoreske Kalenderblätter ab, so bricht das gänzlich triviale Treiben der Wochenend-Angler, quasi Eindringlinge in Hee-Jins Welt, regelmäßig die Idylle. Desgleichen wechseln zwischen den beiden verzweifelt liebenden Hauptfiguren Szenen von großer Zärtlichkeit mit (selbst-)zerstörerischen Gewaltausbrüchen. Zwar ist Hyun-Shiks zweiter Suizidversuch mit den Angelhaken vergleichsweise dezent gefilmt, aber schon die bloße Imagination dürfte hier nicht nur bei zart besaiteten Zuschauern (mindestens) eine Gänsehaut verursachen; und die Art, in der hier manche Figuren ihren Frust an lebenden Fischen auslassen, macht den Film gewiss nicht zur Empfehlung für Tierfreunde.
Dass Gewalt hier lediglich als kalkuliertes Schockelement eingesetzt würde, kann man dem Film dennoch nicht vorwerfen. „The Isle“ ist ein filmisch ernsthafter (und ernst zu nehmender) Versuch der Dramatik und Verzweiflung einer außergewöhnlichen Liebesbeziehung, der einen in seiner verstörenden Intensität einigermaßen verwirrt im Kinosessel zurück lässt. Zumal Kim Ki-Duk sich wenig mit Erklärungen oder gar Psychologisierungen aufhält. Aus der Vergangenheit des Mannes erfährt man kaum mehr, als dass er einen Doppelmord aus Eifersucht begangen hat, und was die Frau in ihrem wortlosen Tun am See an- und umtreibt, bleibt gänzlich rätselhaft. Doch wirklich störend fallen hier lediglich jene grotesken Einlagen ins Gewicht, die immer wieder eingestreut werden, als sei dem Regisseur (Jhrg. 1960) sein eigenes Drama nicht ganz geheuer. Ob da ein Verletzter mit der Angelroute aus dem Wasser geborgen wird oder ein Wochendend-Besucher per Handy mit seinem Kind daheim telefoniert, während er auf der Freiluft-Toilette sitzt – mit solch albernen Einlagen läuft Kim Ki-Duk bisweilen Gefahr, sich um die Früchte seiner ansonsten durchaus sehenswerten Arbeit zu bringen.
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