Dokumentarfilm, der die extrem bedrohte Landschaft Kirgistans und seine Bewohner porträtiert. Nachdem die Bodenschätze der zentralasiatischen Republik lange nur unsystematisch gefördert wurden, machen sich nun kanadische Bergbau-Unternehmen an deren intensive Ausbeutung. Dadurch droht das Gleichgewicht der Region ausgehebelt zu werden. Der unter Mitwirkung des Schriftstellers Tschingis Aitmatow entstandene Film zeigt beide Seiten des Status quo: großartige Landschaften mit darin nach uralten Gepflogenheiten lebenden Menschen sowie den Vormarsch des industriellen Raubbaus. (O.m.d.U.)
- Sehenswert ab 12.
Wo der Himmel die Erde berührt
Dokumentarfilm | Deutschland 1999 | 83 Minuten
Regie: Frank Müller
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 1999
- Produktionsfirma
- Cine-Dok/Euroarts International
- Regie
- Frank Müller
- Buch
- Frank Müller
- Kamera
- Frank Müller
- Musik
- Nurlan Nischanov
- Schnitt
- Frank Müller
- Länge
- 83 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 12.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Das in Zentralasien, zwischen China, Tadschikistan, Kasachstan und Usbekistan gelegene Kirgistan existiert als unabhängige Republik erst seit 1991. Fast scheint es, als sei die wirtschaftlich ineffiziente Sowjetunion ein Segen für die Landschaft der zwischen zwei Bergmassiven eingeschlossenen Region gewesen. Denn die gewaltigen Goldvorkommen erfuhren über Jahrhunderte hinweg nur eine sporadische Ausbeutung - erst jetzt holen westliche Unternehmen zum forcierten Zugriff aus. Namentlich eine kanadische Bergbaufirma geht mit fast täglich vorgenommenen Sprengungen den Minen zu Leibe, Transportwege werden in die Wildnis geschlagen, massenhaft Arbeitskräfte rekrutiert. Durch den eher nachlässigen Umgang mit gefährlichen Substanzen wurden bereits erste Todesopfer verzeichnet. Doch die wirklich verheerenden Folgeerscheinungen sind noch nicht abzusehen - vermutlich wird das ökologische Gleichgewicht in der einst abgelegenen Gegend für immer aus den Angeln gehoben. Frank Müller begibt sich mitten hinein in diese Situation des Umbruchs. Sehr genau wird die momentane Phase der Ambivalenz zwischen noch vorhandenem Einklang zwischen Mensch und Natur und dem irreversiblen Raubbau durch fortschreitende Industrialisierung protokolliert.Noch gibt es sie, die fast berauschenden Panoramen aus Gebirgsformationen mit ihrer archaischen Vegetation, scheinbar unberührt: ein belagertes Paradies. Der Mensch, eben noch ein Lebewesen unter anderen, wirft sich zum Herrscher auf, wie überall sonst auch. Die exotisch anmutenden Bilder des nomadischen Lebens, Inbegriff eines irdischen Zu-Gast-Seins, gehören endgültig der Vergangenheit an. Und die protokollierende Kamera selbst ist ja bereits Bestandteil der technokratischen Okkupation. Nicht erst seit „Nanook the Eskimo“ fungieren Filmemacher als Vorhut der Landnahme. Wenn auch die Dokumentaristen individuell dabei die lautersten Absichten verfolgen, sind sie dennoch personifizierte Bestätigungen des ebenso alten wie wahren Satzes, dass wir stets das zerstören, was wir am meisten lieben. Müller weiß um seine Funktion, neigt nur selten dazu, die Bilder vom nomadischen Alltag zu idealsieren. So sieht man in aller Ausführlichkeit Rituale, die man in früheren Reiseberichten als „barbarisch“ eingestuft hätte - gleichzeitig wird klar, dass die so genannte Zivilisation zu noch viel größerer Barbarei in der Lage ist. Müller hätte angesichts der Stärke der von ihm gefundenen Bilder sogar noch konsequenter auf Kontrastmontagen verzichten können. Kein geringerer als Tschingis Aitmatow, Verfasser wegweisender, weil ideologiefreier Romane wie „Der weiße Dampfer“ oder „Die Richtstatt“, hat sich als Schirmherr des Projekts zur Verfügung gestellt. Der kirgisische Schriftsteller Aitmatow hat in dem fast 40 Jahre jüngeren Kollegen aus Deutschland offenbar das Talent erkannt, mit unverstelltem Blick wesentliche Problemzusammenhänge zu erfassen, oszillierend zwischen Exotik und Universalität. Dies hatte Müller, Absolvent der Ludwigsburger Filmakademie, bereits in seinem preisgekrönten Kurzfilm „Heimatgefühle“ (1996) unter Beweis gestellt.
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