Dokumentarisches Road Movie über drei Konzertreisen des Schweizer Maultrommelspielers Anton Bruhin, einem Meister seines Fachs. Im Mittelpunkt steht die rhythmische Musik, deren große Vielfalt von traditionellen Weisen bis zu avantgardistischen Konzerten reicht. Ein sinnenfrohes audiovisuelles Essay, das den Künstler über seine Musik definiert und deren völkerverbindende Kraft deutlich ins Bild setzt.
- Ab 12.
trümpi - Anton Bruhin, der Maultrommler
- | Schweiz/Deutschland 1999 | 70 Minuten
Regie: Iwan P. Schumacher
Kommentieren
Filmdaten
- Originaltitel
- TRÜMPI - ANTON BRUHIN, DER MAULTROMMLER
- Produktionsland
- Schweiz/Deutschland
- Produktionsjahr
- 1999
- Produktionsfirma
- Ventura Film/DRS/3sat
- Regie
- Iwan P. Schumacher
- Buch
- Iwan P. Schumacher
- Kamera
- Otmar Schmid
- Musik
- Anton Bruhin · u.a.
- Schnitt
- Anja Bombelli
Diskussion
Trümpi heißt in der Schweiz, was Österreicher „Brummeisen“ und Amerikaner und Engländer „Jew’s harp“ nennen. Auf Deutsch: Maultrommel. Um dieses Instrument dreht sich alles in Iwan Schumachers Dokumentarfilm, genauer um den Mann, der es spielt. Anton Bruhin, 1949 in Lachen SZ geboren, gilt als Meister seines Fachs, und Schumacher begleitet ihn auf drei Konzertreisen, die zugleich eine Begegnung verschiedener Kulturen über diese so eigentümlich klingende „Mundharfe“ darstellen. Ein Road Movie entsteht, ein Trip per Bahn, Flugzeug, Bus, Auto und vor allem auf den rhythmischen Schwingen des kleinen, stählernen Hufeisens mit der eingefügten Metallzunge, die vom Spieler gezupft wird. Die Fahrt beginnt in Bruhins Heimat, der Schweiz, führt dann nach Sakha-Jakutien in Sibirien, wo die Maultrommel von alters her eine besondere folkloristische wie rituelle Bedeutung hat und fest in der Bevölkerung verwurzelt ist. Endstation und Höhepunkt bilden die Konzerte in Japan. Hier beobachtet Schumachers Team die Proben zum Musiktheater „Khomus, I’m shaking my head too“ des Avantgardekünstlers Makigami Koichi, der Bruhin für die Uraufführung gewinnen konnte und dem Schweizer Gelegenheit gab, vornehmlich eigene Stücke einzufügen. All diese Informationen entnimmt man dem Pressetext und nur rudimentär dem Film. Schumacher erklärt nichts, lässt Bruhin weder erzählen noch einen Kommentator aus dem Off sprechen. Genauso wenig referiert er die Kulturgeschichte des Instruments, obwohl sich das bei einer langen Geschichte, die bis in die frühchristlichen Jahrhunderte zurückreicht, bestens angeboten hätte.Solchen Verzicht wird man - je nach Erwartung - als Gewinn oder als Manko empfinden. Der Film macht den Zuschauer zum stillen Beobachter, der sieht, was vorgeht, ohne überliefertes Wissen oder Meinungen kennen zu lernen. Darauf kommt es Schumacher offenbar nicht an. Er will nicht belehren, keine nüchterne Dokumentation abliefern, um stattdessen einen audiovisuellen Essay zu inszenieren, der Geduld und einen Sinn für den ruhigen Bilder- und Klangfluss erfordert. Bei genauem Hinsehen erfährt man quasi unter der Hand trotzdem einiges über die Maultrommel: wie sie geschmiedet wird oder dass es verschiedene Größen und Formen gibt. Diverse Stimmungen sind zu hören, wie überhaupt das Maultrommeln sowohl mit begleitenden Instrumenten als auch solo die häufigste Klangkulisse abgibt. Für Anton Bruhin, der auch als Maler hervortritt, sind Folklore und experimentelle Geräuschkunst keine Gegensätze. Auf seinen vibrierenden Maultrommeln beherrscht er Avantgarde und Schweizer Volksmusik gleichermaßen und greift sogar zu elektrischen Verfremdungen, um die begrenzten Klangmöglichkeiten seines Instruments zu erweitern. Schumacher nähert sich dem Musiker nicht über dessen Biografie, sondern definiert den Künstler über seine Musik, deren universal verbindende Kraft deutlich ins Bild gebracht wird. Immer wieder sucht die Kamera Gesichter, zeigt ebenso herzliche wie gesellige Szenen, beobachtet Musikanten oder erfreut sich am Blickfang der kunstvoll verzierten Sakha-Trachten. So ist der Film auch eine Fahrt zu Menschen, die in verschiedenen Kulturkreisen, in ländlichen oder städtischen Gegenden leben. Im Film geht die Reise nach Stoos in der Schweiz, nach Sakha-Jakutien in Sibirien und nach Tokio in Japan. Aber gemeint sind nicht nur diese Nationalitäten, sondern die Bewohner überall auf der Welt. Schließlich ist die Maultrommel rund um den Globus beheimatet.
Kommentar verfassen