Kiriku und die Zauberin

Kinderfilm | Frankreich/Belgien 1998 | 74 Minuten

Regie: Michel Ocelot

Ein winziges, soeben erst auf die Welt gekommenes Kind macht sich sorg- und angstlos auf, um sein afrikanisches Heimatdorf aus der Gewalt einer bösen Hexe zu befreien. Ein für Kinder konzipierter Zeichentrickfilm, angesiedelt zwischen munter erzähltem Abenteuer-Märchen und mythischer Legende. In betörend schönen Farben und Bildern, die sich auf die bildende Kunst des afrikanischen Kontinents beziehen, entwickelt er eine archaische Fabel um Zivilcourage, Liebe und Gerechtigkeit, die in ihrer Klarheit sowohl Kinder als auch Erwachsene zu fesseln vermag. (Kinotipp der katholischen Filmkritik; Fortsetzung: "Kiriku und die wilden Tiere", 2005) - Sehenswert ab 6.
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Filmdaten

Originaltitel
KIRIKOU ET LA SORCIERE
Produktionsland
Frankreich/Belgien
Produktionsjahr
1998
Produktionsfirma
Les Armateurs/Odec Kid Cartoons/Monipoly/Trans Europe/Studio O/France 3 Cinéma/R.T.B.F./Exposure
Regie
Michel Ocelot
Buch
Michel Ocelot
Musik
Youssou N'Dour
Schnitt
Dominique Lefever
Länge
74 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 6.
Genre
Kinderfilm | Zeichentrick
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Kinowelt (1.66:1, DS dt.)
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Diskussion
Fernab der bekannt turbulenten Animation Disneyscher Prägung suchte dieser Zeichentrickfilm für Kinder nach einer ganz anderen Inspirationsquelle und fand sie in der Ruhe und Klarheit eines westafrikanischen Märchenstoffs. So schlicht und „rein“ die Fabel um den kleinen tapferen Kiriku erscheint, so klar und ruhig, farbenprächtig und „unschuldig“ sind die Bilder, die von Ferne ein wenig an die Gauguinschen Südsee-Impressionen erinnern, wenngleich Farbigkeit und Gestaltung eindeutig der bildenden Kunst des afrikanischen Kontinents entnommen sind. Mag die Faszination angesichts dieser „exotischen“ Bilderwelten viel mit ihrer Fremdheit und Unverbrauchtheit zu tun haben, so sind die Themen und Inhalte, die die Fabel vermittelt, von geradezu archaischer Allgemeingültigkeit und umkreisen einen generellen Wertekanon des menschlichen Miteinanders, bei dem es um Zivilcourage, Aufrichtigkeit, Liebe und Gerechtigkeit geht; um positive Kräfte also, die über Missgunst, Misstrauen, Rachegefühle und Ungerechtigkeit triumphieren und am Ende tatsächlich zu einer wahrlich paradiesischen Befriedung des Lebensraumes führen. Der kleine Kiriku ist dabei eine Gestalt von frappant einleuchtender Doppelgesichtigkeit: einerseits mythisches Wesen, das über alles allzu Menschliche erhaben ist und dem Bösen ebenso mutig wie vorurteilsfrei gegenüber tritt, andererseits ganz keckes Kind, das nicht auf den Mund gefallen ist und mit seinem selbstbewussten Handeln vorbehaltlos zur Identifikationsfigur für ein kindliches Publikum wird. Bereits im Bauch seiner klugen, freigeistigen Mutter beginnt Kiriku zu sprechen, entbindet sich quasi selbst und macht sich unmittelbar danach als babygroßer Winzling auf, um gegen die hasserfüllte Zauberin Karaba anzutreten, die in einer Höhle regiert, aus Kirikus Dorf nahezu alle Männer gestohlen hat, die lebenswichtige Quelle versiegen ließ, den Frauen ihr Gold nahm und mit einem Heer fetischartiger Diener die absolute Kontrolle ausübt. Während die übrigen Dorfbewohner lamentieren und resignieren, forscht Kiriku nach dem „Warum“: Warum ist Karaba so böse? Warum wehrt sich keiner gegen sie? In turbulenten Abenteuern, bei denen ihm die Tiere zu Freunden werden und sein weiser Großvater zur spirituellen Erkenntnisquelle wird, nähert sich Kiriku immer mehr der vermeintlich bösen Zauberin an – nicht, um sie zu besiegen oder gar zu töten, sondern um sie zu befreien und um zu ihrer und seiner eigenen Verwandlung in „neue“, sich in Liebe zugetane Menschen beizutragen.

Die Klarheit und feierliche Naivität dieser Fabel sind bestechend, nicht zuletzt weil sich hier auf so natürliche Weise Mythisches im alltäglich Menschlichen spiegelt, sich das Alltägliche wiederum als Reflex auf das Göttlich-Wunderbare erweist. Indem die Menschen alles Kleinmütige und Kleingeistige überwinden, erheben sie sich zu angstfreien Wesen im Antlitz einer würdigen und würdevollen Existenz auf Erden. Kiriku, das winzige Kind, wird zum Vordenker und Katalysator für diese Entwicklung, dies ohne große Pamphlete, vielmehr ganz kindlich-direkt, sorg- und angstlos, amüsant und erfrischend frech, so dass nie der Eindruck entsteht, diese Kunstfigur könne für abgehobene Thesen missbraucht werden. Visuell ist „Kiriku“ eine Augenweide: Wenn Kiriku mit seinem Onkel unter den blutroten Bäumen einer Allee hindurch zieht, wenn er sich durch an Scherenschnittkunst erinnernde unterirdische Gänge gräbt oder wenn sich der unter dem bösen Einfluss der Zauberin sterbende Wald auf wundersame Weise regeneriert, um den Wandel zum Guten zu verdeutlichen, dann macht die Seele wahre Luftsprünge in einem Kinderfilm, der mehr Klugheit besitzt als mancher Film für Erwachsene und gerade deshalb diese ebenso fesseln wird wie das ganz junge Publikum.
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