Der König der Masken

Drama | VR China/Hongkong 1996 | 101 Minuten

Regie: Wu Tian-Ming

Ein alter chinesischer Maskenspieler möchte zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine Kunst an einen Schüler weitergeben. Das elternlose Kind, das er einem Händler abkauft, erweist sich jedoch als Mädchen, das er laut Tradition nicht in das Geheimnis der Masken einweihen darf. Ein formal und inhaltlich beeindruckender Film, der mit dem sorgsamen Einsatz von warmen Farben das Anliegen des Wanderkünstlers umsetzt, durch sein Spiel Hoffnung und Licht in den unwirtlichen Alltag zu bringen. Zugleich handelt er von der Diskriminierung der Frauen und wirbt für eine tolerante Menschlichkeit sowie für Vertrauen in die eigenen Gefühle. (O.m.d.U.) - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
THE KING OF MASKS | BIAN LIAN
Produktionsland
VR China/Hongkong
Produktionsjahr
1996
Produktionsfirma
Shaw Brothers
Regie
Wu Tian-Ming
Buch
Wei Minglun
Kamera
Mu Da-Yuan
Musik
Zhao Jiping
Schnitt
Hui Yu Lan
Darsteller
Chu Yuk (Bian Lin Wang, der König der Masken) · Chao Yim Yin (Doggie) · Zhang Riuyang (Tien Che) · Zhao Zhigang (Liang Sao Lang)
Länge
101 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
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Diskussion
Ein Erwachsener und ein Kind sind eine beliebte Paarung im Kino und werden von Regisseuren gern gemeinsam auf die Reise geschickt, beispielsweise in John Cassavetes’ „Gloria, die Gangsterbraut“ (fd 22 640) oder im diesjährigen „Berlinale“-Gewinner „Central do Brasil“ von Walter Salles. Der chinesische Regisseur Wu Tian Ming, der zu den Unterstützern des Studentenprotestes gehörte, läßt in seinem nach acht Exiljahren wieder in seinem Heimatland entstandenen Spielfilm „Der König der Masken“ den alten Straßenkünstler Wang und das achtjährige Mädchen Doggie zusammen durch das China des beginnenden 20. Jahrhunderts ziehen. In dieser fast nur als Grau- und Brauntönen bestehenden unwirtlichen Welt herrscht ein harter Kampf um das tägliche Überleben. Den Sinn seiner althergebrachten Maskenkunst sieht Wang darin, in das kalte Diesseits ein wenig Wärme zu bringen, was farbdramaturgisch ab und zu Spuren von Blau oder Rot in die monochrome Düsternis bringt. Mit ihrer Farbenpracht wirken zwei in die Handlung integrierte Peking-Oper-Szenen buchstäblich wie ein Schock und machen den Unterschied zwischen den melodramatischen Handlungen und der Tristesse des Alltags augenfällig.

In dem festen Glauben, Doggie sei ein Junge, hat Wang, dessen leiblicher Sohn früh verstorben ist, das aufgeweckte Mädchen einem Händler abgekauft. Denn der „König der Masken“ braucht dringend einen Nachfolger: Als letzter seiner Zunft beherrscht er die Fähigkeit, selbstgemalte Gesichtsmasken so schnell zu wechseln, daß es für Zuschauer wie reine Magie erscheint. Doggie soll sein Schüler werden – und ihm abends den juckenden Rücken kratzen. Doch die Tradition verlangt, daß nur ein männlicher Erbe in das Geheimnis eingeweiht werden darf. Als Wang Doggies wahres Geschlecht entdeckt, verstößt er sie; erst der todesmutige Einsatz des Mädchens erweicht sein gar nicht so hartes Herz. Zwar darf sie ihn fortan nicht mehr Großvater, sondern nur noch „Boß“ nennen, doch sie kann ihn als Köchin und Haushaltshilfe gemeinsam mit dem treuen Affen General weiter begleiten. Der Wanderkünstler bringt ihr sogar einige akrobatische Kunststücke bei, um sie von Almosen unabhängig zu machen. Doggies Neugierde, mehr über das wohlgehütete Mysterium der Masken zu erfahren, verursacht ein Feuer, bei dem fast das gesamtes Hab und Gut von Wang verbrennt. Um ihren folgenschweren Fehler wieder gut zu machen, führt das Mädchen Wang einen Waisenjungen zu. Ein verhängnisvoller Irrtum, denn dieser entpuppt sich als der entführte Sohn reicher Eltern. Ehe sich Wang versieht, wird er als Kindesentführer zum Tode verurteilt. Doch erneut rettet ihn Doggie unter Einsatz ihres Lebens, indem sie die Fiktion der Peking-Oper mit ihren melodramatischen Handlungen für einen Moment (filmische) Wirklichkeit werden läßt.

Der Subtext des Films erzählt von der Starrheit der Traditionen und der Diskriminierung der Frauen. Demgegenüber setzt er seine Forderung nach einer toleranten Menschlichkeit und dem Vertrauen in die eigenen Gefühle. Die beiden gleichberechtigten Hauptfiguren Wang und Doggie verkörpern zwei unterschiedliche Generationen von Chinesen, zwei verschiedenartige Lebenseinstellungen: Während der alte Mann sich resignativ in sein Schicksal fügt, kämpft das Mädchen als Hoffnungsträger verzweifelt und mit aller Kraft gegen die Ungerechtigkeit und um das Leben seines Meisters. Die Kamera beobachtet beide während des gesamten Films aus großer Distanz und filmt sie vorwiegend in halbnahen Einstellungen. Erst als Wang seine Vorurteile aufgibt und Doggie seine Kunst lehrt, sind sie in Großaufnahmen zu sehen. Es spricht für Wu Tian Mings Respekts vor seinen Figuren, daß das Geheimnis des „Königs der Masken“ auch gegenüber dem Zuschauer gewahrt bleibt, doch übertreibt er die Schlußapotheose, wenn er das unterschiedliche Gespann nicht nur zum ersten Mal glücklich und befreit lachend, sondern gemeinsam am Bootsruder stehend zeigt.
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