Eine Wohnung, zwei befreundete Ehepaare. Bevor man zum gemeinsamen Abendessen aulbricht, verkünden Jack und Sally ihre Trennung nach langer, scheinbar glücklicher Ehe. Eine Welt bricht zusammen - nicht für Jack oder Sally, sondern für Judy, die die Gelassenheit ihrer Freunde und ihres eigenen Ehemanns Gabe nur noch mehr aus der Fassung bringt. Später am Abend, nach verkorkstem Dinner, werden Judy und Gabe einmal mehr ihre ungelösten Probleme wälzen, die sich am offenkundigsten in einer kinderlosen Ehe manifestieren.In einer einzigen Szene faßt Woody Allen das "Programm" seines 22. Films zusammen. Jacks und Sallys Trennung ist der Stein, der - einmal ins Wasser geworfen - die ruhige Oberfläche aufwühlt und immer weitere Kreise um sich zieht, ehe schließlich ein neuer Zustand der Ruhe erreicht werden kann, nicht minder anfällig als der vorausgegangene. Auch formal legt sich Allen frühzeitig fest. Carlo Di Palmas "hautnahe" verwackelte Handkamera, die abrupten Reiß-Schwenks von der aufgebrachten Judy zum Rest der Gruppe, Einrichtungsgegenstände, die den Blick auf die sprechenden Personen verstellen, später die wiederholten ..jump cuts" während der Monologe seiner Protagonisten - Allen bereichert die stilistische Vielfalt seines Oeuvres um eine Huldigung an die Anfänge der Nouvelle Vague. Wahrhaftigkeit der Figuren und das Bekenntnis zur Künstlichkeit des Mediums Film liegen in "Ehemänner und Ehefrauen" dicht zusammen. (Daß der Zuschauer den Stilwillen des Regisseurs bisweilen allerdings derart penetrant eingebläut bekommt, daß man sich der Seekrankheit nahe fühlt, ist das einzige große Manko des Films.) Selbst dort, wo sich die Kamera quasi-dokumentarisch den Figuren nähert, ihnen Kommentare zum Geschehen entlockt, führt Allen jeden Anspruch auf "Objektivität" ad absurdum. Die Position der Kamera ist die Position des Psychoanalytikers, nicht die des unbeteiligten Chronisten. Wahrheit existiert nur subjektiv, ändert sich ständig und widerspricht anderen Wahrheiten. Nicht umsonst treten unbeteiligte Figuren wie Judys längst geschiedener Ex-Mann auf den Plan, um zu widersprechen und geradezurücken, wo ein emotionaler Sachverhalt in allzu eindeutigem Licht erscheint."Ehemänner und Ehefrauen" handelt von den Fragen nach der Beständigkeit der Liebe, nach der Essenz einer guten Beziehung, nach der Doppelbödigkeit des scheinbar Verläßlichen. Trotz Trennung wähnt sich Sally hintergangen angesichts Jacks zielstrebiger Romanze mit seiner Aerobic-Lehrerin; Judy zieht sich zurück, als Gabe endlich auf ihren Kinderwunsch eingeht; Gabe und seine Schülerin April suchen das Spiel mit dem Feuer im vollen Bewußtsein, alte Fehler zu wiederholen;Judy verkuppelt Sally mit Michael, in den sie eigentlich selbst verliebt ist... Allens Stadtneurotiker der 70er Jahre sind älter geworden, aber nicht unbedingt weiser. Auf Phasen der Ruhe und Stabilität folgen zwangsläufig wieder jene des verzweifelten Suchens getreu dem Motto, daß der Regisseur seinem Film voranstellt: Gott treibt vielleicht kein Würfelspiel mit den Menschen, aber er spielt Verstecken. "Ehemänner und Ehefrauen" ist daher noch mehr als die meisten Allen-Filme letztlich traurig und ratlos. Traurig wie das Gesicht Sallys, wenn sie sich entschließt, zu ihrem alten Leben mit Jack zurückzukehren. Ratlos wie Gabe, der sich für eine Weile "aus dem Rennen zurückziehen" will. Immerhin scheint die leicht resignative Grundstimmung Allens Humor beflügelt zu haben. Denn urkomisch sind seine traurigen Helden allemal, und wer über sich selbst lachen kann, findet in "Ehemänner und Ehefrauen" viel Anlaß zu Lachen. Das Schauspielerensemble ist (selbst für Allens Verhältnisse) vom Allerfeinsten, wobei nicht zuletzt der "Amateur" Sidney Pollack eine wahrhaftig anrührende Vorstellung bietet.