Tim Burtons „Beetlejuice Beetlejuice“ eröffnet am 28. August die 81. „Mostra internazionale d’arte cinematografica“ in Venedig. Und auch darüber hinaus prunkt das Programm einmal mehr mit Star-Glamour aus Hollywood. Neben internationalen Regiegrößen wie Luca Guadagnino, Pedro Almodóvar und Athina Rachel Tsangari hat es zwar kein deutscher Film in den Wettbewerb geschafft, doch in Nebensektionen laufen unter anderem Arbeiten von Andres Veiel und Tim Fehlbaum.
Es wird
einmal mehr glamourös am Lido, wenn sich ab 28. August für zehn Tage der rote
Teppich vorm Palazzo del Cinema am Lido mit Gästen füllt. Eröffnet wird die 81.
Ausgabe der „Mostra internazionale del arte cinematografica“ 2024 von einem
vielerwarteten Hollywood-Highlight: Mit „Beetlejuice Beetlejuice“
greift Tim Burton noch einmal jenen Horrorkomödien-Stoff auf, der
ihm 1988 seinen Durchbruch bescherte; neben Burton selbst werden zur
feierlichen Premiere auch seine Stars Winona Ryder und Michael Keaton in Venedig zu Gast sein. Und in Burtons, Ryders und Keatons
Fahrwasser folgen in den weiteren Festivaltagen noch diverse andere Hollywood-Größen.
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Wie „Beetlejuice Beetlejuice“ wird außer Konkurrenz neben Werken von Marco Bellocchio, Lav Diaz, Takeshi Kitano und Harmony Korine der neue Film von Jon Watts mit dem Titel „Wolfs“ Premiere feiern, und zu dessen illustrem Ensemble gehören nicht nur Brad Pitt und Amy Ryan, sondern auch Venedigs Lieblings-Hollywoodstar George Clooney. Unter den Filmen, die 2024 den Wettbewerb bestücken, ist derweil „Joker: Folie à Deux“. Nachdem Regisseur Todd Phillips 2019 bereits seine düster-intensive DC-Comicverfilmung „Joker“ in Venedig mit vollem Erfolg der Weltöffentlichkeit präsentiert und dafür prompt den „Goldenen Löwen“ abgesahnt hatte, wundert es nicht, dass er nun auch mit dem Folgefilm an den Lido zurückkehrt. Neben Joaquin Phoenix als düster-tragischer Antiheld Joker wird diesmal Lady Gaga als dessen Zunächst-Therapeutin, dann Gefährtin Dr. Harleen Quinzel alias Harley Quinn im Zentrum der Geschichte stehen.
Brady Corbet kehrt mit „The Brutalist“ an den Lido zurück
Regelmäßige Besucher der „Mostra“ dürften sich nicht zuletzt auf ein Wiedersehen mit der Filmkunst von Brady Corbet freuen. Nachdem der Ausnahme-Filmemacher in früheren Venedig-Jahrgängen sowohl mit „Childhood of a Leader“ (2015) als auch mit „Vox Lux“ (2018) für Höhepunkte gesorgt hatte, hat er sich mit seinem nächsten Opus viel Zeit gelassen. Schon seit Langem geistern Gerüchte um sein Projekt „The Brutalist“ durch die Filmszene, nun ist es endlich so weit: Der Film, in dem unter anderem Adrien Brody,Felicity Jones und Guy Pearce mitwirken, wird ebenfalls im Wettbewerb der 81. „Mostra“ zu sehen sein. Die Handlung kreist um einen Architekten, der zusammen mit seiner Frau 1947 aus dem vom Zweiten Weltkrieg verheerten Europa in die USA emigriert.
Man darf gespannt sein, was Corbet aus dieser Mär um einen Epochenumbruch macht, deren Titel sich auf den ab den 1950er-Jahren florierenden, Beton-seligen Baustil des Brutalismus bezieht und deren Hauptfigur Laszlo Toth nach jenem Mann benannt ist, der 1972 durch Vandalismus an Michelangelos „Piéta“, dieser steingewordenen Verkörperung abendländischer Kunstideale, in die Geschichte eingegangen ist.
Starpower
Auch Regisseure wie Pablo Larraín, Luca Guadagnino und Pedro Almodóvar flirten in ihren neuen Arbeiten, die im Wettbewerb von Venedig laufen, mit dem Star-Glamour made in Hollywood. Der Chilene Pablo Larraín, der sich bereits mehrmals an ikonischen Frauenfiguren des 20. Jahrhunderts abgearbeitet hat, bringt nach seinen Biopics über First Lady Jackie Kennedy („Jackie“) und Prinzessin Diana („Spencer“) nun seine jüngste Arbeit „Maria“ an den Lido, in der Angelina Jolie in die Rolle von Operndiva Maria Callas schlüpft und deren letzten Tagen im Paris der 1970er-Jahre, kurz vor Callas’ Tod 1977, nachspürt. Italiens Regiestar Luca Guadagnino, dessen letzter Film „Challengers“ 2023 eigentlich das Festival in Venedig hätte eröffnen sollen, dann wegen des Streiks in Hollywood aber zurückgenommen wurde, ist nun mit „Queer“ im Wettbewerb vertreten, einer Adaption von William S. Burroughs’ gleichnamigem Kurzroman um eine Community von US-Amerikanern, die in den frühen 1950er-Jahren in Mexiko-Stadt eine Alternative zum Leben in den USA gesucht haben. Als Darsteller sind unter anderem „007“-Star Daniel Craig sowie Jason Schwartzman an Bord. Pedro Almodóvar liefert mit „The Room Next Door“ eine weitere englischsprachige Arbeit mit internationaler Star-Besetzung ab, in der sich unter anderem Tilda Swinton und Julianne Moore die Ehre geben. Im Zentrum: Eine konfliktreiche Mutter-Tochter-Beziehung und eine gemeinsame Freundin beider Parteien.
Neben reichlich europäischen Regiegrößen, zu denen unter anderem auch der Italiener Gianni Amelio (mit „Campo di Battaglia“), die Georgierin Dea Kulumbegashvili (mit „April“) und der Franzose Emmanuel Mouret (mit „Trois Amies“) gehören, und neben Filmemachern vom amerikanischen Kontinent wie Todd Phillips, Pablo Larraín und Walter Salles (mit „I’m Still Here“) sind auch wieder einige spannende asiatische Regisseure vertreten. Dazu gehört nicht zuletzt der Chinese Wang Bing, ein schonungsloser Chronist sozialer Schieflagen in seiner Heimat, der zunächst Anfang August beim Filmfestival in Locarno seinen Film „Qing Chun (Ku)“/„Youth (Hard Times“) vorstellt, um danach im Wettbewerb der „Mostra“ den Anschlussfilm „Qing Chun Gui“/„Youth – Homecoming“ zu präsentieren.
Weibliche Regisseure sind in der Wettbewerbsauswahl einmal mehr stark in der Minderheit. Die Griechin Athina Rachel Tsangari – eine jener Filmemacher:innen, die wie Yorgos Lanthimos im Zug der „Neuen griechischen Welle“ in den 2010er-Jahren international von sich reden machten – ist mit ihrem Film „Harvest“ eine dieser Wenigen. Rund um Caleb Landry Jones in der Hauptrolle, der letztes Jahr als „DogMan“ am Lido gefeiert wurde, entfaltet sich ihr Film (laut Infos der Filmstiftung NRW, die ihn gefördert hat) als „tragikomische Version eines Western“.
Deutsche Beiträge
Die Produkte der deutschen Kinobrache haben es, abgesehen von solchen deutsch geförderten Werken, einmal mehr nicht in die Konkurrenz um die „Löwen“ von Venedig geschafft. Immerhin: Mit Julia von Heinz sitzt eine deutsche Filmemacherin in der von Isabelle Huppert geleiteten internationalen Jury, die 2024 über die Vergabe der Festivalpreise entscheiden darf. Und in den Nebensektionen finden sich insgesamt 17 deutsche Produktionen und Koproduktionen. Spannend dürfte nicht zuletzt „Riefenstahl“ werden, Andres Veiels dokumentarische Auseinandersetzung mit Deutschland berühmt-berüchtigtster Regisseurin Leni Riefenstahl, deren Dokumentarfilm „Triumph des Willens“ (1935) über den NS-Parteitag in Nürnberg, bei dem Hitlers Getreue als ornamentale Masse aufmarschierten und der „Führer“ selbst sich wie ein Messias feiern ließ, eines der markantesten Beispiele dafür ist, wie sich das Medium Film in den Propaganda-Apparat der Nazis einspannen ließ. Die Doku läuft in Venedig außer Konkurrenz.
In der „Orizzonti“-Sektion ist außerdem „September 5“ zu sehen, der neue Film von Tim Fehlbaum, der bereits mit seinen dystopischen Zukunftsfilmen „Hell“ und „Tides“ starke Talentproben abgeliefert hatte. Sein neuer Film wendet sich nun der Vergangenheit zu: Es geht um eine Crew des US-Senders ABC, die im Sommer 1972 von den Olympischen Spielen in München berichtet, dann aber vor unerwarteten Herausforderungen steht, als das Sportereignis zum Rahmen eines Geiseldramas wird, als palästinensische Terroristen israelische Sportler in ihre Gewalt bringen. Als Darsteller wirken unter anderem Peter Sarsgaard und Leonie Benesch mit.
Nachdem im Frühjahr bereits das Filmfestival in Cannes mit einem Jahrgang aufgewartet hat, der sich besonders illuster ausmachte, haben sich die Programmgestalter der „Mostra“ offensichtlich alle Mühe gegeben, dem möglichst wenig nachzustehen. Dass Festivaldirektor Alberto Barbera, der es bestens verstanden hat, sein Festival auf Augenhöhe mit der Konkurrenz von der Croisette zu halten, im Frühjahr 2024 seinen Vertrag für die künstlerische Leitung der „Mostra“ bis 2026 verlängert hat, verspricht das Festival erstmal auf einem guten Kurs zu halten. Wenn dann ab 2026 über den Posten wieder neu entschieden werden muss, bleibt nur zu hoffen, dass der Einfluss der Rechtsaußen-Regierung unter Giorgia Meloni, der Italiens Kulturszene schon genug Schaden zugefügt hat, das Gesicht des Festivals nicht hässlich verzerren wird. Die nächsten Parlamentswahlen in Italien finden leider erst im Spätjahr 2027 statt.