Dokumentarfilm über das Drei-Sterne-Restaurant von Michel Bras, einem der einflussreichsten Köche der Welt, im französischen Aubrac. Bras will zukünftig beruflich kürzer treten und die Leitung des exquisiten Unternehmens an seinen Sohn abgeben; für diesen ist es jedoch nicht einfach, aus dem Schatten des Vaters herauszutreten. Der Film begleitet diesen Prozess und porträtiert sensibel eine komplexe Vater-Sohn-Beziehung sowie den kreativen Ansatz ihrer Küche, die eng mit der Region verwurzelt ist. Daraus entwickelt sich eine sinnlich-impressionistische Familiengeschichte. (O.m.d.U.)
- Ab 12.
Entre Les Bras - 3 Sterne. 2 Generationen. 1 Küche
Dokumentarfilm | Frankreich 2011 | 93 (24 B./sec.)/90 (25 B./sec.) Minuten
Regie: Paul Lacoste
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Filmdaten
- Originaltitel
- ENTRE LES BRAS
- Produktionsland
- Frankreich
- Produktionsjahr
- 2011
- Produktionsfirma
- Everybody on the Deck/Le-Lokal Prod./Jour2Fête/Hérodiale
- Regie
- Paul Lacoste
- Buch
- Paul Lacoste
- Kamera
- Yvan Quéhec
- Musik
- Karol Baffa
- Schnitt
- Anthony Brinig
- Länge
- 93 (24 B.
sec.)
90 (25 B.
sec.) Minuten - Kinostart
- 09.08.2012
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
„Gut, dass mir der Reis-Teig gelungen ist! Machen wir gleich noch einen – für den ‚grand chef’!“ Dieser „grand chef“ hört auf den Namen Michel Bras und gehört seit vielen Jahren zu den einflussreichsten Köchen der Welt. Schon seit 1999 trägt sein Restaurant in Laguiole drei Michelin-Sterne. Der hier vom „grand chef“ spricht, heißt Sébastien und ist der längst erwachsene Sohn des Chefs. Nachdem Sébastien nunmehr seit 15 Jahren als Koch bei seinem Vater arbeitet, scheint es für Michel Bras, Jahrgang 1946, angezeigt, etwas kürzer zu treten und den Stab an seinen Sohn weiter zu reichen.
Ein Gourmet-Tempel wechselt den Chef. Das impliziert mehrere Probleme: Michel will zwar kürzer treten, aber gewiss nicht in Rente gehen. Er bleibt im Hintergrund präsent. Überpräsent. Michel hat als Autodidakt begonnen und sich seinen Ruhm selbst erarbeitet. Seine Ehefrau und die Mutter Sébastiens weiß: „Es ist leichter, sich hoch zu arbeiten als oben zu bleiben.“ Sie beneidet ihren Sohn und ihre Schwiegertochter nicht um die Aufgabe, der sie sich zu stellen haben. In jedem normalen Handwerksbetrieb wäre diese Generationenfolge ein Problem; unter den Bedingungen der Sterne-Gastronomie muss man sich die Probleme um ein Vielfaches potenziert vorstellen. Der Regisseur Paul Lacoste hat diesen Prozess mit der Kamera begleitet und sich dazu entschieden, seinen Dokumentarfilm auf mehreren Ebenen erzählen zu lassen.
So erzählt der Film vom Verhältnis von Vater und Sohn, teilweise mit groteskem Humor, denn dieses Verhältnis ist nicht entspannt, kann nicht entspannt sein. Wenn das Restaurant seinen Ruf und seine Sterne behalten will, dann muss Sébastien der Küche seine eigene Handschrift verpassen. Kopieren darf er seinen Vater nicht, das wäre nicht hinreichend kreativ. In einer herrlichen Szene stellt der Sohn dem Vater eine neue Kreation vor: Michel reagiert zunächst sehr reserviert, nörgelt an allem herum, weiß aber tatsächlich auch vieles besser. „Es schmeckt besser als erwartet!“, lautet schließlich das vergiftete Lob – und Michel grinst verstohlen in die Kamera. Vater und Sohn präsentieren sich als bestens eingespieltes „Odd Couple“.
Doch der Film will noch mehr, weitet sich zur impressionistischen Familiengeschichte, erzählt von der Landschaft des Aubrac im Südwesten Frankreichs. Dort hat Michel Bras seine Vision einer regionalen Cuisine entwickelt, die mit regionalen Produkten eine fantastische Palette an Texturen entwickelt hat. Seine Küche ist gewissermaßen der Gegenentwurf zur Molekularküche eines Ferran Adrià, die ja unlängst auch zum Gegenstand der Dokumentation „El Bulli: Cooking in Progress“ (fd 40 642) wurde. Die beiden Köche mögen unterschiedlich sein, die kreativen Prozesse in ihren Küchen sind es nicht. Immer wieder wird man in diesem Film Zeuge, wie Speisen angerichtet werden.
Einmal erklärt Michel Sébastien: „Zunächst einmal isst das Auge. Es steckt ein Gedanke dahinter, aber den muss man erst einmal kapieren!“ Es ist nicht so, dass Sébastien dies nicht längst gewusst hätte. Wusste er doch schon sehr früh in seinem Leben, dass er in die Fußstapfen des
Vaters treten wollte; und letztlich demonstriert Lacostes Film eindringlich, dass Vater und Sohn trotz des Gefrotzels ziemlich mit sich selbst im Reinen sind – und im Einklang mit der Landschaft, die sie inspiriert und versorgt. Schließlich sieht man Michels Enkelkinder beim Gemüseputzen – und beim Musizieren. Es gibt also noch Optionen.
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