Let's Make MONEY

Dokumentarfilm | Österreich 2008 | 107 Minuten

Regie: Erwin Wagenhofer

Eine anschauliche Expedition in den Dschungel der internationalen Finanzwelt und ihre dubiosen Praktiken, die den aktuellen Kollaps der Weltwirtschaft fast zwangsläufig verursachen mussten. Dabei geht es nicht allein um die Methoden, mit denen täglich Abermilliarden Dollar um den Globus gejagt werden, sondern vor allem um die desaströsen Folgen des deregulierten Geldhandels für die Menschen weltweit. Ein aufwändig recherchierter, über weite Strecken erhellender Film, der sich nahtlos in die Reihe der dokumentarischen Globalisierungskritik der letzten Jahre fügt. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
LET'S MAKE MONEY
Produktionsland
Österreich
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
Allegro Film
Regie
Erwin Wagenhofer
Buch
Erwin Wagenhofer
Kamera
Erwin Wagenhofer
Musik
Helmut Neugebauer
Länge
107 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Diskussion
Erwin Wagenhofer dürfte zu den wenigen Menschen gehören, die den aktuellen Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten mit ambivalenten Gefühlen gegenüberstehen. Einerseits liefert ihm der derzeitige Börsencrash eine ideale Werbe-Kampagne zum Start seines neuen Dokumentarfilms quasi frei Haus und wird vermutlich auch Menschen ins Kino locken, die sich bis vor wenigen Wochen kaum für die spröde Materie interessierten; andererseits hätte der Autor und Regisseur die neuesten Entwicklungen für seinen Film womöglich noch gern berücksichtigt. Gleichwohl: Zurückzunehmen bräuchte er von seinem Material kaum eine Szene. Seine Expedition in den Dschungel der internationalen Finanzwelt führt die dubiosen Praktiken, mit denen dort täglich Milliarden Dollar von Investoren und Spekulanten um den Erdball gejagt werden (oder wurden), so anschaulich vor, dass der momentane Kollaps bisweilen wie eine unausweichliche Konsequenz erscheint. Nachdem Wagenhofer in seinem Dokumentarfilm „We Feed the World – Essen global“ (fd 37 595) die industrielle Nahrungsmittelproduktion im Zeitalter der Globalisierung unter die Lupe nahm, folgt er nun den Strömen des Geldes, wofür er erneut um den halben Globus reiste. Der Trip beginnt in Ghana, wo mit modernster Technik in einer Mine aus Gesteinsbrocken Gold gewonnen wird. Kaum ist das Edelmetall zu handlichen Barren geformt, landet die wertvolle Fracht auch schon zur Veredelung in der Schweiz, wo laut Insert 97 Prozent des Gewinns verbleiben, während für Ghana lediglich der magere Rest abfällt. In der nächsten Sequenz sieht und hört man den Präsidenten von Templeton Emerging Markets, einem mächtigen Investment-Fonds, in Singapur die Globalisierung preisen und seine Überzeugung kundtun, dass ein Investor nicht für die Ethik einer Firma verantwortlich sei, in die er investiert. Was auch der österreichische Unternehmer Mirko Kovats, der im indischen Chennai, dem früheren Madras, ein Unternehmen betreibt, ganz ähnlich sieht. So lobt er das Fehlen von Umweltschutzauflagen und anderen Reglementierungen durch den indischen Staat, droht seinen Arbeitern aber zugleich, die Produktion in andere, noch billigere Länder zu verlegen, so sie ihre Lohnforderungen nicht mäßigen sollten. Auch wenn Kovats als Person noch weitgehend dem Bild vom bösen Kapitalisten alter Prägung entspricht, bemüht sich Wagenhofer deutlich zu machen, in welchem Maße sich die Ausbeutung von Ländern der Dritten Welt im Zeitalter der Globalisierung von der früherer Jahre unterscheidet, obwohl sie für die Betroffenen vor Ort kaum anders erscheint. Da er auf jeden Off-Kommentar verzichtet, braucht er Experten, um die neuen Dimensionen der ebenso abstrakten wie komplexen Welt der zirkulierenden Finanzströme zu erklären; Menschen wie den Bundestagsabgeordneten und Träger des Alternativen Nobelpreises Hermann Scheer, oder John Christensen, der einst als Wirtschaftsberater der Steueroase Jersey arbeitete, danach quasi die Seite wechselte und heute als Direktor von Tax Justice Network zu den profilierten Kritikern des Neoliberalismus gehört. Löblicherweise skizziert der Film mit seiner Hilfe auch die historischen Ursachen für den Boom des Investmentfiebers, die in der zu Zeiten von Ronald Reagan und Margret Thatcher massiv betriebenen Deregulierung der Märkte in den 1970er-Jahren liegen. Die brisantesten Statements kommen von John Perkins, der freimütig darüber plaudert, wie er einst als so genannter Wirtschaftskiller mit seinen Kollegen im Auftrag der US-Regierung Länder der Dritten Welt systematisch in den Ruin bzw. in die ökonomische und politische Abhängigkeit von den USA trieb. Meist unter Beteiligung der Weltbank, deren fatale Praxis der Kreditvergabe mit Privatisierungsauflagen der Film am Beispiel der Baumwollproduktion in Burkina Faso deutlich macht. Warum Investoren mit weitgehend leer stehenden Luxus-Wohnparks an der andalusischen Küste viel Geld verdienten (inzwischen dürfte auch diese Immobilien-Blase geplatzt sein), versteht man als Laie nicht so ganz, immerhin aber liefern die weißen Geisterstädte mit ihren Golfplätzen spektakuläre Bilder des Raubbaus an der Natur. Wie überhaupt der durch Zwischentitel in mehrere Kapitel unterteilte Film in seiner Montage vorwiegend auf Kontraste setzt, Täter und Opfer (die kaum zu Wort kommen) der Entwicklung gegeneinander schneidet oder, wo immer es möglich ist, beide Seiten in einem Bild festhält – seien es riesige Werbeplakate für Luxusgüter über Slum-Hütten oder sei es eine Armenküche in unmittelbarer Nähe der Weltbank-Zentrale in Washington. Dies ist eine ebenso effektvolle wie konventionelle dokumentarische Technik, deren ethischer Impetus gewiss untadelig ist, bisweilen aber allzu sehr an eine Kapitalismuskritik alter Schule gemahnt. Gleichwohl ist „Let’s make MONEY“ ein aufwändig recherchierter, über weite Strecken erhellender Film, der sich nahtlos in die Reihe der dokumentarischen Globalisierungskritik der letzten Jahre fügt.
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