Tierra
Drama | Spanien 1996 | 123 Minuten
Regie: Julio Medem
Filmdaten
- Originaltitel
- TIERRA
- Produktionsland
- Spanien
- Produktionsjahr
- 1996
- Produktionsfirma
- Sogetel/Lolafilms
- Regie
- Julio Medem
- Buch
- Julio Medem
- Kamera
- Javier Aguirresarobe
- Musik
- Alberto Iglesias
- Schnitt
- Iván Aledo
- Darsteller
- Carmelo Gómez (Angel Bengoelxeo) · Emma Suárez (Angela) · Karra Elejalde (Patricio) · Silke (Mari) · Nancho Novo (Alberto)
- Länge
- 123 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Genre
- Drama
Vom Blitz getroffen liegt ein Bauer auf dem Feld, als Angel gerade vorbei fährt, zufällig wahrscheinlich. Kaum beugt sich Angel über ihn, erwacht der Bauer, und Angel erklärt ihm, wie er die Visionen zu deuten hat, die ihm im Zwischenreich zwischen Himmel und Erde widerfahren sind. Genau in diesem Zwischenreich bewegt sich der frühe Filme von Julio Medem („Die Liebenden des Polarkreises“, fd 34 523; „Lucia und der Sex“, fd 35 553). „’Tierra’ ist eine Insel“, sagt Medem und meint, mit dem Titel und dem Schauplatz seines Films ein imaginäres Land, in dem Bekanntes und Unbekanntes, Leben und Tod nicht klar getrennt, wo Wirkliches und Eingebildetes schwer zu unterscheiden sind – was im Grunde auf jeden von Medems Filmen zutrifft. Auf den ersten Blick ist „Tierra“ die klassische Geschichte des Fremden, der das Zusammenleben in einem Dorf verändert: durch seine unvoreingenommene Sicht der Dinge, die Magie seiner Worte und Taten, seine Erotik. Aber Angel verändert nicht nur die Perspektive der Dorfbewohner, sondern auch die des Publikums. Eben noch hielt man ihn für einen Spinner, dann schließt man die Möglichkeit, es könne sich tatsächlich um ein Halbwesen zwischen Mensch und Engel handeln, nicht mehr ganz aus. Angel erklärt sich und den Zuschauern das Universum, die Zusammenhänge zwischen dem Leben in und auf der Erde; und es sind keine absurden Gedanken, die ihn bewegen, sondern Ideen, die den Blick von der Erde heben lassen. Es sind auch nicht seine Ansichten noch ist es seine Arbeit als Läusevernichter, die ihm Ärger einbringen, sondern ganz irdische Konflikte, in die er hinein gerät: die Liebe zu Angela, scheinbar also Engel wie er, und zur Motorradbraut Mari, die der Bauer beide für sich beansprucht, sowie das Geld, aufgrund dessen der Bauer eine Gruppe von Zigeunern als Diebe beschuldigt.
Auf diesem Gebieten ist Angel zweifellos überfordert. Was aber seine Fähigkeit angeht, gerade das irdische Leben zu transzendieren, wirkt er wie ein Götterbote, ein Heilsbringer, und wird entsprechend verkannt. Als Nährboden für diese Art der schwülstigen, erotisch aufgeladenen, verführerischen Metaphysik hat Medem einmal mehr eine ganz eigene Landschaft eingefangen und geschaffen: Darin gibt es nicht viel mehr als Felder, einen atemberaubenden Himmel und ein paar Häuser samt Bewohner sowie das Zusammenspiel dieser Teile, das mal hyperrealistisch, mal geträumt, mal großen Kinotragödien entlehnt wirkt. Kaum minder schlafwandlerisch sicher erscheint das Zusammenwirken seiner Darsteller. Mit einigen hat er schon gearbeitet, besonders mit Carmelo Gómez und Emma Suárez, und auch wenn das Dorf, fast wie in Lars von Triers „Dogville“ (fd 36 175), kaum zum Verweilen reizt, bleiben seine Figuren im Gedächtnis.