Drama | USA 1996 | 105 (gek. 96) Minuten

Regie: Iain Softley

Fünf Freunde erleben als Hacker in den Computernetzwerken ein gefährliches Abenteuer, als ein betrügerischer Programmierer sie beim FBI als Erpresser denunziert. Nicht nur als Jugendunterhaltung spannend und unterhaltsam, ist der Film auch von hohem ästhetischem Reiz: Der Versuch, den ambivalenten Wirklichkeitsbegriff der Cyberspace-Kultur zu visualisieren, gerät zu einem überzeugenden Zeitbild der aktuellen Jugendkultur. (TV-Titel: "Hackers - Im Netz des FBI") - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
HACKERS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1996
Produktionsfirma
United Artists
Regie
Iain Softley
Buch
Rafael Moreu
Kamera
Andrzej Sekula
Musik
Simon Boswell
Schnitt
Christopher Blunden · Martin Walsh
Darsteller
Jonny Lee Miller (Dade) · Angelina Jolie (Kate) · Jesse Bradford (Joey) · Matthew Lillard (Cereal) · Laurence Mason (Nikon)
Länge
105 (gek. 96) Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Fox (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Zu einem angeblichen Swimmingpool auf dem Dach des Schulgebäudes schickt Kate ihren neuen Mitschüler Dade gleich zu Anfang und damit natürlich in den April. Vom "Pool" wird bald nur noch metaphorisch die Rede sein, denn diese Surfer bewegen sich trockenen Fußes und doch auf unebenem Grund: Um Hacker geht es, Reisende im Cyberspace. Der 19jährige Dade hat gerade eine siebenjährige Bewährungsauflage hinter sich, nachdem er als Kind ein weltweites Finanzchaos verursacht hatte. Nun aber stehen ihm die Telefone und Computertastaturen wieder offen, und in einer Hacker-Clique findet er dankbar Aufnahme. Als jedoch ein Mitglied in einer brutalen Aktion vom FBI verhaftet wird, weil man es beschuldigt, einen Virus in ein Informationssystem geschleust zu haben, spüren die Freunde einen Skandal auf: Mit Hilfe eines sogenannten Wurms, eines Programms zur unmerklichen Abschöpfung von Finanzen, hat ein skrupelloser Programmierer bereits 30 Millionen Dollar abgezogen. Zur Tarnung lenkt er einen schweren Verdacht auf die Jugendlichen, die ihm durch Zufall auf die Schliche gekommen sind. Der vom Ganoven selbst initiierte Virus in einem Navigationssystem droht mehrere Supertanker zu versenken. Eine dramatische Aktion, bei der sich Hacker weltweit verbünden, läßt jedoch den gigantischen Betrug auffliegen. Wenn Kate und Dade sich am Ende in einem wirklichen Swimmingpool auf dem Dach eines Wolkenkratzers treffen, schimmert seine Oberfläche aus der Vogelperspektive wie das LCD-Display eines Laptops. Und New York unter ihnen scheint aus Chips und blinkenden Leuchtdioden zusammengesetzt.

Iain Softley wurde bekannt mit "Backbeat" (fd 30 724), einem Film über die jungen Beatles in liebevoller Rekonstruktion der damaligen Jugendkultur. Auch "Hackers" ist zunächst einmal Jugendfilm und das Zeitbild einer Subkultur. Als solcher funktioniert er vorzüglich, und er bietet seinem Zielpublikum alle Zutaten einer Abenteuergeschichte im Stile Enid Blytons - "Fünf Freunde" im Cyberspace sozusagen. In seiner komplexen ästhetischen Form aber bietet "Hackers" weit mehr: Es ist ein beeindruckender Versuch, eine Stilistik zu kreieren, die dem ambivalenten Realitätsbegriff des Dekonstruktivismus Tribut zollt. Schon zu Beginn läßt eine Flugaufnahme New York wie ein riesiges Keyboard erscheinen, ein anderes Mal wirkt es wie das Innenleben eines Computers. Die Benutzeroberfläche einer virtuellen Datenbank, entworfen übrigens von Neville Brody, dem bedeutendsten Typographen der Postmoderne, greift die realen Straßenschluchten der Metropole auf, findet aber wiederum selbst eine Entsprechung in der begehbaren Innenarchitektur des Unternehmens: Ausstatter John Beard ("Brazil", fd 25 074) inszeniert die Schaltzentrale als Labyrinth von Glassäulen, die ihrerseits den einzelnen Segmenten eines Datenträgers nachempfunden sind. Softley wählte als Originaldrehort ein architektonisches Monument, die Londoner Lloyds Zentrale. So gehen Wirklichkeit und Fiktion nahtlos ineinander über. Virtuelle Realität und Realraum wetteifern miteinander in ihrer Plastizität. Interessanterweise bediente man sich kaum digitaler Tricktechniken, sondern bevorzugte traditionelle Matte-Paintings und konventionelle Tricktechniken.

Softleys Kunsträume nehmen auf so subtile Art Besitz von der Vorstellungskraft des Zuschauers, daß man sich im Film bewegt, als sei man selbst Wanderer im Cyberspace. Doch damit erschöpft sich der umfassende Stilwillen dieses begabten jungen Regisseurs längst nicht. Sorgsam ausgewählte historische Kostüme der Pop-Art mischen sich mit Neuentwürfen zu einem Gesamtstil zwischen Pomp und Techno, in seiner Gewichtung aus Leichtigkeit und Schwere jenen modischen Rollerblades vergleichbar, die klobig aussehen, ihren Trägern aber zu Dynamik und Leichtigkeit verhelfen. Die androgynen Züge schließlich, die Softley seiner hinreißenden Hauptdarstellerin Angelina Jolie verleiht, stehen dabei für die spielerische Hinterfragung der Geschlechterrollen, wie sie der "Girlismus" der gegenwärtigen Popkultur formuliert hat. "Hackers" ist somit nicht weniger als der überraschend gelungene Versuch, den Zeitgeist der Rave- und Technokultur als ästhetisches Programm zu fassen und in ihrer Natur flüchtige Bewegung in eine verspielte Form zu fassen.
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