Ein kurz vor dem Ruin stehender Kleinunternehmer mit anstrengendem Familienleben schlüpft in die Rolle eines ihm ähnlich sehenden, seit 25 Jahren verschwundenen Mannes, der von seiner Frau in einer Fernsehshow gesucht wurde. Obwohl beide die Wahrheit kennen, nehmen sie die Herausforderung an und finden ihr persönliches Glück. Stilsicher inszenierte und hervorragend gespielte Komödie, die stille Momente geschickt mit den etwas derberen Zutaten ausbalanciert. Auf anrührende, manchmal auch zärtliche Weise läßt sie die Suche nach dem Glück nachempfinden.
- Sehenswert.
Das Glück liegt in der Wiese
Komödie | Frankreich 1995 | 106 Minuten
Regie: Etienne Chatiliez
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Filmdaten
- Originaltitel
- LE BONHEUR EST DANS LE PRE
- Produktionsland
- Frankreich
- Produktionsjahr
- 1995
- Produktionsfirma
- Téléma/Canal +/Du Champ Poirier/France 3 Cinéma/France 2 Cinéma
- Regie
- Etienne Chatiliez
- Buch
- Florence Quentin
- Kamera
- Philippe Welt
- Musik
- Pascal Andreacchio
- Schnitt
- Anne Faure-Lafarge
- Darsteller
- Michel Serrault (Francis) · Eddy Mitchell (Gérard) · Sabine Azéma (Nicole) · Carmen Maura (Dolores) · Alexandra London (Géraldine)
- Länge
- 106 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Francis Bergeade ist so, wie man sich den typischen Klein-Unternehmer in der französischen Provinz vorstellt: ein eher unauffällig gekleideter, aber stets akkurat frisierter Endfünfziger mit verschrobenen, leicht patriarchalischen Chef-Allüren, geschlagen mit seiner zickigen Frau Nicole und der phlegmatischen Tochter Geraldine, die sich mehr um ihre nichtigen Alltagssorgen kümmern, als um sein Wohl. Kein Wunder, daß Francis so oft wie möglich dem tristen Heim entflieht, um mit seinem "rustikalen" Busenfreund Gérard Gaumenfreuden zu genießen. Und als ob der Ärger zu Hause nicht schon genug wäre, nerven ihn auch noch die Steuerprüfer. Seiner kleinen Fabrik für Sanitärbedarf droht der Konkurs, die vornehmlich weibliche Arbeiterschaft will streiken. Da entzieht man sich am besten mit einem Schwächeanfall. Im Krankenhaus stabilisiert sich zwar sein gesundheitlicher Zustand, die Probleme in Heim und Fabrik aber bleiben. In diese Stimmung der Resignation bricht eines Abends die in Frankreich beliebte Reality-TV-Show "Bitte melde dich!": Die attraktive Bäuerin Dolores und ihre beiden erwachsenen Töchter suchen ihren vor einem Vierteljahrhundert spurlos verschwundenen Mann und Vater. Als das Foto des Vermißten eingeblendet wird, bricht in der Familie Bergeade das Chaos aus: der Mann auf dem Foto ist Francis wie aus dem Gesicht geschnitten. Der weiß zwar, daß er es nicht ist, aber da alle in seiner Umgebung glauben, er sei es, läßt er sich schließlich auf das Spiel ein, tritt in der Fernsehsendung auf und reist schließlich zu Dolores "auf die Wiese", um dort das Glück zu finden. Aber auch Nicole geht nicht leer aus, entdecken doch Gerard und sie plötzlich die Leidenschaft füreinander und durch einen unerwarteten Geldsegen kann auch die Fabrik saniert werden.Nach ihren beiden von bösem, schwarzem Humor getragenen Komödien "Das Leben ist ein langer ruhiger Fluß" (fd 27 225) und "Tante Daniele" (fd 28 360) lassen Etienne Chatiliez und Florence Quentin in ihrem dritten gemeinsamen Film eine Zärtlichkeit einfließen, die nach den manchmal zynischen Entgleisungen ihrer ersten Filme überrascht. Zwar erheben sie ihre Figuren nicht gerade zu Moralaposteln, übertreiben aber auch nicht das Spiel mit der Unmoral. Die kleinen Schwächen machen die Protagonisten erst liebenswert, und so ertappt man sich dabei, daß man den anfangs vulgär wirkenden Gérard immer sympathischer findet, weil er der einzige ist, der seine Zuneigung zu Francis zeigt: Es ist fast eine Liebesgeschichte zwischen zwei hetereosexuellen Männern, die der Film im ersten Drittel erzählt. Aber Chatiliez/Quentin brechen die Figur noch einmal, entlarven den Chauvinisten in Gérard, wenn er ziemlich unsensibel Nicole zu ihrem sexuellen "coming out" verhilft. Wären da nicht die differenzierte Schauspielkunst von Sabine Azéma, die mit ihrem leicht persiflierendem Spiel dieser kruden Szene die Spitze nimmt, und die Leichtigkeit, mit der der französische Rock-Star Eddy Mitchell über manchen "Humor"-Fallstrick hinwegspielt, Chatiliez/Quentin wären wohl allzu derb ins Fettnäpfchen getreten. Auch der Respekt vor der ungeheuren Leinwandpräsenz Michel Serraults scheint die Inszenierung beeinflußt zu haben. Serrault läßt den Zuschauer auf geradezu anrührende Weise Anteil haben an seiner Suche nach innerer wie äußerer Ruhe. Und wenn er neben Dolores sitzt und auf die Wiesen ihres nun gemeinsamen Bauernhofes hinausblickt, dann spiegelt sich in ihrem Blick eine Zufriedenheit und Zärtlichkeit wieder, wie man sie selten von der Leinwand spürt. Das Warten und Hoffen auf das ersehnte Glück, das stillschweigende Einvernehmen zwischen Francis und Dolores, die ihn, obwohl sie die Wahrheit kennt, so behandelt, als sei er der Gesuchte - diese Palette menschlicher Gefühle breiten Michel Serrault und Carmen Maura mit einer ungemein intensiven Schauspielkunst aus, bei der manchmal nur ein schüchterner Blick, eine flüchtige Berührung mehr sagen als tausend Worte.Natürlich versagen sich Chatiliez/Quentin nicht ihre Seitenhiebe auf die Schrullen ihrer Landsleute: der oft skurille Geschmack des Durchschnittsfranzosen, was Einrichtungsgegenstände angeht, schlägt sich in Francis karierter Toilettendeckel-Kollektion nieder, und er und Gérard lassen das "Glück" auch schon einmal warten, wenn auf dem Weg eine Hasenpastete lockt. Auch handwerklich hat Chatiliez dazugelernt. Den eher kammerspielartigen Inszenierungsstil seiner früheren Filme öffnet er nach außen, setzt Licht und Farbe dramaturgisch ein: den tristen, verwaschenen Bildern aus dem Provinzstädtchen Dole folgen die sonnendurchfluteten, klaren aus dem Süden. Das Timing der Szenen ist genau ausbalanciert: Nicoles hysterischer Ausbruch, als sie Francis für den Verschollenen hält, macht genauso vor dem Umkippen ins Lächerliche halt wie die Szenen mit den renitenten Arbeiterinnen und ihrer streikwütigen Anführerin. Selbst bei der Inszenierung der dümmlichen Fernsehshow verfällt Chatiliez nicht der naheliegenden Denunzierung, sondern spielt nur die Wirklichkeit nach. Und die ist Satire pur. Andererseits zeigt der Film, daß man der Manipulation der Medien seine eigene entgegensetzen kann, was hier zum geradezu märchenhaften Finden des Glücks führt.
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