Es stimmt, daß ich nie eine Filmschule gegangen bin", sagte Quentin Tarantino, der in jungen Jahren zu einer Art Pate des jungen Hollywood geworden ist, in einem Interview. "Wirklich relevant ist, glaube ich, daß ich viele Filme gesehen habe." Wenn es so einfach ist, zum Film zu kommen, gibt es keinen Grund, an der märchenhaften Geschichte dieser Kriminalkomödie zu zweifeln. Der Gangster "Chili" jedenfalls, ein einfacher Schuldeneintreiber, fabuliert ebenso anregend über Kinoerinnerungen wie weiland Kollege Vincent Vega in "Pulp Fiction"
(fd 31 041) über die Vorzüge der Fußmassage. Ganz offensichtlich hat es John Travolta Freude bereitet, seine Erfolgsrolle noch einmal zu spielen - zugegeben weit weniger gewalttätig, aber nicht minder komisch. Die Gangster unserer Zeit, das hat man von Tarantino gelernt, bewegen sich schlafwandlerisch in den vielfachen Bezugssystemen ihrer eigenen Kinomythologie, und morden sie nicht gerade, dann spielen sie miteinander Trivial Pursuit. Nun haben wir es also mit einem Gangster zu tun, der so viele Filme gesehen hat, daß es ihn selbst zum Film zieht. Wen sollte das noch wundern?Harry Zimm, ein einschlägig bekannter Schundfilmproduzent, steht ganz oben auf Chilis Eintreibungsliste. Er hat sich mit geliehenem Mafia-Kapital ein wenig übernommen. Chili erweist sich für ihn nicht nur als hilfreicher Lehrmeister in Sachen natürlicher Autorität, er erzählt Zimm gleich noch eine pakkende Filmidee. Gemeinsam mit dem Starlet Karen Flores und dem eitlen Star-Schauspieler Martin Weir beginnt man schon bald ein gemeinsames Filmprojekt. Legt man die alte Binsenweisheit zugrunde, das Filmgeschäft sei von Gangstern bestimmt, muß sich ein kleiner Ganove wie Chili zum Produzenten geradezu berufen fühlen. Sein Selbstbewußtsein jedenfalls ist unerschütterlich, und da die Eitelkeit seiner Mafia-Klientel in der Unterhaltungsbranche auch nicht im mindesten auffällt, lassen sich mit Drogengeldern immer wieder neue Geldlöcher stopfen. Daß am Ende die guten Schurken Erfolge feiern und die weniger charmanten Bösewichter hinter Gittern schmoren, dürfte niemanden verwundern, schließlich befindet man sich in Hollywood.Tarantino hat nie einen Hehl gemacht aus seiner Bewunderung für den Schriftsteller Elmore Leonard, den Autor der Romanvorlage, der zu den großen Stilisten des Kriminalromans zählt. Seine Ironie und der Blick für die banalen Rückansichten der Hauptschauplätze und die liebenswerten Macken der Protagonisten haben in den Gangsterkomödien des jüngeren Hollywood ihre Spuren hinterlassen. Daß es im Drehbuch überhaupt keine Figur namens Shorty gibt, wird da niemanden ernstlich verwundern. Auch wenn "Schnappt Shorty" in seiner Überraschungsdramaturgie den Filmen der Tarantino-Schule vergleichbar ist, handelt es sich hier nicht um eine weitere Demontage tradierter Erzählmuster. Sondern um eine leichte, liebenswerte Komödie, ungemein kurzweilig, bis in die Nebenrollen durchsetzt mit originellen Typen und Charakteren. Abgründe darf man allerdings hinter der Komik nicht vermuten. John Luries Tanzmusik paßt zu dieser herrlichen Überraschungsparty, anders als Tarantinos nicht weniger einnehmende Surf-Rhythmen aber entführt sie nicht in den blutigen Alltag des Mafia-Gewerbes. Dabei hätte ein wenig mehr Schwärze diesen durchweg angenehmen Film wirklich zu etwas Besonderem machen können. Wie in seinen ebenfalls geglückten Wiederbelebungen der fernsehbewährten Addams-Family liebt Barry Sonnenfeld das Spiel mit dem Makaberen, ohne je wirklich erschrecken zu wollen, sondern setzt auf sympathisches Unterhaltungskino.