Ein 12jähriger, der mit Stehlereien ein wenig Anerkennung bei einer Schülergang sucht, raubt unwissentlich seine neue Klassenlehrerin aus. Damit weckt er den Helfertrieb der noch jungen Pädagogin, die sich seiner annehmen möchte, aber durch Unkenntnis der Verhältnisse die Situation noch komplizierter macht. Als sie ihre pädagogischen Bemühungen aufgeben will, steht ihr ausgerechnet der Junge bei. Eindringlicher Jugendfilm um das Problem der Verwahrlosung und das Versagen von Elternhaus und Schule, engagiert und zugleich zurückhaltend erzählt. Präzise geführte junge Darsteller, eine beispielhafte Kameraführung und die glaubwürdige Milieuzeichnung unterstreichen das ernste Anliegen des Films.
- Ab 14.
Svens Geheimnis
Jugendfilm | Deutschland 1995 | 88 Minuten
Regie: Roland Suso Richter
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 1995
- Produktionsfirma
- TV 2000
- Regie
- Roland Suso Richter
- Buch
- Klaus-Peter Wolf
- Kamera
- Achim Poulheim
- Musik
- Jens Langbein · Robert Schulte Hemming
- Schnitt
- Patricia Rommel
- Darsteller
- Katharina Meinecke (Vera Loewe) · Richy Müller (Wolfgang Fischer) · Christopher Erbslöh (Sven Röder) · Katharina Schüttler (Swetlana Wokowitsch) · Anna Schmidt (Julia Wokowitsch)
- Länge
- 88 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Jugendfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Eine Hauptschule im Ruhrgebiet. In den Klassenzimmern herrschen Gewalt und kollektive Aggressionen, im Lehrerzimmer ebenso allgemeine Resignation. Drogenhandel, Bandenkriege, Schutzgeld-Erpressungen, Babystrich sind an der Tagesordnung. In dieses Milieu gerät die junge Lehrerin Vera Loewe, als sie ihre erste Stelle antritt. Bei der Anreise trifft Vera den „Knast-Schriftsteller“ Wolfgang Fischer, den sie mit in ihre Wohnung und in ihr Bett nimmt, der aber doch nur eine Randfigur in ihrem Leben bleibt. Und auf dem Bahnhof lernt sie auch noch, ohne es zu wissen, einen ihrer Schüler kennen. Der heißt Sven, ist ungefähr zwölf Jahre alt und klaut ihr an einer Würstchenbude die Handtasche. Vera bemüht sich redlich um pädagogische Erfolge. Sie läßt sich weder vom rüden Umgangston und den gezielten Provokationen der Schüler noch von den defätistischen Parolen der Kollegen abschrecken. Doch ihre Erfolgserlebnisse sind selten. Zwar motiviert sie einige Kinder für einen kostenlosen Nachhilfe-Unterricht, doch der wird von der „Bande“ sabotiert. Zwar vertraut sich ihr die junge Swetlana an, die auf den Babystrich gezwungen worden ist; aber im entscheidenden Moment leugnet das Mädchen alles ab und bringt Vera damit in erhebliche Schwierigkeiten. Am Ende ist es ausgerechnet Sven, die zweite Hauptfigur des Films, der sie davon abhält aufzugeben. Ihm hat die eiskalte Lieblosigkeit seiner Familie jeden Funken Selbstwertgefühl ausgetrieben. Dann hat er versucht, als „cooler Typ“ die Anerkennung seiner Mitschüler zu gewinnen. Jetzt sucht er bei Vera Zuflucht und hilft ihr, weil er hofft, daß sie ihm helfen kann. Aber mit einer knappen Schlußeinstellung relativiert der Film das scheinbare Happy End.
Roland Suso Richter hat diese Geschichte mit Engagement und gleichzeitig mit Zurückhaltung erzählt. Und sie wirkt gerade deswegen so eindringlich und so erschreckend, weil alles so alltäglich erscheint. Keine spekulativen Effekte bringen die stimmige Atmosphäre aus dem Gleichgewicht. Die Kamera zeigt das Exemplarische gleichsam beiläufig, zeichnet glaubwürdig das Milieu und die Menschen. Und die werden überzeugend verkörpert, wobei vor allem die jugendlichen Darsteller unverwechselbare Individualität einbringen. Sie sind hervorragend ausgesucht, und sie werden so behutsam wie präszise geführt. Wo dann das Drehbuch gelegentlich doch in die Nähe vorgestanzter Muster gerät - zum Beispiel in der Liebesgeschichte und bei der „Solidaritätskundgebung“ für Vera - , da stehen der Regie genügend künstlerische Mittel zur Verfügung, um das zu überspielen.
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