Delicious
Drama | Deutschland 2025 | 106 Minuten
Regie: Nele Mueller-Stöfen
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2025
- Produktionsfirma
- Komplizen Film
- Regie
- Nele Mueller-Stöfen
- Buch
- Nele Mueller-Stöfen
- Kamera
- Frank Griebe
- Musik
- Volker Bertelmann · Ben Winkler
- Schnitt
- Andreas Wodraschke
- Darsteller
- Fahri Yardim (John) · Valerie Pachner (Esther) · Carla Diaz (Teodora) · Naila Schuberth (Alba) · Caspar Hoffmann (Philipp)
- Länge
- 106 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 16
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 18.
- Genre
- Drama | Thriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Eine gut situierte deutsche Familie verbringt die Sommerferien in ihrer Villa in Südfrankreich und nimmt eines Abends nach einem Unfall auf der Landstraße eine junge spanische Hotelangestellte mit nach Hause, die ganz eigene Pläne verfolgt...
Es ist Urlaubszeit. Die erfolgreiche IT-Beraterin Esther (Valerie Pachner), ihr Mann John (Fahri Yardim) und die Kinder Philipp (Caspar Hoffmann) und Alba (Naila Schuberth) sind in Südfrankreich unterwegs. Dort soll sie ein Chauffeur zur noblen Villa von Esthers Eltern bringen, wo sie die Sommerferien verbringen und sich vom Alltagstrubel erholen wollen. Unterwegs kommt es zu einer beängstigenden Verzögerung: Ihr Auto bleibt in einem Ort stecken, wo eine Demonstration für höhere Löhne in gewalttätige Unruhen umgeschlagen ist; auf der Straße herrscht Kleinkrieg. Doch die Urlauber kommen glimpflich davon; in der nächsten Einstellung sieht man das wohlhabende Quartett aus Frankfurt am Main an seinem Ziel, wo es sich an einem großen Pool erholen kann. Am Abend speisen die vier in einem schicken Hotelrestaurant.
Doch auf der Rückfahrt zur Villa fährt John, der als Wissenschaftler arbeitet, die Spanierin Teodora (Carla Díaz) an, die in dem Hotel arbeitet, wo die Familie gerade diniert hat. Weil John Alkohol getrunken hat, verzichten sie darauf, die Frau ins Krankenhaus zu bringen. Stattdessen versorgt Esther die Schnittwunde am Oberarm der Frau daheim. John steckt ihr 320 Euro zu – in der Hoffnung, sie nie wiederzusehen. Doch kurz danach steht Teodora wieder vor der Tür. Weil sie ihren Job verloren hat, möchte sie übergangsweise bei der Familie als Ersatz für die ausgefallene Haushaltshilfe arbeiten. Widerwillig stimmen Esther und John zu, ohne zu ahnen, auf wen sie sich da einlassen.
Irritationsmomente Stören an die Idylle
Die erste abendfüllende Regiearbeit der versierten Schauspielerin und Drehbuchautorin Nele Mueller-Stöfen baut von Anfang an Irritationsmomente ein, die andeuten, dass es hier um mehr geht als um ein normales Familiendrama im luxuriösen Ferienmilieu. Der Stress scheint der deutschen Familie wie ein böser Geist zu folgen. Nach den Turbulenzen auf der Reise nerven Esther in der ersten Nacht in der noblen Villa Geräusche, die auf Getier auf dem Dachboden schließen lassen. Dann kann Esther, die eigentlich nur abschalten will, doch nicht die Finger vom Smartphone lassen und vertieft sich auf der Damentoilette des Hotelrestaurants und bei einem Strandbesuch in geschäftliche Telefonate. Und John, der fleißig mit einem teuren Carbon-Fahrrad sportelt und mit einem Automaten Tennis trainiert, plagt sich heimlich mit dem schweren Vorwurf herum, eine wichtige Untersuchung gefälscht zu haben, so dass ihm die Kündigung droht.
Nicht nur im Familiengefüge tun sich erste Risse auf, auch Teodora hat ihre Geheimnisse. So ist der Unfall auf der Landstraße inszeniert und dient nur dazu, sie in die Villa einzuschleusen. Dort beginnt die attraktive Spanierin, die mit einer Gruppe von Hotelangestellten unter einer Decke steckt und sich einem radikalen Klassenkampf verschrieben hat, mit einem raffinierten Intrigenspiel, bei dem sie die Familienmitglieder anlockt und gegeneinander ausspielt. Nach und nach macht sich Teodora wie ein Parasit in der Villa breit und avanciert von der Bediensteten zum Familienmitglied, wie eine aufmerksame Besucherin später anmerkt.
Klassen-Clash à la „Parasite“
Stichwort Parasit. Die vielfach ausgezeichnete Filmsatire "Parasite" (2019) von Bong Joon-ho ist nur einer der zentralen Bezugspunkte, an das sich Müller-Stefens Werk anlehnt. So erinnert der hier aufgezeigte harte Kontrast zwischen Bediensteten und Arbeitgebern, zwischen Arm und Reich auch an Filme wie "Triangle of Sadness" (2022) von Ruben Östlund und "Saltburn" (2023) von Emerald Fennell. Und natürlich lässt die Figurenkonstellation an den Filmklassiker "Teorema – Geometrie der Liebe" (1968) von Pier Paolo Pasolini denken, das legt schon der Name der spanischen Haushälterin nahe.
An diese Vorbilder kommt der Netflix-Film, der in der Panorama-Sektion der Berlinale 2025 Premiere feierte, allerdings nicht heran. In ihrem Drehbuch streut Mueller-Stöfen zwar reichlich Hinweise auf verhängnisvolle Entwicklungen ein, und auch die Filmmusik kündigt immer wieder mehr oder weniger deutlich drohendes Unheil an. Doch insgesamt ist die Story eher dünn gestrickt und frei von großen Überraschungen bis auf das Finale, das mit einem Paukenschlag das Thriller-Drama in veritablen Horror kippen lässt. Erst hier wird klar, warum der Filmtitel "Delicious" lautet und warum Fleisch im Film so eine große Rolle spielt.
Auch in schauspielerischer Hinsicht bietet der Film keine veritablen Überraschungen. Fahri Yardim bleibt als verunsicherter Familienvater eher blass, während Carla Diaz als Teodora ein bisschen plakativ dem femme fatale-Schema verhaftet bleibt. Die spannendste Figur ist Esther, die schließlich einer Versuchung nachgibt und aus dem Alltagstrott ausbricht. Valerie Pachner spielt diese vordergründig so selbstgewisse Protagonistin, die als Macherin die Zügel ihres eigenen Lebens fest in der Hand hat, als faszinierend vielschichtige Frau, die sich insgeheim danach sehnt, einfach abzutauchen und zu verschwinden.
Pluspunkte sammelt "Delicious" zudem mit der Bildgestaltung von Frank Griebe. In eleganten Bildkompositionen im Breitwandformat, die häufig auf Symmetrien setzen, zeigt der renommierte Kameramann die perfekte gestylte Villa in vielerlei Perspektiven ebenso reizvoll und suggestiv wie die trügerisch heitere Stimmung in einem herrlichen Provence-Sommer, in den hinterrücks das Unheil einbricht.