Familienfilm | Deutschland/Schweiz 2024 | 94 Minuten

Regie: Benjamin Heisenberg

Ein 12-jähriger Junge ist wenig begeistert von der Aussicht, sich um einen chinesischen Austauschschüler kümmern zu müssen, zumal ihn ein anstehendes Klaviervorspiel mit einer Mitschülerin zusätzlich nervös macht. Als der Austauschschüler als Aprilscherz den Karton eines Pizzaboten vertauscht, dessen Inhalt sich als größere Geldsumme entpuppt, geraten die Jungen in ein turbulentes Abenteuer, bei dem sie es mit Gangsterrappern, Mafiosi und tumben Polizisten zu tun bekommen. Ein ereignisreicher Kinderfilm mit einem guten Gespür für Tempo- und Stimmungsveränderungen und die Lebenswelt seiner jungen Hauptfiguren. Dabei gönnt er sich einen sanft antiautoritären Gestus und belässt die Beziehungen zwischen den Figuren angenehm im Ambivalenten. - Ab 10.
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Filmdaten

Originaltitel
DER PRANK
Produktionsland
Deutschland/Schweiz
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Kundschafter Filmprod./Tellfilm/KiKA/mdr/BR/hr/SRF/SRG SSR
Regie
Benjamin Heisenberg
Buch
Benjamin Heisenberg · Peer Klehmet
Kamera
Timon Schäppi
Schnitt
Roman Stocker
Darsteller
Noèl Gabriel Kipp (Lucas) · Max Zheng (Xi Zhou) · Maïmouna Rudolph-Mbacké (Charly) · Mehdi Nebbou (Lutz) · Laura Tonke (Maria)
Länge
94 Minuten
Kinostart
13.03.2025
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 10.
Genre
Familienfilm | Komödie
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IMDb | TMDB

Turbulenter Kinderfilm um zwei Jungen, die durch einen Aprilscherz unversehens in ein Abenteuer mit falschen und echten Gaunern geraten.

Veröffentlicht am
12.03.2025 - 11:11:07
Diskussion

Am besten gar nicht erst aufstehen … Lucas (Noèl Gabriel Kipp) zieht sich zu Filmbeginn die Decke über den Kopf, als seine Mutter ihn aus den Federn zu scheuchen versucht. Bammel hat er vor einem Klaviervorspiel gemeinsam mit einer hübschen Mitschülerin. Auch auf den chinesischen Austauschschüler Xi Zhou (Max Zheng), um den er sich kümmern soll, hat er keine Lust. Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Es wird alles viel schlimmer kommen.

Schuld daran ist der 1. April, der einzige Tag des Jahres, an dem man sich seinen Mitmenschen gegenüber ungestraft danebenbenehmen darf, solange man dabei nur kreativ genug vorgeht. Der erste Aprilscherz, der in „Der Prank“ von Benjamin Heisenberg auftaucht, setzt eine rasante Frühstückshöllenmaschine in Gang. Danach schaut die Küche ein wenig derangiert aus, aber insgesamt trägt der Schabernack zur allseitigen guten Laune bei.

Pizzakarton ohne Pizza

Anders schaut es – zunächst – mit einem weiteren Aprilscherz aus, den Xi Zhou, fasziniert von den Sitten seines Gastlandes, ausheckt. Er tauscht einen Pizzakarton aus, den ein Nachwuchsrapper mit Künstlernamen Schaaf (der heimliche Star des Films: Cedric Eich) als Teil seines Tagesjobs ausliefern soll. Was Xi Zhou nicht weiß: Der Pizzakarton enthält gar keine Pizza, sondern mehrere dicke Bündel Geldscheine. Die Empfänger des Kartons werden, so steht zu vermuten, wenig erfreut sein, wenn sie statt einer stattlichen Eurosumme Xi Zhous Unterhose in Empfang nehmen.

Damit ist eine Plotmaschinerie in Bewegung gesetzt, die den restlichen Film über nicht mehr zum Stillstand kommt. Mit tumben Polizisten und selbstfahrenden Autos (deutlich erkennbar wurde der Film noch vor den jüngsten Querelen um die Firma Tesla produziert) bekommen es Lucas und Xi Zhou im Folgenden zu tun, sie werden von echten und von falschen Gangstern gejagt, Schwangerschaften wollen vorgetäuscht, Überwachungskameras überlistet werden.

Ein sanft antiautoritärer Gestus

Dass man bei all dem die ganze Zeit de facto zwei Jungs beim Schuleschwänzen zuschaut, verweist auf den sanft antiautoritären Gestus des Films. Wohltuend hebt sich Heisenbergs Film von einer dominanten Tendenz im deutschen Kino ab – man denke an populäre Erfolge wie „Fack ju Göhte“, aber auch an ernsthafte Dramen wie „Das weiße Band“ und „Das Lehrerzimmer“ –, Filme über junge Menschen mit Vorliebe aus der Perspektive von Lehrern und anderen Autoritätsfiguren zu erzählen. Fürs erwachsene Leben lernen müssen Lucas und Xi Zhou in „Der Prank“ nicht allzu viel; stattdessen nimmt der Film ihre eigene, jugendliche Lebenswelt ernst, die sich zwischen digitalen Möglichkeitsräumen und analogen sozialen Ängsten aufspannt.

So rasant es auf der Leinwand bisweilen zugeht, gibt „Der Prank“ nicht einfach nur durchgehend Vollgas: Der Reiz des Films besteht gerade in seinem Modulationsvermögen, in geschickten Tempo- und Stimmungsveränderungen. Zwischendurch hängen Lucas und Xi Zhou auch mal in der Spielhalle ab oder lassen sich von Massagesesseln verwöhnen. Immer wieder ändern sich die Ziele, die die Figuren verfolgen, gelegentlich kommen sie einander gar in die Quere: Schaaf vor einem womöglich über Leichen gehenden Gangsterclan zu retten, hat für Lucas zwar Priorität; aber da ist ja auch noch das gemeinsame Vorspielen mit Charly (Maïmouna Rudolph–Mbacké).

Im jugendlich Ungewissen

Schön, wie der Film die Beziehungen zwischen den Figuren im jugendlich Ungewissen, Ambivalenten belässt. Dass der stets schick frisierte Lucas nicht nur Angst vor dem öffentlichen Musizieren, sondern ein bisschen auch vor dem gleichzeitig von ihm angehimmelten Mädchen haben könnte, wird nur gelegentlich, wie nebenbei angedeutet. Schaaf wiederum wickelt zwar seine Freundin – Lucas’ Schwester – mit lausbubenhaftem Charme ein; sobald er sich jedoch dazu gezwungen sieht, seine Komfortzone zu verlassen, verwandelt er sich in ein wandelndes Nervenbündel.

„Der Prank“ ist ein Film der liebenswerten, ein wenig eitlen, selbstunsicheren Jungs und der stets ein bisschen souveräneren, tougheren Mädchen. Auch ein Film, der weiß, dass Aufwachsen heißt, gleichzeitig mehr Eigenständigkeit und mehr Kontrollverlust zu erleben. Möchte man seine Moral auf den Punkt bringen, so lautet sie schlicht: Die Pranker werden die Geprankten sein – aber das spricht ganz und gar nicht dagegen, gleich morgen den nächsten Prank auszuhecken.

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