Whiskey on the Rocks
Drama | Schweden 2024 | 191 Minuten (sechs Folgen)
Regie: Björn Stein
Filmdaten
- Originaltitel
- WHISKEY ON THE ROCKS
- Produktionsland
- Schweden
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- Skyverse WOTR
- Regie
- Björn Stein
- Buch
- Henrik Jansson-Schweizer · Jonas Jonasson
- Kamera
- John Strandh
- Musik
- Jonas Wikstrand
- Schnitt
- Gregers Dohn · Henrik Källberg · Björn Stein
- Darsteller
- Rolf Lassgård (Thorbjörn Fälldin) · Mark Noble (Ronald Reagan) · Kestutis Stasys Jakstas (Leonid Breschnew) · Elsa Saisio (Aleksandra Kosygina) · Anders Mossling (Ola Ullsten)
- Länge
- 191 Minuten (sechs Folgen)
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Drama | Komödie | Thriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Satirische Serie über ein sowjetisches U-Boot, das 1981 in schwedischen Gewässern auf Grund lief und eine gefährliche Krise zwischen den Blöcken im Kalten Krieg provoziert.
Der KGB-Offizier Tarasenko ist zum ersten Mal Vater eines Mädchens geworden. Das ist für den U-Boot-Kapitän Peskow, unter dem Tarasenko Dienst tut, ein Grund zum Feiern: „Söhne machen nur Ärger. Töchter sind das einzig Wahre“. Als der linientreue KGB-Mann nur mit Milch anstoßen will, wird er vom Kapitän gemaßregelt: Hochprozentiges muss her. Und so kreisen bald die Wodkaflaschen, was Folgen hat. Denn eigentlich hätte das U-Boot S-137 die litauische Stadt Klaipeda ansteuern sollen, die im Oktober 1981 noch zur Sowjetunion gehörte. Die sturzbetrunkenen Matrosen neben es aber mit den Koordinaten nicht so genau. Deshalb strandet ihr U-Boot auf einer Sandbank in schwedischen Hoheitsgewässern nahe der Stadt Karlskrona, wo eine streng geheime schwedische Marinebasis liegt.
Reagan, Breschnew und der Schafzüchter
In den Zeiten des Kalten Krieges wird daraus schnell ein Politikum. In den USA ist Ronald Reagan an der Macht, in der Sowjetunion regiert Leonid Breschnew. Wenn beide ein Wort verabscheuen, dann ist es „Diplomatie“. Und so riskieren die Politiker in dieser brenzligen Situation die Eskalation. In Schweden selbst ist der gemütliche Thorbjörn Fälldin (Rolf Lassgård) Premierminister. Er lebt auf dem Land und war jahrelang Vorsitzender des Schafzüchterverbandes. Als seine Telefone heißlaufen und sowohl der Cowboy aus dem Weißen Haus als auch der polternde Generalsekretär mit ihm reden möchten, wimmelt sie Fälldin ab. Er spricht nur Schwedisch, und von Dolmetschern hält er nicht viel. Fälldin fährt lieber zur sowjetischen Botschaft nach Stockholm und redet dort auf Schwedisch mit der charmanten Botschafterin Kossygina (Elsa Saisio), die ebenfalls eine passionierte Schafzüchterin ist.
Nicht nur Breschnew, Reagan und Fälldin sind Politiker, die real existierten. Auch der Zwischenfall um ein sowjetisches U-Boot, dass sich elf Tage lang in schwedischen Wässern befand und eine diplomatische Krise auslöste, hat sich wirklich zugetragen. Im Vorspann heißt es dementsprechend: „Die Serie basiert auf einer wahren Geschichte. Einige Figuren und Orte wurden aus Gründen der nationalen Sicherheit geändert, sehr viele, um ehrlich zu sein….“.
Das klingt nach feiner Ironie, doch die Serienschöpfer setzen eher auf Satire pur. Henrik Jansson-Schweizer und Jonas Jonasson sind das Duo, dass 2013 für den Kinohit „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ verantwortlich war. Zusammen haben sie das Drehbuch zu „Whiskey on the Rocks“ geschrieben und unter anderen Björn Stein als Regisseur gewonnen. In sechs kurzweiligen Episoden á 30 Minuten verwandeln sie den damals brandgefährlichen Zwischenfall 44 Jahre später in harmlosen Klamauk.
Nun sind Humor, Satire und Groteske immer Ansichtssache, und die Macher bemühen sich mit viel Aufwand um flotte Unterhaltung. Die Sowjets dürfen auf Russisch fluchen, torkeln und sprechen, wobei sie von litauischen Schauspielern durchaus überzeugend verkörpert werden. In die Rolle des hemdsärmeligen Premiers Fälldin schlüpft Rolf Lassgård, der ständig Pfeife rauchend eine sympathische Figur abgibt.
Gute Ideen verpuffen
Optisch sehen die Szenen im endlos langen U-Boot gut aus; „Whiskey on the Rocks“ ist keine Billigproduktion. Was der Serie aber völlig abgeht, ist ein Sinn fürs Timing, für fetzige, bitterböse Dialoge oder hintergründige Komik. Auch Billy Wilder hat in seiner genialen Kalte-Krieg-Satire „Eins, zwei, drei“ auf überschaubare Charaktere und viele Klischees gesetzt. Aber sein Film wurde zum Klassiker, weil die Running Gags funktionierten und die Dialoge und die Situationskomik von Filmminute zu Filmminute witziger werden. Bei „Whiskey on the Rocks“ ist das nicht so. Zwar mangelt es der Serie nicht an guten Ideen. Besonders erheiternd ist ein Telefongespräch zwischen Reagan und Breschnew, bei dem sich beide unflätig beschimpfen. Es ist nur den beiden diplomatischen Dolmetscherinnen zu verdanken, dass nach dieser bilateralen Wuttirade nicht gleich der Dritte Weltkrieg ausbricht. Die beiden Frauen kennen sich und gehen sehr freundschaftlich miteinander um. Ein Genie wie Billy Wilder hätte aus diesem schönen Einfall einen Running Gag gemacht, der dann durch Wiederholungen immer komischer geworden wäre. Die schwedischen Autoren lassen hingegen ihre guten Ideen zu oft verpuffen. Klamauk alleine macht noch keine gute Satire, was insbesondere auf die Darstellungen von Breschnew und Reagan zutrifft.
Die interessanteste Nebenfigur ist die sowjetische Botschafterin Kossygina, die von Breschnew ständig beleidigt wird. Die Ex-Spionin erweist sich als clever und diplomatisch versiert; zusammen mit dem schwedischen Premier gelingt es ihr, einen raffinierten Ausweg aus der verzwickten Lage zu finden. Das neutrale Schweden verlangt nämlich eine Entschuldigung für die gröbste Verletzung seiner Grenzen seit dem Zweiten Weltkrieg und vermutet völlig zurecht, dass das sowjetische U-Boot Atomraketen an Bord hat. Die Schweden wollen das U-Boot deshalb auch unbedingt inspizieren. Dem gegenüber stehen die kalten Krieger und Polterer, die im Kreml und im Weißen Haus das Sagen haben. Breschnew würde das eigene U-Boot eher in die Luft jagen als zulassen, dass es von den Schweden betreten wird. Reagan wiederum schickt seine Nato-Schiffe, um den Konflikt militärisch zu lösen; die CIA ist ebenfalls sehr aktiv vor Ort.
Bestenfalls zum Schmunzeln
Aber auch dieses Potenzial wird weder komisch noch politisch ausgeschöpft. „Whiskey on the Rocks“ ist bestenfalls eine Serie zum Schmunzeln, nicht zum herzhaften Lachen. Sie ist erst recht kein Werk, bei dem einem das Lachen auch mal vergeht. Denn auch als Parabel auf die aktuelle, bedrohliche Weltlage in Zeiten des Ukrainekrieges und atomarer Drohungen aus Russland ist „Whiskey on the Rocks“ ungeeignet. Da fehlt es den Serienschöpferinnen entweder am Willen oder am Können. Und so kann diese schwedische Miniserie, die auf wahren Gegebenheiten beruht, leider nur gelegentlich überzeugen und sonst eher mäßig unterhalten. Schade eigentlich, denn bei dieser wahnwitzigen Geschichte aus dem Kalten Krieg wäre viel mehr möglich gewesen.